Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit
ungestümen Galan.
»Es ist sehr schwierig für mich, Meralda«, versuchte er in aller Ehrlichkeit zu erklären. »Mehr als du dir vorstellen kannst. Ich denke Tag und Nacht an dich. Ich erwarte mit immer größerer Ungeduld den Tag, an dem wir vermählt werden, den Tag, an dem du dich mir vollkommen hingeben wirst.«
Darauf wusste Meralda keine Antwort, aber sie musste sich heftig bemühen, jeden Ausdruck von Unwillen aus ihrem Gesicht zu verbannen. Sie dachte in diesem Moment an ihre Mutter und erinnerte sich an ein Gespräch zwischen ihrem Vater und einer Freundin der Familie, das sie mitgehört hatte. Darin hatte die Frau geklagt, dass Biaste den Winter wahrscheinlich nicht überleben würde, wenn sie keine bessere Unterkunft und die Dienste eines Klerikers oder Heilers für sie finden konnten.
»Ich werde nicht lange warten, das versichere ich dir«, fuhr Lord Feringal fort. »Ich werde Priscilla anweisen, schon heute Nacht die nötigen Vorbereitungen zu treffen.«
»Ich habe noch nicht einmal gesagt, dass ich dich heiraten werde«, presste Meralda einen schwachen Protest hervor.
»Aber du wirst mich natürlich heiraten«, sagte Feringal mit Überzeugung. »Das ganze Dorf wird dabei sein, es wird ein Fest werden, das alle, die dran teilnehmen, ihr ganzes Leben nicht vergessen werden. Und deine Freude wird an jenem Tag am größten sein, Meralda«, sagte er, während er erneut zu ihr trat und ihre Hand ergriff, diesmal jedoch sanft und respektvoll. »Noch in Jahren – nein, Jahrzehnten – werden die Frauen aus dem Dorf sich an die Schönheit der Braut von Lord Feringal erinnern.«
Meralda konnte nicht abstreiten, dass sie von der Aufrichtigkeit im Ton des Mannes gerührt war und dass sie ein Prickeln verspürte, wenn sie sich einen so großartigen Tag vorstellte, wie Feringal ihn ausmalte, eine Hochzeit, die auf Jahre hinaus das Gesprächsthema von ganz Auckney sein würde. Welche Frau würde sich nicht nach einem solchen Ereignis sehnen?
Und doch konnte Meralda gleichzeitig nicht leugnen, dass eine so prunkvolle Hochzeit zwar sehr reizvoll war, ihr Herz jedoch einem anderen gehörte. Sie begann allmählich, eine andere Seite an Lord Feringal zu entdecken, ein anständiges und fürsorgliches Wesen vielleicht, das unter den Fallstricken seines abgeschirmten Lebens verborgen lag. Dennoch konnte Meralda keinen Augenblick lang vergessen, dass Feringal einfach nicht ihr Jaka war.
Verwalter Temigast kam zurück und verkündete, dass die Kutsche bereitstehe. Meralda ging sofort zu ihm, war aber trotzdem nicht schnell genug, um dem letzten Versuch des jungen Mannes auszuweichen, ihr einen Kuss zu stehlen.
Es machte ihr kaum etwas aus. Meralda begann die Dinge jetzt klarer zu sehen, sie erkannte die Verantwortung, die sie ihrer Familie gegenüber hatte, und sie würde diese Verantwortung über alles andere stellen. Dennoch war es eine lange und trübselige Fahrt über die Brücke und die Straße entlang, und der Kopf der jungen Frau schwirrte aufgrund gegensätzlicher Gedanken und Gefühle. Auch diesmal bat sie den gnomischen Kutscher wieder, sie ein ganzes Stück von ihrem Haus entfernt aussteigen zu lassen. Nachdem sie die unbequemen Schuhe abgestreift hatte, die Temigast ihr zusammen mit dem Kleid geschickt hatte, wanderte Meralda barfuß über den vom Mond beschienenen Weg. Sie war so verwirrt von den Ereignissen – allein der Gedanke, dass sie heiraten sollte! –, dass sie sich ihrer Umgebung kaum bewusst war und nicht einmal, wie beim ersten Mal, darauf hoffte, dass Jaka sie auf der Straße treffen würde. Sie wurde völlig davon überrascht, als der junge Mann vor ihr auftauchte.
»Was hat er mit dir gemacht?«, fragte Jaka, bevor Meralda noch seinen Namen rufen konnte. »Gemacht?«, fragte sie.
»Was hat er mit dir gemacht?«, wiederholte Jaka. »Du warst eine lange Zeit bei ihm.«
»Wir sind im Garten spazieren gegangen«, antwortete die Frau.
»Nur spazieren gegangen?« In Jakas Stimme schwang in diesem Moment eine beängstigende Schärfe mit, die Meralda aufhorchen ließ. »Was denkst du denn?«, wagte sie zu fragen.
Jaka stieß einen mächtigen Seufzer aus und wandte sich mit einem Ruck von ihr ab. »Ich denke gar nicht, und das ist das Problem«, klagte er. »Mit was für einem Zauber hast du mich belegt, Meralda? Oh, diese Verhextheit! Ich bin sicher, der jämmerliche Feringal muss das Gleiche empfinden«, fügte er hinzu und fuhr wieder zu ihr herum. »Welcher Mann täte das nicht?«
Ein
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