Die vergessenen Welten 07 - Das Vermächtnis
werden einige Verluste erleiden«, argumentierte Jarlaxle.
»Nicht Drizzt«, antwortete unerwarteterweise Dinin, und sein Tonfall gestattete keinen Widerspruch oder einen weiteren Einwand seiner Begleiter. »Kein Goblin wird Drizzt töten. Keine Goblinwaffe könnte auch nur in die Nähe seines Körpers gelangen.«
Viernas zustimmendes Lächeln zeigte, daß sie den Ton tiefen Entsetzens nicht verstand, mit dem Dinin seinen Einwand hervorgebracht hatte. Dinin hatte als einziger von ihnen Drizzt im Kampf gegenübergestanden.
»Sind die Tunnel zur Stadt frei?« fragte Vierna Jarlaxle, und auf sein Nicken hin verließ sie die beiden schnell wieder. Anscheinend war sie zu beschäftigt, um weitere Zeit mit Geplauder zu vertrödeln.
»Ihr hättet dies alles gern hinter Euch«, bemerkte der Söldner zu Dinin, als sie alleine waren.
»Ihr seid meinem Bruder nicht begegnet«, erwiderte Dinin ruhig, und seine Hand zuckte unwillkürlich nahe dem Heft seines prächtigen Drowschwertes, als triebe ihn die bloße Erwähnung von Drizzt in die Verteidigung. »Zumindest nicht im Kampf.«
»Furcht, Khal'abbil?« Die Frage schnitt direkt in Dinins Sinn für Ehre und klang mehr wie Spott.
Doch trotzdem versuchte der Kämpfer nicht, dieses Gefühl zu leugnen. »Ihr solltet auch Eure Schwester fürchten«, riet Jarlaxle, und diese Warnung war ihm ernst. Dinin verzog angewidert das Gesicht.
»Die Spinnenkönigin oder eine von Lloths Dienerinnen hat mit ihr gesprochen«, fügte Jarlaxle, ebenso für sich selbst wie für seinen erschütterten Begleiter, hinzu. Auf den ersten Blick schien Viernas Besessenheit eine verzweifelte, gefährliche Sache zu sein, aber Jarlaxle war lange genug mit dem Chaos vertraut, das in Menzoberranzan herrschte, um zu wissen, daß viele mächtige Figuren, einschließlich Oberin Baenre, ähnlich abwegig erscheinende Fantasien gehegt hatten.
Fast jede wichtige Person in Menzoberranzan, einschließlich der Mitglieder des Herrschenden Konzils, war durch Handlungen an die Macht gekommen, die anfangs verzweifelt erschienen waren, und hatte sich durch die stacheligen Netze des Chaos gekämpft und war so zu seinem Ruhm gelangt.
Vielleicht würde Vierna die nächste sein, die diesen gefährlichen Schritt tun würde.
Seite an Seite
Weit unter ihm floß der Surbrin in ein Tal, als Drizzt am frühen Nachmittag durch das östliche Tor von Mithril-Halle trat. Catti-brie war einige Zeit vor ihm hineingeschlüpft, um die ›Überraschung‹ seiner Rückkehr zu erwarten. Die Zwergenwachen begrüßten den Dunkelelfen, als sei er einer aus ihrer eigenen bärtigen Sippe. Drizzt konnte die Wärme nicht leugnen, die ihn bei ihrem offenen Willkommen durchfloß, auch wenn es nicht unerwartet war, denn Bruenors Volk hatte ihn seit jenen Tagen im Eiswindtal immer als Freund empfangen.
Drizzt benötigte keine Eskorte durch die gewundenen Gänge von Mithril-Halle, und er wollte auch keine haben. Er war lieber mit den vielen Gefühlen und Erinnerungen alleine, die ihn jedesmal überkamen, wenn er diesen Teil des oberen Komplexes durchquerte. Er betrat die neue Brücke über Garumns Schlucht. Es war eine wunderschöne Konstruktion aus geschwungenem Stein, die sich über dem Hunderte von Fuß tiefen Abgrund erstreckte. An diesem Ort hatte Drizzt Bruenor für immer verloren, oder zumindest hatte er das geglaubt, als er damals den Zwerg auf dem Rücken eines brennenden Drachen in die lichtlosen Tiefen hinabgleiten sah.
Ein Lächeln stahl sich unwillkürlich auf sein Gesicht, als die Erinnerung in ihm aufstieg: Es brauchte schon mehr als einen Drachen, um den mächtigen Bruenor Heldenhammer zu töten!
Als er sich dem Ende der weitgeschwungenen Konstruktion näherte, stellte Drizzt fest, daß die neuen Wachtürme, mit deren Bau man erst vor zehn Tagen begonnen hatte, sich der Fertigstellung näherten. Die geschäftigen Zwerge hatten sich der Aufgabe mit absoluter Hingabe gewidmet. Aber trotzdem sah jeder einzelne der beschäftigten Zwergenarbeiter auf, als der Drow vorbeikam, und begrüßte ihn kurz.
Drizzt wandte sich dem Hauptkorridor zu, der aus der riesigen Kammer südlich der Brücke hinausführte, und ließ sich dabei vom Klang des immerwährenden Hämmerns leiten. Direkt jenseits der Kammer, im Anschluß an einen kleinen Vorraum, betrat er einen hohen Korridor, der so weit war, daß er selbst praktisch eine Kammer bildete. Hier waren die besten Handwerker von Mithril-Halle fieberhaft damit beschäftigt, das Abbild von Bruenor
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