Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Innerhalb des Horns, wo das Gas als Plasma eintraf, wirbelten und rekonfigurierten sich Anhäufungen von Dodekaedern in verwirrender Komplexität, und sie taten dies schnell, so furchtbar schnell.
    Janice hatte gehofft, Erklärungen zu finden, die ihre Angst bannten; alles, was sie jedoch fand, war etwas, das noch furchterregender war. Davon gedachte sie sich jedoch nicht beherrschen zu lassen. Zwar war sie ein Mensch, aber sie war zugleich per Interface verknüpfter Captain eines Polis-Schlachtschiffs, und die Jahre in dieser Position hatten ihren Intellekt geschärft, die animalischen Instinkte abgeschliffen, ihren Verstand zu etwas gehärtet, das strikt von Logik beherrscht wurde. Ja, dieses fremde Objekt wirkte auf ein geringeres Wesen machtvoll und furchterregend, aber sie brauchte nur mehr Daten, mehr Eingaben, um eine geeignete Reaktion darauf zu entwickeln. Sie würde sich nicht selbst enttäuschen, sie würde Cheops nicht enttäuschen.
    Was denkst du?, fragte sie ihre Partnerin, die künstliche Intelligenz.
    Ich denke, wir sollten wie der Teufel abhauen, antwortete Cheops.
    Wie befohlen hatte Halloran den Zylinder und die begleitenden Anweisungen überbracht. Er blickte Shree Enkaras Erdbuggy nach, bis es außer Sicht war, und drehte sich dann abrupt um. Gleet hatte seinen Zweck erfüllt und war aufgrund des Blutverlustes fast schon tot; die Verstärkerverbindung gab nur schwankende Impulse ab, und Fragen stiegen in ihm auf, die Halloran in dem kleinen Netz hatte unterdrücken können, das er und die Zwillinge bildeten. Von Melet hatte er erwartet, dass sie für ihn noch nützlich sein würde, wenn sie den Planeten wieder verließen, aber sie wehrte sich jetzt gegen die Steuerung durch ihn – und ihr sterbender Bruder zerrte an den Resten, die von ihrem ursprünglichen Verstand übrig waren.
    Vielleicht konnte er Melets aufkommende Rebellion unterdrücken, nachdem Gleet schließlich gestorben war, aber das Risiko war ihm zu groß. Er konnte sich nicht erlauben, dass sie sich der Versklavung entzog, wenn sie erst mal wieder von der Polis beherrschtes Gebiet betreten hatten. Sie konnte ihn verraten, und falls die Polis sie ergriff und ans Licht brachte, was in ihrem Verstand verborgen lag, war die ganze Operation erledigt. Er griff unter seinen Mantel und zog die Schmalpistole, zögerte eine Sekunde lang und schob die Waffe unvermittelt ins Holster zurück. Nein, er wartete lieber, bis er seine andere hiesige Kontaktperson getroffen hatte – die Frau mit dem Codenamen Agent Blau. Anscheinend hatte man durch sie Dschainatechnik erworben und unmittelbar nach dem Ende der Quarantäne von Masada geschmuggelt.
    Halloran ging zu Gleet hinüber und stieß ihn mit der Spitze des schlammverdreckten Schuhs an. Jeder Verstärkerkontakt zu ihm brach in diesem Augenblick ab, als hätte dieser abschließende Stoß den letzten Lebenshauch aus ihm vertrieben. Halloran bemerkte, dass sich Melet ohne Anweisung umgedreht hatte und ihn ansah, und so kräftigte er seine Macht über sie.
    »Begrab ihn«, wies er sie laut an, um so die nichtverbale Anweisung zu verstärken.
    Sie stand einen Augenblick lang nur da und bebte, bis er sie wirklich mit Nachdruck antrieb. Dann setzte sie sich taumelnd in Bewegung, ging zur Doppelscheibe hinüber und entriegelte einen zwischen den beiden Propellern montierten Werkzeugkasten. Diesem entnahm sie einen Monofaserschneider und drehte sich um. Halloran wich von Gleets Leiche zurück, spürte die körperliche Gefahr, die inzwischen von Melet für ihn ausging. Sie kam herbei, schaltete die Vibrationen der Monofaser ein, schnitt in die Erde, wuchtete bald einen schweren Klumpen heraus und warf ihn zur Seite.
    »Es ist nicht das Dracocorp-Netz, das entmenschlicht«, sagte eine Stimme. »Es sind die Entscheidungen jener, die darin die Vorherrschaft ausüben.«
    »Wer ist da?«, fragte Halloran und blickte sich um.
    »Die Frau, Melet, entweicht inzwischen deiner Kontrolle.«
    Ein Zischen ertönte, und etwas fegte aus dem Flötengras heran. Halloran glaubte einen Moment lang, es wäre eines dieser fliegenden prawn-ähnlichen Dinger, die man hier fand, stellte aber seinen Irrtum fest, als es mit dumpfem Schlag in Melets Brust fuhr. Ein glasartiger Schlauch zuckte vor, an dem zwei Hodensäcke hingen. Diese Dinger legten los und pumpten eifrig und obszön. Melet würgte, packte das Ding und bemühte sich, es herauszuziehen. Sie stürzte, bekam das Ding endlich heraus und landete auf dem Rücken. Das

Weitere Kostenlose Bücher