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Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit

Titel: Die Vergessenen Welten 12 - Schattenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Salvatore
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Blick besser betrachten zu können.
    »Meinste, du kannst's aushalten?«, fragte der brutale Folterer. »Meinste, du kannst mich weiter so anstarren, wenn ich dir ins Auge steche?« Und der Spieß kam wieder näher.
    Wulfgar stieß ein Knurren aus, das von irgendwo tief in seinem Inneren kam. Es war ein raubtierhafter, urtümlicher Laut, der Morik verstummen ließ, bevor der kleine Dieb noch protestieren konnte. Es war ein Knurren, das von seiner Qual in den Tiefen des Abgrunds widerhallte.
    Die Brust des Barbaren schwoll gewaltig an, er sammelte seine Kräfte und stieß eine Schulter mit solcher Macht und Wucht nach vorne, dass die Schelle aus der Wand gerissen wurde und den benommenen Wärter zurückschleuderte.
    »Ah, dafür werd ich dich töten!«, schrie der Halboger und stürmte mit geschwungener Eisenstange heran.
    Wulfgar war für ihn bereit. Der Barbar wirbelte herum, bis er fast die Wand anschaute, und ließ dann seinen freien Arm vorschnellen. Die daran befestigte Kette und die eiserne Wandhalterung trafen den glühenden Spieß des Wärters und rissen ihn aus seiner Hand. Wieder taumelte der hässliche Halboger zurück, und diesmal drehte sich Wulfgar ganz zur Wand um, sprang hoch und stemmte die Füße zu beiden Seiten der verbliebenen Schelle gegen die Mauer. »Reiß die ganze Wand nieder!«, feuerte Morik ihn an. Der Wärter drehte sich um und rannte davon.
    Ein weiteres Knurren stieg in Wulfgar empor, und er zog mit aller Kraft, spannte jeden Muskel in seinem mächtigen Körper. Diese Halterung saß fester als die andere und war besser in der Wand verankert, doch Wulfgar zog so heftig daran, dass ein Glied in der schweren Kette sich auseinander zu biegen begann. »Zieh weiter!«, rief Morik.
    Das tat Wulfgar, und er flog von der Wand weg und schlug dabei einen Salto. Er kam unverletzt auf dem Boden auf, doch dann traf es ihn, eine Welle von Agonie, die mächtiger war als jede Folter, die irgendein sadistischer Wärter ihm hätte zufügen können. In seinem Geiste war er nicht mehr im Kerker von Luskan, sondern wieder im Abgrund, und obwohl ihn keine Fesseln hielten, wusste er, dass es kein Entkommen gab, keinen Sieg über seine mächtigen Wächter. Wie oft hatte ihm Errtu diesen Streich gespielt, wie oft hatte er ihn glauben gemacht, er sei frei, nur um ihn erneut einzufangen und zurück in den Gestank und den Schmutz zu zerren, nur um ihn zu schlagen und dann wieder zu heilen und dann aufs Neue zu schlagen?
    »Wulfgar?«, bettelte Morik und zerrte vergeblich an seinen eigenen Fesseln. »Wulfgar!«
    Der Barbar konnte ihn nicht hören, konnte ihn nicht sehen, so sehr war er in den wirbelnden Nebeln seiner eigenen Gedanken verloren. Wulfgar krümmte sich auf dem Boden zusammen und zitterte wie ein Baby, als der Wärter mit einem Dutzend Kumpanen zurückkam. Einige Zeit später hing Wulfgar erneut an der Wand, diesmal in Fesseln, die für einen Riesen bestimmt waren, dicken und soliden Ketten, bei denen seine Füße ein gutes Stück über dem Boden baumelten und seine Arme zu beiden Seiten ausgestreckt waren. Als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme war hinter dem Barbaren ein Block spitzer Dornen angebracht worden. Wenn er sich dagegenstemmte, würde er eher sich selbst aufspießen, als die Ketten aus ihrer Verankerung zu reißen. Er befand sich jetzt in einer anderen Kammer, weit weg von Morik. Er war alleine mit seinen Erinnerungen an den Abgrund, ohne einen Ort, um sich vor ihnen zu verbergen, ohne eine Flasche, um ihn fortzubringen.
    »Es müsste wirken«, murmelte die alte Frau. »Es sind die richtigen Kräuter für das Gift.«
    Drei Priester liefen in dem Raum auf und ab. Der eine murmelte Gebete, einer wechselte von Kapitän Deudermonts einer Seite zur anderen, um auf seinen Atem und seinen Herzschlag zu lauschen und seinen Puls zu fühlen, während sich der Dritte immer wieder mit der Hand über das kurz geschorene Haar fuhr.
    »Aber es wirkt nicht«, stellte Robillard fest, und er schaute Hilfe suchend die Priester an.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Camerbunne, der höchstrangige der drei Kleriker. »Es widersteht unseren Zaubern und selbst einem mächtigen pflanzlichen Gegenmittel.«
    »Und mit 'nem bisschen von dem Gift in der Hand müsste es wirken«, sagte die alte Frau.
    »Falls das wirklich etwas von dem Gift ist«, erwiderte Robillard.
    »Du hast es selbst dem kleinen Kerl namens Morik abgenommen«, sagte Camerbunne.
    »Das heißt nicht notwendigerweise, dass …«, setzte Robillard zu

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