Die verlorene Bibliothek: Thriller
Terroristen ermordet worden.«
»Nun ja, zumindest nicht von der Art von Terroristen, die man dafür für verantwortlich hält. Das waren keine Killer aus dem Nahen Osten, Dr. Wess. Das war der Rat.«
KAPITEL ACHTUNDSECHZIG
12:38 U HR
All diese schier unglaublichen Enthüllungen brachten Emilys Geist ins Wanken. Die Story, die mit der Ermordung eines Kollegen und einer verlorenen Bibliothek begonnen hatte, umfasste nun zwei Geheimgesellschaften, die seit Urzeiten laufende Manipulation von Weltereignissen und offensichtlich just in diesem Augenblick einen Staatsstreich in Washington. Und irgendwie spielte dann auch noch sie in alldem eine Rolle. Emilys Angst und Aufregung wuchsen immer weiter.
»Aber warum?«, verlangte sie atemlos zu wissen. »Warum sollte dieser Rat so viel auf sich nehmen, um den Präsidenten zu kompromittieren? Was können sie dadurch gewinnen?«
»Sie haben doch sicher schon den Spruch gehört, dass die Natur kein Vakuum mag, nicht wahr?«, erwiderte Athanasius. »Nun, angesichts dessen, was in der vergangenen Woche passiert ist, sieht es so aus, als würde bald ein Vakuum an der Spitze der amerikanischen Regierung entstehen. Wenn sie sich selbst in eine Machtposition bringen wollen, was ist da besser, als eine Situation zu schaffen, in der es ihren Mann wie von selbst an die Spitze spült?«
»Aber das wird nicht funktionieren«, erklärte Emily, und ihre Gedanken überschlugen sich. »In den Vereinigten Staaten gibt es eine klar definierte Befehlskette. Wenn der Präsident sein Amt aufgeben muss, dann geht der Posten nicht an irgendeinen Außenseiter. Der Vizepräsident übernimmt automatisch.«
Athanasius hatte die Augen weit aufgerissen, als er die letzten Punkte für Emily verband, und seine Stimme war wieder ein Flüstern. »Wessen Name, glauben Sie, stand ganz oben in der zweiten Gruppe auf der Liste?« Er ließ Emily einen Augenblick Zeit, um das wahre Ausmaß der Verschwörung zu verdauen. Er wusste, dass die junge Professorin im Moment das Gefühl hatte, als kollidierten hier gerade Antike und Gegenwart auf eine vollkommen unverständliche Art. »Wir sind nicht die Einzigen, die wissen, wie wir Informationen zu unserem Vorteil einsetzen«, fügte er schließlich hinzu.
»Das ist … unglaublich«, flüsterte Emily zurück. Allein die Vorstellung dessen, was ihr da gerade enthüllt wurde, drohte, ihr die Sprache zu verschlagen.
»Unser Bewahrer«, fuhr Athanasius leise fort, »hat die Liste bekommen und ihre Bedeutung entschlüsselt. Doch zu diesem Zeitpunkt wusste der Rat bereits, dass sie in seinen Händen war. Vor zwei Tagen hat ihn dann das gleiche Schicksal ereilt wie seinen Gehilfen.« Es folgte eine lange, emotionale Pause, und als Athanasius wieder weitersprach, schimmerten Tränen in seinen Augen. »Der einzige Unterschied war diesmal nur, dass er wusste, dass sie kamen. Arno war ein praktisch veranlagter Mann, und so wusste er, dass sie auch ihn finden würden, wenn sie schon seinen Gehilfen gefunden hatten, und dass das seinen Tod bedeuten würde. Nun, da er von ihrer Verschwörung wusste, und mit der Macht der Bibliothek im Rücken konnten sie ihn unmöglich leben lassen. Also unternahmen sie diesen drastischen Schritt wohl wissend, dass sie damit auch den letzten Mann töten würden, der sie zur Bibliothek führen konnte. Und Arno? Anstatt zu versuchen, dieses Schicksal zu vermeiden, hat er seine letzten Tage genutzt und einen neuen Plan in Gang gesetzt.«
Emilys Vorahnung, dass die Geschichte sich nun wieder ihr zuwenden würde, wurde dann auch prompt von Athanasius bestätigt.
»Er hat beschlossen, Ihre Rekrutierung zu beschleunigen, Dr. Wess. Er konnte dem normalen Muster nicht mehr folgen, denn er hatte keine vier Jahre mehr. Ihm blieben nur noch wenige Tage … Tage, in denen er Ihre Aufnahme in die Gesellschaft forciert hat.«
»Warum ist er nicht einfach zu mir gekommen und hat es mir gesagt?«, fragte Emily. »In diesen letzten Tagen hätte er doch mit mir reden und sich mir anvertrauen können. Er hätte mir helfen können.« Emilys Trauer kehrte wieder zurück, als ihr bewusst wurde, dass Holmstrand seine letzten Tage in Gedanken an sie verbracht hatte. Und diese Trauer, dieses Gefühl des Verlusts bezog sich nicht nur auf den Tod des Mannes. Plötzlich wurde ihr klar, dass sie mit Arno Holmstrand den einzigen Mann verloren hatte, der ihr im Angesicht echter Gefahr hätte helfen können.
Athanasius lächelte sie mitfühlend an.
»So arbeiten wir
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