Die verlorene Bibliothek: Thriller
entschlossen: »Ob es hier nun um die alte Bibliothek von Alexandria geht oder nicht, was auch immer Sie finden sollen, es muss ein Vermögen wert sein.«
Emily riss sich von dem Anblick los und drehte sich zu den anderen um.
»Wie es aussieht, gewinnt Kanada den Kulturkampf heute Morgen«, sagte sie. »Sie haben erkannt, was Peter und ich nicht gesehen haben.«
Wexler stimmte ihr zu und legte anerkennend den Finger an die Kappe.
»So. Gehen wir einfach mal davon aus, dass Sie recht haben, Kyle«, fuhr Emily fort. »Sollten Sie sich irren, gibt es ohnehin nicht viel, was wir tun können. Aber sollten Sie recht haben und waren die Hinweise nur dazu gedacht, uns oder sonstwen in die Irre zu führen, wie finden wir dann ihre wahre Bedeutung heraus?«
Kyles Antwort brachte sie wieder zum Anfang zurück.
»Wie es aussieht, Dr. Wess, müssen Sie noch immer herausfinden, wie und wo man zwischen zwei Königinnen beten kann.«
KAPITEL EINUNDVIERZIG
N EW Y ORK – 11:15 U HR EST (16:15 U HR GMT )
»Das wird Ihnen nicht gefallen«, sagte der Mann ernst in sein kleines Handy. Trent diente schon sehr lange als Freund, und der Sekretär erlaubte ihm daher ein gewisses Maß an Formlosigkeit, das er seinen anderen Männern nie gestattet hätte.
»Kommen Sie auf den Punkt«, erwiderte der Sekretär. Sein Tonfall verriet zwar nichts, doch er beugte sich im Stuhl angespannt vor.
»Wir haben jeden im Institut des Bewahrers im Carleton College überprüft. Jeder Angehörige seines Instituts ist über die Feiertage entweder zu Hause oder auf dem Campus. Jeder … mit Ausnahme von einer Person.«
Die Hand des Sekretärs krallte sich in den Hörer.
»Um wen handelt es sich?«
»Eine Professorin, Emily Wess, ist nicht da, wo sie sein sollte.«
Der Sekretär formte den Namen stumm mit den Lippen. Er war ihm nur deshalb vage vertraut, weil er früher eine Liste mit den Mitarbeitern des Bewahrers am College gesehen hatte. Herausgestochen hatte der Name aber nicht. Sie hatten jede Person auf der Liste überprüft, doch bei keiner war ihnen irgendetwas aufgefallen – Emily Wess eingeschlossen.
»Wir haben das Institut vor ein paar Monaten überprüft«, sagte er. »Wess war nichts Besonderes.«
»Stimmt«, antwortete der Freund. »Ihrer Akte nach zu urteilen, ist sie noch ziemlich neu. Jung und intelligent. Aber …« Er beugte sich über das Telefon. »Aber das Thema ihrer Dissertation ist … interessant.«
Der Sekretär rief bereits die Informationen zu Emily Wess auf dem Computer auf. Der Rat bewahrte Informationen für alle Ewigkeit auf, und zwar genau für solche Augenblicke wie diesen. Als die Daten auf dem Bildschirm erschienen, wurde der Knoten im Magen des Sekretärs zu einem Fels.
»Als Doktorandin«, fuhr Trent am anderen Ende der Leitung fort, »hat Dr. Wess über Ptolemäus geschrieben. Über Ägypten.« Seine Worte bestätigten, was der Sekretär nun las.
»Das steht in ihrer Akte«, sagte der Sekretär in ungewohnt gereiztem Tonfall. »Wir haben sie überprüft. Die Frau hat ein Interesse an Ägypten und an Geschichte, aber wir konnten keine Verbindung feststellen, weder zur Gesellschaft noch zum Bewahrer. Wir haben sie überprüft, weil sie im selben Institut gearbeitet hat, aber was wir herausgefunden haben, hat uns keinerlei Grund zur Besorgnis gegeben.«
»Ich weiß«, erwiderte der Freund. »Eine Menge Leute studieren Geschichte, auch altägyptische. Aber Dr. Wess’ Akte dürfte wesentlich interessanter werden, wenn Sie hören, wo sie zu Thanksgiving hingefahren ist.«
»Und wohin wäre das?«, verlangte der Sekretär zu wissen.
»England. Emily Wess ist heute Morgen in Heathrow gelandet.«
KAPITEL ZWEIUNDVIERZIG
O XFORD – 16:35 U HR GMT
Emily trennte sich von Kyle und Wexler ein paar Minuten nach ihrer Diskussion vor der University Church. Es war Spätnachmittag, und die beiden Einwohner Oxfords hatten Verpflichtungen. Emily wiederum konnte ganz gut ein wenig Zeit für sich gebrauchen, um über die verwirrenden Erkenntnisse des Tages nachzudenken. Ob es nun am Jetlag lag, dem Schock angesichts des ganzen Ausmaßes der Ereignisse oder an der gewaltigen Menge an Informationen, die sie in den letzten paar Stunden hatte aufnehmen müssen, ihr dröhnte der Kopf. Die drei hatten sich für diesen Abend zum Essen bei Wexler verabredet, nachdem der Professor sein Heim großzügig als Basis angeboten hatte, solange Emily in der Stadt war. Er hatte ihr die Adresse gegeben und erklärt, er werde dafür
Weitere Kostenlose Bücher