Die Verlorene Ehre der Katerina Blum
Hausgehilfin in der Metzgerei Gerbers in Kuir, wo ich auch beim Verkaufen gelegentlich aushelfen musste. Von 1962 bis 1965 besuchte ich mit Hilfe und durch finanzielle Unterstützung meiner Patentante Frau Woltersheim, die dort als Ausbilderin tätig war, eine Hauswirtschaftsschule in Kuir, die ich mit Sehr gut absolvierte. Von 1966 bis 1967 arbeitete ich als Wirtschafterin im Ganztagskindergarten der Firma Koeschler im benachbarten Oftersbroich, bekam dann eine Stelle als Hausgehilfe in bei dem Arzt Dr. Kluthen, ebenfalls in Oftersbroich, wo ich nur ein Jahr verblieb, weil Herr Doktor immer häufiger zudringlich wurde und Frau Doktor das nicht leiden mochte. Auch ich mochte diese Zudringlichkeiten nicht. Mir war das widerwärtig. Im Jahre 1968, als ich für einige Wochen stellenlos war und im Haushalt meiner Mutter aushalf und gelegentlich bei den Versammlungen und Kegelabenden des Trommlerkorps Gemmelsbroich aushalf, lernte ich durch meinen älteren Bruder Kurt Blum den Textilarbeiter Wilhelm Brettloh kennen, den ich wenige Monate später heiratete. Wir wohnten in Gemmelsbroich, wo ich gelegentlich an den Wochenenden bei starkem Ausflüglerverkehr in der Gastwirtschaft Kloog in der Küche aushalf, manchmal auch als Serviererin. Schon nach einem halben Jahr empfand ich unüberwindliche Abneigung gegen meinen Mann. Näheres möchte ich dazu nicht aussagen. Ich verließ meinen Mann und zog in die Stadt. Ich wurde schuldig geschieden wegen böswilligen Verlassens und nahm meinen Mädchennamen wieder an. Ich wohnte zunächst bei Frau Woltersheim, bis ich nach einigen Wochen eine Stelle als Wirtschafterin und Hausgehilfin im Hause des Wirtschaftsprüfers Dr. Fehnern fand, wo ich auch wohnte. Herr Dr. Fehnern ermöglichte es mir, Abend- und Weiterbildungskurse zu besuchen und eine Fachprüfung als staatlich geprüfte Wirtschafterin abzulegen. Er war sehr nett und sehr großzügig, und ich blieb auch bei ihm, nachdem ich die Prüfung abgelegt hatte. Ende des Jahres 1969 wurde Herr Dr. Fehnern im Zusammenhang mit erheblichen Steuerhinterziehungen, die bei großen Firmen, für die er arbeitete, festgestellt worden waren, verhaftet. Bevor er abgeführt wurde, gab er mir einen Briefumschlag mit drei Monatsgehältern und bat mich, auch weiterhin nach dem Rechten zu sehen, er käme bald wieder, sagte er. Ich blieb noch einen Monat, versorgte seine Angestellten, die unter der Aufsicht von Steuerbeamten in seinem Büro arbeiteten, hielt das Haus sauber und den Garten in Ordnung, kümmerte mich auch um die Wäsche. Ich brachte Herrn Dr. Fehnern immer frische Wäsche ins Untersuchungsgefängnis, auch zu essen, besonders Ardennenpastete, die ich beim Metzger Gerbers in Kuir herzustellen gelernt hatte. Später wurde die Praxis geschlossen, das Haus beschlagnahmt, ich musste mein Zimmer räumen. Herrn Dr. Fehnern hatte man anscheinend auch Unterschlagung und Fälschung nachgewiesen, und er kam richtig ins Gefängnis, wo ich ihn auch weiterhin besuchte. Ich wollte ihm auch die zwei Monatsgehälter zurückgeben, die ich ihm noch schuldete. Er verbat sich das regelrecht. Ich fand sehr rasch eine Stelle bei dem Ehepaar Dr. Blorna, die ich durch Herrn Fehnern kennengelernt hatte.
Blornas bewohnen einen Bungalow in der Parksiedlung Südstadt. Obwohl mir dort Wohnung geboten wurde, lehnte ich ab, ich wollte endlich unabhängig sein und meinen Beruf mehr freiberuflich ausüben. Das Ehepaar Blorna war sehr gütig zu mir. Frau Dr. Blorna verhalf mir – sie arbeitet in einem großen Architekturbüro – zu meiner Eigentumswohnung in der Satellitenstadt im Süden, die unter dem Motto “Elegant am Strom wohnen’ angezeigt wurde. Herr Dr. Blorna war in seiner Eigenschaft als Industrieanwalt, Frau Dr. Blorna in ihrer Eigenschaft als Architektin mit dem Projekt vertraut. Ich berechnete mit Herrn Dr. Blorna die Finanzierung, Verzinsung und Amortisation eines
Zwei-Zimmer-Küche-Bad-Appartements im 8. Stock, und da ich inzwischen Ersparnisse in Höhe von 7000 DM hatte zurücklegen können, und das Ehepaar Blorna für einen Kredit in Höhe von 30 000 DM bürgte, konnte ich schon Anfang 1970 in meine Wohnung einziehen. Meine monatliche Mindestbelastung betrug zu Beginn etwa 1100 DM, da aber das Ehepaar Blorna meine Verpflegung nicht berechnete, konnte ich sehr sparsam leben und meinen Kredit rascher amortisieren, als anfänglich berechnet war. Ich führe seit vier Jahren die Wirtschaft und den Haushalt dort selbständig, meine Arbeitszeit beginnt um
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