Die vergessenen Welten 13 - Der schwarze Zauber
die Kugel nicht gegen psionische Kräfte.
Aber vielleicht würde sie es doch tun, und dieser Gedanke beunruhigte Entreri beträchtlich, als er das Artefakt wieder an sich nahm. Was würde geschehen, wenn die Kugel auf irgendeine Weise Kimmuriels Dimensionstor beeinflusste? Würde er an einem ganz anderen Ort auftauchen – vielleicht sogar auf einer anderen Existenzebene?
Entreri wischte auch diese Überlegungen beiseite. Ob magische Kugel oder nicht: Das Leben barg immer Risiken, wenn man es mit Drow zu tun hatte. Er steckte die Kugel so verstohlen in die Tasche, dass selbst neugierige Augen nicht vermocht hätten, seine Bewegungen in der dunklen Gasse auszumachen. Anschließend ging er schnell zu dem Portal hinüber und trat hindurch.
Er kam benommen wieder heraus und musste heftig darum kämpfen, das Gleichgewicht zu behalten, als er hunderte von Meilen entfernt in die privaten Zaubergemächer des Gildenhauses in Calimhafen trat.
Dort standen Kimmuriel und Rai-guy, die ihn streng musterten.
»Die Juwelen?«, fragte Rai-guy in der Drowsprache, die Entreri verstand, wenn auch nicht sehr gut.
»Bald«, erwiderte der Meuchelmörder in seinem stockenden Dunkelelfisch. »Es gab ein Problem.«
Beide Drow zogen überrascht die weißen Augenbrauen hoch.
»Gab«, betonte Entreri. »Morik wird die Juwelen in Kürze besitzen.«
»Dann lebt Morik also noch«, stellte Kimmuriel fest. »Was ist mit seinen Versuchen, sich vor uns zu verbergen?«
»Es waren mehr die Versuche örtlicher Magistrate, ihn von jedem Einfluss von außen abzuschneiden«, log Entreri. »Ein örtlicher Magistrat, um genau zu sein«, berichtigte er sich rasch, als er sah, wie sich ihre Gesichter verdüsterten. »Die Sache ist bereinigt worden.«
Keiner der Drow wirkte sonderlich erfreut, aber sie beschwerten sich auch nicht offen.
»Und dieser Magistrat hat auf magischem Weg Moriks Zimmer gegen spionierende Blicke von außen versiegelt?«, fragte Rai-guy.
»Und gegen jede andere Magie«, antwortete Entreri. »Auch dies ist geregelt worden.« »Mit der Kugel?«, hakte Kimmuriel nach.
»Morik hat sich die Kugel besorgt«, meinte Rai-guy mit zu Schlitzen zusammengepressten Augen.
»Er wusste anscheinend nicht, was er kaufte«, entgegnete Entreri ruhig. Er wurde nicht nervös, da er erkannte, dass seine List funktioniert hatte.
Rai-guy und Kimmuriel würden natürlich weiter den Verdacht hegen, dass Morik selbst und nicht etwa ein unbedeutender Stadtbediensteter die Verantwortung trug. Sie würden vermuten, dass Entreri die Wahrheit aus eigenen Gründen verdreht hatte, aber der Meuchelmörder wusste, dass er ihnen nicht genug Material geliefert hatte, um offen zu reagieren – zumindest nicht, ohne Jarlaxles Zorn zu erregen.
Der Gedanke, dass seine Sicherheit fast vollständig von dem Söldnerführer abhing, beunruhigte Entreri aufs Neue. Er hasste es, abhängig zu sein, was für ihn gleichbedeutend war mit Schwäche. Er musste diese Situation dringend ändern.
»Ihr habt die Kugel«, meinte Rai-guy und streckte fordernd seine schmale, täuschend zart wirkende Hand aus.
»Besser, ich habe sie und nicht Ihr«, wagte der Meuchelmörder zu erwidern, und diese Bemerkung ließ die beiden Dunkelelfen überrascht zusammenzucken.
Doch noch während er sprach, fühlte Entreri ein Prickeln in seiner Tasche. Er legte eine Hand auf die Kugel, und seine empfindsamen Finger spürten ein sanftes Vibrieren, das tief aus dem Inneren des verzauberten Artefakts drang. Entreris Blick richtete sich auf Kimmuriel. Der Drow hatte die Augen geschlossen und war in tiefe Konzentration versunken. Jetzt begriff er. Die Kugel konnte nichts gegen Kimmuriels enorme Geisteskräfte ausrichten, und Entreri hatte diesen psionischen Trick bereits früher gesehen. Kimmuriel nahm Kontakt zu der latenten Energie im Inneren der Kugel auf und regte diese an, bis sie eine explosive Stufe erreichte.
Entreri spielte mit dem Gedanken, bis zum letzten Moment zu warten und Kimmuriel die Kugel dann ins Gesicht zu schleudern. Den Anblick des verschlagenen Drow, der sich in seinen eigenen Tricks verfangen hatte, würde er aufs Höchste genießen!
Mit einer Handbewegung öffnete Kimmuriel ein Dimensionstor, das von diesem Raum zu einer fast verwaisten, staubigen Straße führte. Das Portal war groß genug für die Kugel, aber zu klein, um Entreri hindurchzulassen.
Der Meuchelmörder spürte, wie die Energie in dem Artefakt weiter und weiter anschwoll … die Vibrationen waren längst
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