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Die vergessenen Welten 06 - Der ewige Traum

Die vergessenen Welten 06 - Der ewige Traum

Titel: Die vergessenen Welten 06 - Der ewige Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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Mensch, aber mit den Schnurrhaaren und dem Fell und dem langen rosafarbenen Schwanz, der hinten aus seiner Hose hervorkam, sah er aus wie ein Nagetier.
    »Kommst du mit?« fragte er den Halbling.
    Dondon, der seinen Ekel gut verbarg, lehnte trotzdem schnell ab. Als er den Rattenmenschen ansah, fragte er sich, wieso er Rassiter überhaupt je erlaubt hatte, ihn zu beißen und mit diesem Alptraum von einem Werrattendasein anzustecken. »Du wirst dadurch Macht erlangen!« hatte Rassiter ihm versprochen.
    Aber zu welchem Preis, dachte Dondon. Um wie eine Ratte auszusehen und zu stinken? Das war kein Segen, das war eine Krankheit.
    Rassiter spürte den Abscheu des Halblings. Er schürzte seine Rattenschnauze zu einem drohenden Zischen und drehte sich zur Tür um.
    Doch bevor er den Raum verließ, wirbelte er noch einmal herum. »Halte dich von ihm fern!« warnte er den Halbling. »Führe deinen Auftrag aus und versteck dich!«
    »Das mache ich bestimmt«, flüsterte Dondon, als die Tür zugeschlagen wurde.
    * * *
    Die Ausstrahlung, die Calimhafen als Heimat für die vielen Calishiten hatte, fanden die Fremden aus dem Norden abstoßend. Drizzt, Wulfgar, Bruenor und Catti-brie waren von ihrer fünftägigen Reise durch die Calimwüste wirklich erschöpft, aber als sie auf die Stadt Calimhafen hinunterschauten, hätten sie am liebsten wieder kehrtgemacht.
    Sie war so scheußlich wie Memnon, aber dazu noch viel größer, und der Unterschied zwischen arm und reich war so himmelschreiend offenkundig, dass Calimhafen für die vier Freunde den Inbegriff der Verderbtheit darstellte. Kunstvolle Bauwerke, übertriebene Denkmäler, die einen unvorstellbaren Reichtum verrieten, prägten das Stadtbild. Aber direkt neben diesen Palästen war ein Gewirr von Gassen mit baufälligen Hütten aus bröckeligem Lehm und zottigen Fellen zu sehen. Die Freunde konnten nicht einmal schätzen, wieviel Menschen hier lebten — sicherlich waren es mehr als in Tief wasser und Memnon zusammen! —, und sie erkannten sofort, dass es in Calimhafen wie auch in Memnon bisher niemand interessiert hatte, wie viele es waren.
    Sali Dalib stieg vom Kamel ab und bat die anderen, seinem Beispiel zu folgen. Dann führte er sie den letzten Hügel hinunter in die Stadt hinein, die von keiner Mauer geschützt wurde. Den Anblick von Calimhafen aus der Nähe fanden die Freunde auch nicht erfreulicher. Nackte Kinder, deren Bäuche von Unterernährung aufgebläht waren, wurden einfach von vergoldeten, von Sklaven gezogenen Kutschen, die durch die Straßen stürmten, überfahren, falls es ihnen nicht gelang, rechtzeitig aus dem Weg zu kriechen. Noch schlimmer waren die Gräber am Straßenrand, die in den ärmeren Stadtteilen als offene Abwasserkanäle dienten. Dort wurden die Leichen der Verarmten hineingeworfen, wenn sie am Ende ihres jämmerlichen Lebens auf der Straße tot umgefallen waren.
    »Knurrbauch hat von solch einem Anblick niemals etwas erwähnt, wenn er uns von seiner Heimat erzählt hat«, murmelte Bruenor, der seinen Umhang über das Gesicht gezogen hatte, um den widerlichen Gestank fernzuhalten. »Es geht über meine Vorstellungskraft hinaus, warum er sich nach diesem Ort gesehnt hat!«
    »Die größte Stadt in den Welten!« deklamierte Sali Dalib und hob die Arme hoch, um seine Lobeshymne zu untermalen.
    Wulfgar, Bruenor und Catti-brie warfen ihm ungläubige Blicke zu. Dass Massen von Menschen betteln mussten und verhungerten, entsprach nicht ihrer Vorstellung von Größe. Nur Drizzt schenkte dem Händler keine Beachtung. Er war damit beschäftigt, Calimhafen mit einer anderen Stadt, die er kannte, zu vergleichen, mit Menzoberranzan. Sicherlich gab es Ähnlichkeiten, und das Sterben war in Menzoberranzan genauso alltäglich, aber Calimhafen wirkte noch abstoßender als die Stadt der Dunkelelfen. Selbst die Schwächsten unter seinen Stammesangehörigen hatten über ihre starken Familienbande und mit ihren tödlichen Fähigkeiten die Möglichkeit, sich zu schützen. Die erbarmungswürdigen Bewohner von Calimhafen jedoch, und das galt am stärksten für die Kinder, schienen wirklich hilflos und ihrer Lage hoffnungslos ausgeliefert zu sein.
    In Menzoberranzan konnten auch jene, die auf der untersten Stufe der Macht standen, ihren Weg zu einem besseren Lebensstandard erkämpfen. Doch für die Mehrheit von Calimhafens Bewohnern gab es nur Armut, eine erbärmliche Existenz, die sich von Tag zu Tag dahinschleppte, bis sie schließlich in den Gräben endeten, wo

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