Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit
hartnäckigen Feringal beiseite gewischt.
»Zeit zu erblühen?«, wiederholte der Lord ungläubig. »Ich bin verrückt vor Verlangen. Ich kann an nichts anderes als an Meralda denken!«
Das Letzte sagte er laut, und beide Männer schauten rasch zu Meralda, die ihren Blick mit gerunzelter Stirn erwiderte.
»Genau wie es sein sollte«, flüsterte Temigast. »Lass uns herausfinden, ob dieses Gefühl auch Bestand hat. Das Andauern solcher Gefühle ist die wahre Bedeutung von Liebe, mein Lord.« »Du zweifelst noch immer an mir?«, erwiderte ein entsetzter Feringal.
»Nein, mein Lord, das tue ich nicht«, erläuterte Temigast, »aber die Dorfbewohner müssen deine Verbindung mit einer Frau von Meraldas Stellung als wahre Liebe und nicht als bloße Vernarrtheit ansehen. Du musst an ihren Ruf denken.«
Dieser letzte Appell brachte Lord Feringal zum Schweigen. Er schaute erneut zu der Frau hinüber, dann wieder zu Temigast und war sichtlich verwirrt. »Wenn sie mit mir verheiratet ist, welchen Schaden könnte das denn ihrem Ruf einbringen?«
»Wenn die Hochzeit zu schnell stattfindet, werden die Dorfbewohner annehmen, dass sie dich mit ihren weiblichen Reizen becirct hat«, erklärte Temigast. »Es ist viel besser für sie, wenn du ein paar Wochen lang zeigst, dass du sie ehrlich liebst und respektierst. Es wird viele geben, die aus purer Eifersucht auf jeden Fall einen Groll gegen sie hegen werden, mein Lord. Du musst sie jetzt beschützen, und am besten tust du dies, indem du dir mit der Verlobung Zeit lässt.«
»Wie viel Zeit?«, fragte der ungeduldige Adlige.
»Die Frühjahrs-Tagundnachtgleiche«, schlug Temigast vor, was ihm erneut einen entsetzten Blick von Feringal eintrug. »Das ist nur angemessen.« »Ich werde sterben«, jammerte der Lord.
Temigast schaute den überreizten jungen Mann mit gerunzelter Stirn an. »Wir können ein Treffen mit einer anderen Frau arrangieren, wenn dein Drang zu stark wird.«
Lord Feringal schüttelte heftig den Kopf. »Ich kann mir keine leidenschaftliche Begegnung mit einer anderen Frau vorstellen.« Temigast klopfte dem jungen Lord mit einem warmen Lächeln auf die Schulter. »Das ist die richtige Antwort für einen Mann, der wirklich verliebt ist«, sagte er. »Vielleicht können wir die Hochzeit für den Jahreswechsel arrangieren.«
Lord Feringals Gesicht hellte sich auf, doch dann zog er die Stirn erneut in Falten. »Fünf Monate«, grummelte er.
»Aber denk an die Freuden, die dich nach dieser Zeit erwarten.«
»Ich denke an nichts anderes«, sagte der deprimierte Feringal.
»Worüber habt ihr gesprochen?«, fragte Meralda, als Feringal sich wieder zu ihr gesellte, nachdem Temigast sich entschuldigt und den Garten verlassen hatte.
»Von der Hochzeit natürlich«, erwiderte der Lord. »Verwalter Temigast meint, wir müssten bis zum Jahreswechsel warten. Er glaubt, dass Liebe etwas ist, das aufblühen muss«, sagte Feringal mit zweifelndem Tonfall.
»Und so ist es auch«, stimmte Meralda mit Erleichterung und Dankbarkeit für Temigast zu.
Feringal ergriff sie plötzlich und zog sie an sich. »Ich kann nicht glauben, dass meine Liebe zu dir noch stärker werden könnte«, erklärte er. Er küsste sie, und Meralda erwiderte die Liebkosung, und sie war froh, dass er nicht versuchte weiterzugehen, wie er es sonst meist tat.
Stattdessen schob Lord Feringal sie ein Stück von sich weg. »Temigast hat mich ermahnt, dir Respekt zu erweisen«, gestand er. »Um den Dorfbewohnern zu beweisen, dass unsere Liebe eine ehrliche und dauerhafte Sache ist. Ich werde daher warten.
Außerdem wird dies Priscilla Zeit geben, das Ereignis vorzubereiten. Sie hat eine Hochzeit versprochen, wie Auckney – wie der gesamte Norden – sie noch nie erlebt hat.«
Meraldas Lächeln war aufrichtig. Sie war froh über die Verzögerung, froh über die Zeit, die sie brauchte, um ihre Gefühle für Lord Feringal und für Jaka zu ordnen, um sich mit ihrer Entscheidung und ihrer Verantwortung zu arrangieren. Meralda war sicher, dass sie dies alles tun konnte, ohne allzu sehr darunter zu leiden. Sie konnte um ihrer Mutter und ihrer Familie willen Lord Feringal heiraten und die Rolle der Herrin von Auckney übernehmen. Vielleicht war das gar keine so schreckliche Sache. Die Frau sah mit einem Funken Zuneigung zu Lord Feringal hinüber, der die dunklen Wellen betrachtete. Spontan legte sie ihm den Arm um die Hüfte und ließ ihren Kopf gegen seine Schulter sinken, was ihr ein zurückhaltendes, aber
Weitere Kostenlose Bücher