Die vergessenen Welten 07 - Das Vermächtnis
streckte eine Hand aus, damit sie schwiegen, während er in seinem Gedächtnis suchte. Er erinnerte sich deutlich an Regis' Worte und wußte, daß er sie sich nicht einbildete, aber seine Erinnerung wurde nicht wie sonst von Bildern begleitet, und er entsann sich an keine Szene, in der er den Halbling wiederfinden und damit die offensichtliche Zeitdifferenz klären konnte.
Dann erschien ein Bild vor Bruenors Augen, eine Formation glänzender Facetten, die spiralförmig herabsanken und ihn mit sich in die Tiefen eines wunderbaren Rubins zogen.
»Knurrbauch hat mir gesagt, daß die Zwerge vermißt werden«, sagte Bruenor langsam und deutlich. Seine Augen waren geschlossen, während er die Erinnerung aus seinem Unterbewußtsein hervorzwang. »Er sagte mir, ich solle ihn und Drizzt senden, um nach ihnen zu suchen, und daß nur sie beide die Zwerge wieder sicher nach Mithril-Halle bringen könnten.«
»Das hätte Regis nicht wissen können«, meinte Cobble, der offenkundig an Bruenors Worten zweifelte.
»Und selbst wenn er das gekonnt hätte, wäre es niemals der Wunsch des Kleinen gewesen, zu ihrer Suche aufzubrechen«, fügte Wulfgar ebenso voller Zweifel hinzu. »War das ein Traum...?«
»Das war kein Traum!« knurrte Bruenor. »Er hat es mir gesagt... mit diesem Rubin, den er hat.« Bruenors Gesicht wurde ganz verkniffen, als er versuchte, sich zu erinnern und seine zwergische Widerstandskraft gegen Magie heraufzubeschwören, um gegen den hartnäckigen geistigen Block anzukämpfen.
»Regis würde nicht...« setzte Wulfgar an, aber diesmal war es Catti-brie, die die Wahrheit in den Behauptungen ihres Vaters erkannte und ihn unterbrach.
»Außer, es war gar nicht wirklich Regis«, stellte sie fest, und ihre eigenen Worte ließen ihr den Kiefer hinabfallen, als sie deren schreckliche Tragweite erkannte. Die drei hatten an Drizzts Seite viel durchgemacht, und sie alle wußten, daß der Dunkelelf viele bösartige und mächtige Feinde besaß, darunter einen im besonderen, der die Tücke besaß, eine derart komplizierte Täuschung zu inszenieren.
Wulfgar blickte ebenso betroffen und wußte nicht, was er tun sollte, aber Bruenor reagierte schnell. Er sprang von seinem Thron herab und stürmte zwischen Wulfgar und Pwent durch, wobei er beide beinahe umwarf. Catti-brie folgte ihm dichtauf, und Wulfgar setzte sich ebenfalls in Bewegung.
»Beim Kopf eines Goblins, worüber sprechen die drei?« wollte Pwent von Cobble wissen, als der Geistliche ebenfalls an ihm vorbeieilte.
»Ein Kampf«, erwiderte Cobble, der genau wußte, wie er Pwents Verlangen nach langwierigen Erklärungen ablenken konnte.
Thibbledorf Pwent fiel auf ein Knie, fuchtelte in der Luft herum und stieß seine Faust triumphierend nach vorne. »Jahhh!« schrie er entzückt. »Es ist wirklich gut, wieder einem Heldenhammer zu dienen!«
* * *
»Bist du mit ihnen im Bunde, oder ist das alles nur ein böser Zufall?« fragte Drizzt trocken, wobei er sich noch immer weigerte, sich herumzudrehen und Artemis Entreri die Genugtuung zu geben, seine Betroffenheit zu sehen.
»Ich glaube nicht an Zufälle«, kam die vorhersehbare Antwort.
Schließlich drehte sich Drizzt doch um und sah seinen gefürchteten Rivalen an, den menschlichen Meuchelmörder Artemis Entreri, der locker, aber kampfbereit dastand, in der einen Hand ein gutes, feingearbeitetes Schwert, in der anderen einen juwelenbesetzten Dolch. Die noch immer brennende Fackel lag zu seinen Füßen. Die magische Verwandlung von Halbling zu Mensch war vollständig gewesen, einschließlich der Kleidung, und das war etwas, was Drizzt verwirrte. Als er selbst die Maske benutzt hatte, hatte diese nicht mehr getan, als seine Haut- und Haarfarbe zu verändern, und sein Erstaunen war jetzt deutlich an seinem Gesicht abzulesen.
»Du solltest den Wert von magischen Gegenständen besser ergründen, bevor du sie wegwirfst«, sagte der Meuchelmörder, da er Drizzts Gesichtsausdruck zu deuten vermochte.
Es steckte ganz offensichtlich eine Spur von Wahrheit in Entreris Worten, aber Drizzt hatte es nie bereut, die magische Maske in Calimhafen gelassen zu haben. Unter ihrer schützenden Tarnung hatte der Dunkelelf sich frei unter den anderen Rassen bewegen können, ohne von ihnen verfolgt zu werden. Aber unter dieser Maske war Drizzt Do'Urden in eine Lüge gehüllt gewesen.
»Du hättest mich in der Goblinschlacht töten können und auch sonst unzählige Male, seit du nach Mithril-Halle gekommen bist«, meinte Drizzt.
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