Die vergessenen Welten 08 - Nacht ohne Sterne
arbeiten und hoffte, daß seine Bemerkung eine Unterhaltung über dieses Thema in Gang setzen würde. »Es sticht mir in die Augen.«
»Natürlich tut es das«, schnurrte die Frau und rutschte dichter heran. Sie legte sogar eine Hand in Drizzts Armbeuge. »Aber Ihr werdet Euch mit der Zeit daran gewöhnen.«
Mit der Zeit? Zeit wofür? wollte Drizzt fragen, denn ihr Tonfall ließ ihn vermuten, daß sie von einem bestimmten Ereignis sprach. Er hatte jedoch keine Idee, wie er die Frage stellen konnte, und als die Frau noch dichter heranrutschte, stellte er fest, daß er dringendere Probleme hatte.
In der Gesellschaft der Drow hatten die Männer eine untergeordnete Position, und es konnte schweren Ärger verursachen, wenn man die Annäherungsversuche einer Frau zurückwies. »Ich bin Khareesa«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Sagt mir, daß Ihr mein Sklave sein wollt.«
Drizzt sprang plötzlich auf und riß die Krummsäbel aus den Scheiden. Er wandte sich von Khareesa ab und richtete seine volle Aufmerksamkeit auf den Teich, damit sie erkennen konnte, daß er sie nicht bedrohen wollte.
»Was ist los?« fragte die Frau überrascht.
»Eine Bewegung im Wasser«, log Drizzt. »Eine leichte Strömung, als sei gerade etwas unter unserem Fahrzeug durchgetaucht.« Khareesa runzelte düster die Stirn, stand aber auf und starrte in den dunklen See. Es war allgemein bekannt in Menzoberranzan, daß unter den gewöhnlich so stillen Wassern von Donigarten finstere Wesen hausten. Eines der Spiele der Sklaventreiber bestand darin, Orks oder Goblins zu zwingen, von der Insel zum Ufer zu schwimmen, um zu sehen, ob vielleicht einige zu einem schrecklichen Tod hinuntergezogen wurden.
Ein paar Augenblicke vergingen schweigend, nur unterbrochen von den ständigen stöhnenden Gesängen der Orks, die an den Seiten des Floßes saßen.
Ein dritter Drow gesellte sich zu Drizzt und Khareesa im Bug und betrachtete Drizzts blau leuchtenden Krummsäbel. Ihr verratet uns damit an jeden Feind in der Gegend, signalisierten seine Hände in der Zeichensprache.
Drizzt schob die Krummsäbel in ihre Hüllen und ließ seine Augen wieder in die Infravision wechseln. Wenn sich unsere Feinde unter dem Wasser befinden, dann verrät uns die Bewegung unseres Fahrzeuges mehr als jedes Licht, antworteten seine Hände.
»Es gibt keine Feinde«, fügte Khareesa hinzu und wies den Drow an, wieder auf seinen Posten zu gehen. Als er sie verlassen hatte, blickte Khareesa Drizzt lüstern an. »Ein Krieger?« fragte sie und musterte den purpuräugigen Mann sorgsam. »Vielleicht ein Patrouillenführer?«
Drizzt nickte und log damit nicht einmal; er war wirklich einst ein Patrouillenführer gewesen.
»Gut«, stellte Khareesa fest. »Ich mag Männer, die den Ärger wert sind.« Sie blickte auf und bemerkte, daß sie sich der Insel der Rothe schnell näherten. »Wir werden vielleicht später noch miteinander reden.« Dann drehte sie sich um und rauschte davon, wobei sie ihre Robe raffte, so daß ihre wohlgeformten Beine zu sehen waren.
Drizzt zuckte zusammen, als sei er geschlagen worden. Zu reden war sicherlich das letzte, was Khareesa im Sinn hatte. Er konnte nicht leugnen, daß sie mit ihren feingezeichneten Zügen, der dicken Mähne gutgepflegten Haares und ihrem hübsch gefärbten Körper wirklich schön war. Aber während der Jahre, die Drizzt Do'Urden bei den Drow aufgewachsen war, hatte er gelernt, hinter körperliche Schönheit und körperliche Anziehung zu blicken. Drizzt trennte das Körperliche nicht vom Gefühl. Er war ein hervorragender Kämpfer, weil er mit dem Herzen focht und genausowenig einen Kampf nur um des Kampfes willen führen würde, wie er sich mit einer Frau nur um des körperlichen Aktes willen vereinigen würde.
»Später«, sagte Khareesa noch einmal und blickte über ihre hinreißend perfekte Schulter zurück.
»Wenn Würmer deine Knochen fressen«, flüsterte Drizzt hinter einem falschen Lächeln. Aus irgendeinem Grund mußte er an Catti-brie denken, und die Wärme jenes Bildes vertrieb das Schaudern vor dieser hungrigen Drowfrau.
* * *
Blingdenstone entzückte Catti-brie trotz all ihrer offenkundigen Probleme und des Umstands, daß auch die Svirfnebli sie nicht als einen lange verlorenen Freund begrüßten. Man hatte ihr die Waffen, die Rüstung, allen Schmuck und sogar die Stiefel abgenommen, so daß sie die Stadt nur in der notdürftigsten Kleidung betrat. Die Gnome, die sie begleiteten, mißhandelten sie nicht, waren aber auch
Weitere Kostenlose Bücher