Die Vergessenen Welten 10 - Die Küste Der Schwerter
fiel wieder auf den Boden zurück.
»Wir dachten, du wärest bei Bruenor«, erklärte Drizzt ihm wahrheitsgemäß, und Regis war nicht beleidigt, denn diese Erklärung war einfach und glaubhaft. Wenn Drizzt und Catti-brie gewußt hätten, daß Regis in Bryn Shander war, hätten sie ihn mit Sicherheit sofort aufgesucht.
»Ich teile meine Zeit zwischen den Minen und der Stadt auf«, erklärte Regis. »Jemand muß als Vermittler zwischen den Händlern und deinem griesgrämigen Vater dienen!«
Catti-brie umarmte ihn noch einmal.
»Wir haben mit Cassius gegessen«, erklärte Drizzt. »Es scheint, daß sich in Zehn-Städte nicht sehr viel verändert hat.«
»Außer der Menge der Einwohner. Du weißt, wie es hier im Tal ist. Die meisten bleiben nicht lange, oder sie leben nicht lange.«
»Cassius regiert noch immer in Bryn Shander«, meinte Drizzt.
»Und Jensin Brent spricht noch immer für Caer-Dineval«, berichtete Regis glücklich. Das war eine gute Nachricht für die Gefährten, denn Jensin Brent war einer der Helden aus der Schlacht um das Eiswindtal gegen Akar Kessel und den Gesprungenen Kristall. Er gehörte zu den vernünftigsten Politikern, denen sie je begegnet waren.
»Zum Guten das Schlechte«, fuhr Regis fort, »denn auch Kemp ist noch immer in Targos.«
»Zähes altes Orkblut«, erwiderte Catti-brie ruhig.
»Zäher als je zuvor«, sagte Regis. »Berkthgar ist ebenfalls zurückgekehrt.«
Drizzt und Catti-brie nickten. Das hatten sie bereits gerüchteweise vernommen.
»Er ist bei Revjak und dem Elchstamm«, erklärte der Halbling. »Wir hören nur wenig von ihm.«
Sein Tonfall verriet den beiden, daß dies noch nicht die ganze Geschichte war.
»Bruenor hat Revjak einen Besuch abgestattet«, gab Regis zu. »Es ist nicht gut gelaufen.«
Drizzt kannte Revjak; er verstand die Seele des weisen Mannes. Er kannte auch Berkthgar, und deshalb mußte er nicht lange überlegen, um das Problem zu erfassen.
»Berkthgar hat Bruenor niemals wirklich verziehen«, sagte Regis.
»Nicht schon wieder der Hammer!« sagte Catti-brie verbittert.
Regis konnte keine Erklärung bieten, aber Drizzt beschloß auf der Stelle, den Barbaren selbst einen Besuch abzustatten. Berkthgar war ein edler und mächtiger Krieger, aber er konnte auch stur sein, und der Drow vermutete, daß sein alter Freund Revjak ein wenig Unterstützung brauchen konnte.
Aber das war eine Sache für später. Drizzt und Catti-brie verbrachten die Nacht bei Regis in seinem Haus in Bryn Shander, und am nächsten Morgen zogen die drei nach Norden zu den Zwergenminen.
Sie kamen dort vor dem Mittag an, und als sie in das Tal hinabschritten, übernahm eine aufgeregte Catti-brie, die hier aufgewachsen war, die Spitze des Trupps. Die junge Frau brauchte in dieser vertrauten Umgebung keinen Führer. Sie trat, ohne zu zögern, in den Eingang zu dem Zwergenkomplex und bückte sich so selbstverständlich unter dem niedrigen Torbogen, als wäre sie nie fort gewesen.
Sie rannte die schwach erleuchteten Gänge förmlich entlang und blieb bei jedem Zwerg, den sie traf, kurz stehen – bärtige Leute, deren Gesichter unfehlbar aufleuchteten, sobald sie sie erkannten. Die Unterhaltungen waren nur kurz, ein freundlicher Gruß des Zwergs, eine Frage von Catti-brie oder Drizzt, wo Bruenor zu finden sei.
Schließlich erreichten sie den Raum, in dem Bruenor an der Arbeit sein sollte. Sie hörten Hammerschläge – der Zwerg war beim Schmieden, ein seltenes Ereignis im letzten Jahrzehnt, seit der Schöpfung von Aegisfang.
Catti-brie öffnete die Tür einen Spalt. Bruenor hatte ihr den Rücken zugewandt, aber sie erkannte ihn sofort an seinen breiten Schultern, dem wilden roten Haar und dem Helm, von dem ein Horn abgebrochen war. Über dem Krach seines Hammers und dem fauchenden Feuer direkt neben ihm hörte er sie nicht eintreten.
Die drei traten zu dem nichtsahnenden Zwerg, und Catti-brie tippte ihm auf die Schulter. Er drehte sich halb um und warf ihr nur einen kurzen Blick zu.
»Geh weg!« knurrte der Zwerg. »Siehst du nicht, daß ich...«
Bruenor verschluckte sich mächtig an seinen Worten. Er starrte noch einen langen Moment nach vorne, als hätte er Angst hinzuschauen, Angst, der flüchtige Blick könnte ihn getäuscht haben.
Dann drehte sich der rotbärtige Zwerg um, und ihm wurde fast schwindlig beim Anblick seiner zurückgekehrten Tochter und seines besten Freundes, die nach sechs langen Jahren zu ihm nach Hause gekommen waren. Er ließ sich den Hammer auf
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