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Die Vergessenen

Die Vergessenen

Titel: Die Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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und griffen sowohl das kirchlich dominierte Stadtzentrum als auch die Proktorenstation an. Die Kämpfe verliefen heftig, und obwohl die Soldaten der Theokratie besser bewaffnet waren, sahen sie sich Menschen gegenüber, die nur wenig zu verlieren hatten. Etwas über dreitausend Arbeiter starben, um der Theokratie Verluste von etwa fünfhundert Personen zuzufügen. Die überlebenden circa hundert Proktoren und oberen Theokratiebonzen wurden nackt ausgezogen, wenn sie auch ihre Atemgeräte behalten durften, ehe man sie in eine Guanolagerbucht warf und lebendig mit dem Zeug begrub. Ob sie nun starben, wenn ihr Luftvorrat erschöpft war, oder durch das Zeug, das ihnen die Haut zerfraß, darauf kam es dann auch nicht mehr an.
    Während Grant den Rand des Hafens abschritt, verfolgte er, wie das Schiff langsam neben dem langen Entladesteg stoppte, um dann von der magnetischen Dockvorrichtung mit einem scheppernden Klang festgemacht zu werden. Sofort schwenkte das Schiff die Förderarme wie aufklappende Gliedmaße aus und senkte die Mündungen zu den Lastwagen mit den offenen Ladeflächen. Das Zeug, das die Schlünder der Förderschläuche daraufhin hervorspien, erinnerte an Talkum. Ungeachtet spezieller Abschirmungen und einer Phalanx von Filtrierungssystemen entlang des Stegs stieg ein Dunstschleier davon auf, und nach nur ein paar Minuten spürte Grant ein leichtes Kribbeln auf der freiliegenden Haut der Hände. Rasch wandte er sich ab und nahm Kurs auf das eigentliche Stadtgebiet.
    Als die Untergrundtruppen eintrafen, war die eigentliche Schlacht vorüber und bestand, von den Hütten der Arbeiter abgesehen, der größte Teil der Stadt nur noch aus rauchenden Ruinen, denn die Arbeiter waren ausgerastet und hatten den für sie mörderischen Ort zerstört. Nach den Rachemorden nahmen sowohl Arbeiter als auch Rebellentruppen den Weg nach Norden und gaben Godhead auf. Anderthalb Jahre später, als Masada noch unter Quarantäne stand, litt die Ernte im Norden allmählich unter dem Mangel an Guano, und die Militärgouverneurin Lellan Stanton befahl, den Hafen wieder zu öffnen. Eine große Gruppe von überlebenden Arbeitern und Technikern aus Zealos kam nach Süden und baute die Stadt wieder auf, unterstützt durch Versorgungsflüge und Ausrüstung der Polis. Der größte Teil der Bevölkerung bestand heute aus Menschen, die früher hier versklavt gewesen waren, und viele von ihnen waren Anhänger des Aufräumkommandos und boten somit ganz entschieden keine sichere Zuflucht für einen irren Proktor, der glaubte, die Theokratie existierte noch.
    Die Kirchensektion, mit der am Rand aufragenden Proktorenstation, war auf einer dicken Schaumsteinscheibe errichtet worden, deren Lebenserwartung man beim Bau auf zweihundert Jahre schätzte. Die neue Stadt hatte man auf den Ruinen all dessen errichtet. Wie in allen solchen Städten oder Kompositflößen, die auf der trikonus-infizierten Erde Masadas angelegt worden waren, erfüllte ein konstantes Summen fast unter der Wahrnehmungsschwelle die Luft, während die Trikonusse in der Tiefe kontinuierlich das Gestein zermahlten. Als Grant eine geflieste Straße betreten hatte, blieb er stehen und lauschte einen Moment lang, ehe er zu einem geschützten Fußweg hinüberging und sich derweil daran erinnerte, dass man diesen Ort nicht mehr Godhead nannte. Offiziell hatte man ihn in Greenport umbenannt, und die Einwohner hielten sich daran. Jene, die verbittert waren und sich geschworen hatten, nie wieder hierher zurückzukehren, nannten ihn inoffiziell Shit Harbour.
    An der Tür zum Fußweg blieb Grant stehen, zog die Seitenwaffe und kontrollierte die Ladung. Die Proktoren-Scheibenpistole wies einen elektrischen Abzug und ein Magazin auf, das sieben Scheiben enthielt, jede davon mit fünf Schuss. Grant nahm das zylinderförmige Magazin heraus und musterte es kurz, ehe er es wieder in die Waffe zurücksteckte. Mit dieser Waffe konnte man Einzelschüsse abgeben oder Feuerstöße zu fünf Kugeln, oder man entleerte innerhalb von fünf Sekunden das komplette Magazin. Viele bessere Waffen waren erhältlich, aber Grant hatte eine Vorliebe für diese hier entwickelt. Es war die Waffe, die ihn beinahe umgebracht hätte, als ihm einmal selbst die Munition ausging und ehe ihm ein Wurf gelang, vermittels dessen er das Keramikstilett, das er heute im Stiefel stecken hatte, durch das Auge des ursprünglichen Besitzers der Scheibenpistole rammte. Er steckte diese in das Holster zurück und schob sich durch

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