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Die verlorene Bibliothek: Thriller

Die verlorene Bibliothek: Thriller

Titel: Die verlorene Bibliothek: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. M. Dean
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sollte. Mal ganz davon abgesehen, dass sie sich in einer Stadt voller ›Himmelsköniginnen‹ befand, da Oxfords Kirchen damit vollgestopft waren, befand sie sich auch in einer königlichen Stadt, die seit Jahrhunderten engste Verbindungen zur Krone unterhielt. Gebäude, Straßen, Schilder, Plätze, Denkmäler, Kirchen … Mindestens eins von allem war irgendeiner Königin gewidmet. Das war schlicht unmöglich.
    Emily trank den letzten Schluck aus ihrer Tasse. Sosehr sie den Espresso auch genossen hatte, sie nahm an, bei einem Spaziergang ließe sich der stetig größer werdende Frust besser abbauen. Sie legte ein paar Münzen auf den Tisch, um für den Espresso zu bezahlen, verließ das Café und überquerte die Straße. Dort fand sie sich dann hinter einer der langsam durch die Stadt schlendernden, geführten Touristengruppen wieder. Sie passte sich ihrem Tempo an und lauschte der monotonen Stimme des gelangweilten Reiseleiters, der die Sehenswürdigkeiten um sie herum beschrieb. Bei ihrem ersten Besuch in Oxford hatte Emily auch an solch einer Führung teilgenommen. Kurz hellte sich ihre Stimmung wieder auf, als sie an das Staunen zurückdachte, mit dem sie damals die märchenhafte Umgebung wahrgenommen hatte: die großartigen Fassaden, die überdachten Märkte, die wie Festungen ummauerten Colleges und die hohen Türme der Kapellen. Und schon als Studentin hatte Emily vermutet, dass die unterbezahlten Reiseleiter die Hälfte der ›Fakten‹ nur erfunden hatten, mit denen sie die Touristen fesselten, doch aus irgendeinem Grund war ihr das damals egal gewesen. Oxford war ebenso sehr Mythos wie Fakt, zu gleichen Teilen romantischer Traum und nüchterne Realität.
    »… in direktem Gegensatz zu den Behauptungen des Merton College, das unmittelbar dahinter liegt.« Emily kehrte wieder in die Gegenwart zurück, als ein kurzes Nachlassen des Verkehrs es ihr ermöglichte, den Reiseleiter zu verstehen. »Aber trotzdem behauptet das University College hier zu unserer Linken immer noch, das älteste College der Universität zu sein. Tatsächlich reicht seine Geschichte bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts zurück.« Ein Dutzend Kameras schwenkte nach links und fotografierten das Gemäuer.
    Was? Emilys Herz setzte einen Schlag lang aus. Bevor sie sich dessen bewusst wurde, hatte sie den Mund geöffnet und gefragt:
    »Bitte, entschuldigen Sie, könnten Sie das noch mal wiederholen?«
    Der Reiseleiter drehte sich mit einstudierter Höflichkeit zu ihr um. »Natürlich«, antwortete er. »Das University College ist eines von dreien, die behaupten, die ältesten der Universität zu sein. Die anderen beiden sind das Merton und das Balliol, die wir gleich sehen werden.« Der Reiseleiter lächelte breit, doch sein Blick verriet, dass er bezweifelte, dass diese Fragestellerin mit den ungewöhnlich lebendigen blauen Augen die zehn Pfund für die Tour bezahlt hatte.
    Emily blieb jedoch wie angewurzelt stehen und kramte in ihrer Tasche nach Arnos Briefen, während die Reisegruppe weiterzog. Sie holte die dritte Seite heraus und las laut die Worte, die plötzlich Sinn ergaben.
    »› Kirche der Universität, älteste von allen.‹ « Plötzlich sah sie alles klar und deutlich. Die Wortwahl war schlicht brillant.
    Wie Wexler und Emory, so hatte auch Emily das zuerst als ›University Church‹ gelesen, gemeint war jedoch etwas vollkommen anderes: die Kapelle des University Colleges, des ältesten von allen .
    Emily starrte auf die Mauer, die das College umgab. Sie war fest davon überzeugt, dass es das war, wovon Arno sprach.
    Sie stand vor dem Osttor in der Collegemauer, das nicht länger als Eingang benutzt wurde. Um in den Komplex zu gelangen, musste sie die Straße hinunter und bis zum Haupttor gehen, doch jetzt wollte sie erst einmal ihre Gedanken sammeln. Sie stieg die kleine Treppe zu dem zugemauerten Eingang hinauf und setzte sich auf die oberste Stufe. Kurz schloss Emily die Augen, um erst einmal zu verdauen, mit welcher Geschwindigkeit sich Arnos kleines Rätsel plötzlich löste. Das Ganze ist also vielleicht doch nicht so aussichtslos.
    Emily öffnete die Augen wieder und schaute sich noch einmal den handgeschriebenen Brief an. Zu beten zwischen zwei Königinnen. Entschlossenheit keimte in ihr auf. Sie würde also doch noch den Gegenstand finden, auf den das Rätsel verwies.
    Und die endgültige Lösung kam schneller, als Emily erwartet hatte. Sie hob den Blick von der Seite und sah sich einem riesigen Steingesicht

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