Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit
gekommen bist.«
»Nicht aus Absicht«, murmelte Wulfgar, was ihm von Morik einen Stoß in die Rippen einbrachte.
»Du sagtest, du wolltest deinen Kriegshammer zurück«, erinnerte ihn der kleinere Mann leise.
Was Morik tatsächlich dachte, war jedoch, dass dies die ideale Gelegenheit war, mehr über Deudermont zu erfahren, über seine Schutzmaßnahmen und, wichtiger noch, über seine Schwächen. Der Straßenjunge hatte den Barbaren und den Ganoven unten am Hafen gefunden. Er hatte ihnen den kleinen Beutel mit dem seltsamen Inhalt ausgehändigt und erklärt, dass Kapitän Deudermont sie vor dem ›Entermesser‹ in der Halbmondstraße treffen wollte. Morik hatte Wulfgar erneut auf die Möglichkeiten angesprochen, die sich ihnen dort boten, hatte aber sofort abgebrochen, als er den finsteren Blick des Barbaren bemerkt hatte. Wenn Wulfgar von dem Mordanschlag nichts wissen wollte, dann würde Morik einen Weg finden, es alleine zu tun. Er hatte natürlich nichts gegen Deudermont, und gewöhnlich war er auch kein Mörder, aber das Kopfgeld war zu groß, um es zu ignorieren. Das würde auch Wulfgar einsehen, dachte sich Morik, wenn er erst einmal im Luxus lebte, in der besten Wohnung, mit dem besten Essen, dem feinsten Schnaps und den teuersten Huren. Wulfgar nickte und trat direkt vor Deudermont, auch wenn er sich nicht um die Hand kümmerte, die der Kapitän ihm entgegenstreckte. »Was weißt du?«, fragte er.
»Nur, dass du zum Hafen gekommen bist und zu Waillan Micanty hinaufgeschaut hast«, erwiderte Deudermont. »Ich nahm an, dass du mit mir sprechen wolltest.«
»Alles, was ich von dir will, sind Informationen über Aegisfang«, sagte er säuerlich.
»Dein Hammer?«, fragte Deudermont und schaute Wulfgar verwundert an, als würde er erst jetzt bemerken, dass der Barbar seine Waffe nicht dabei hatte.
»Der Junge sagte, du hättest Informationen«, erläuterte Morik. »Junge?«, fragte der verwirrte Kapitän.
»Der Junge, der uns dies hier gab«, erklärte Morik und hob den Beutel hoch.
Deudermont wollte danach greifen, hielt aber inne, als er Robillard sah, der aus der Nebengasse auf ihn zugelaufen kam. »Halt!«, rief der Zauberer.
Deudermont spürte einen scharfen Stich am Hals. Er griff instinktiv mit der Hand dorthin, doch bevor seine Finger sich um die Katzenklaue schließen konnten, senkte sich eine tiefe Finsternis über ihn, und seine Beine gaben nach. Wulfgar sprang vor, um nach ihm zu greifen.
Robillard schrie und schlug auf magische Weise nach Wulfgar, indem er einen Zauberstab auf den riesigen Barbaren richtete und damit einen Klumpen klebrigen Schleims auf ihn abschoss, der den Mann gegen das ›Entermesser‹ schleuderte und dort festhielt. Morik fuhr herum und rannte davon.
»Kapitän! Kapitän!«, schrie Robillard und schickte einen weiteren Schleimklumpen hinter Morik her, doch der gewandte Dieb war zu schnell und konnte dem Geschoss ausweichen, während er eine Gasse entlangflitzte. Er musste fast sofort wieder die Richtung ändern, denn vor ihm bogen zwei Stadtwachen mit lodernden Fackeln und glänzenden Schwertern in die kleine Straße ein. Er besaß genug Geistesgegenwart, den Beutel, den er von dem Jungen bekommen hatte, in eine kleine Nische der Gasse zu werfen, bevor er sich umdrehte.
Jetzt begann plötzlich die gesamte Halbmondstraße von Leben und Hektik zu wimmeln, als aus jeder Richtung Stadtwachen und Matrosen von der Seekobold herbeiströmten.
Gegen die Wand des »Entermessers« gepresst, kämpfte Wulfgar hart darum, Luft zu bekommen. Seine Gedanken wirbelten zurück in die Grauheit des Abgrunds, zurück zu einigen der mächtigen Zauber, mit denen der Dämon Errtu ihn belegt hatte, um ihn hilflos seinen diabolischen Schergen auszuliefern. Diese Vision trieb Wulfgar zur Raserei, und diese Raserei verlieh ihm Stärke. Der tobende Barbar fand Halt, stemmte sich mit aller Macht dagegen und riss Planken aus der Hauswand.
Robillard, der sich vor Wut und Angst heulend über den kaum noch atmenden Deudermont kniete, schleuderte einen weiteren Schleimklumpen auf Wulfgar und nagelte ihn damit erneut an die Wand.
»Sie haben ihn umgebracht«, schrie der Zauberer den Wachen zu.
»Fangt die kleine Ratte.«
»Wir gehen«, sagte Tee-a-nicknick, sobald Deudermonts Beine nachgaben. »Versetz ihm noch eins«, bat Grauser.
Der Tätowierte schüttelte den Kopf. »Einmal genug. Wir gehen.«
Gerade als sie sich in Bewegung setzen wollten, strömten die Wachen in die Halbmondstraße und
Weitere Kostenlose Bücher