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Die verlorene Kolonie

Die verlorene Kolonie

Titel: Die verlorene Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Strohmeyer
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du jetzt von deinem voreiligen Heldentum , dachte ich . Das nächste Mal bleibst du sitzen und nickst alles ab, was der Kerl sagt. Doch wieder mischte sich mein vorlautes Mundwerk in den Versuch meines Geistes, die Situation zu entschärfen.
    „Wenn du Arsch noch einmal Kuhfrau zu Addy sagst, dann bekommst du es mit mir zu tun!“, flüsterte ich drohend.
    Die Quittung kam prompt. Catrells Faust öffnete sich, umschloss meine Kehle und drückte gnadenlos zu. Doch kurz bevor die Sternchen vor meinen Augen zu tanzen begannen, ertönte ein Schrei und Catrells Hand ließ von mir ab. Ich schüttelte mich und sah in die Runde. Verdutzt blickte ich auf Addy, die nach ihrer Tasche griff und mir eine Hand entgegenstreckte.
    „Komm, lass uns verschwinden!“ Sie zog mich fort von Catrell, der jaulend auf dem Boden lag und sich den Schritt hielt, ungläubig begafft von seinen Kumpels.
    Schnell rannten wir aus der Mensa und zu den schützenden Gebäuden des Geschichtsforums, wo wir uns vorerst in Sicherheit wähnten. Catrell würde uns nicht verfolgen. Nicht heute. Aber womöglich morgen oder übermorgen. Wir hatten ihn und seine Gang endgültig zum Feind. Von nun an würden wir wachsam sein müssen.
    Wir liefen in den zweiten Stock und blieben in einem der Gänge stehen. Ganz außer Atem lehnten wir uns an die Wand. Ich fühlte mich mies, weil ich es nicht geschafft hatte, uns Catrell vom Leib zu halten, und weil es ausgerechnet Addy war, die mich vor ihm gerettet hatte. Aber immerhin … sie hatte es getan. Für mich. Sie hat es tatsächlich für mich getan. Eine Woge der Glückseligkeit durchfloss mich.
    „Danke“, sagte ich und sah sie an.
    Sie antwortete nicht. Stattdessen legte sie mir eine Hand auf die Wange. Meine Synapsen flippten völlig aus und verursachten ein wahres Feuerwerk in meinem Gehirn. Vergessen war die Beschämung, vergessen die Demütigung. Addys Hand lag auf meiner Wange! Das konnte nur bedeuten, sie …
    So schnell, wie ihre Gemütsregung gekommen war, so rasch verschwand sie auch wieder. Addy ließ ihre Hand sinken und sagte nüchtern: „Alle haben es gesehen. Wir bekommen bestimmt Ärger deswegen. Ich wünschte, ich hätte es nicht getan. Was Ben wohl dazu sagen wird?“
    Das Feuer in meinem Innern erlosch. Warum sagte sie das? Ich war enttäuscht.
    „Mach dir keine Sorgen“, entgegnete ich matt, „falls wir von der College-Direktion einen Tadel bekommen, nehme ich ihn auf mich.“ Ich vermied es, sie anzusehen, und schulterte meinen Rucksack. „Bis morgen dann.“
    Addy sah auf. „Ich dachte, wir treffen uns heute Abend noch.“
    Mir war die Lust dazu gründlich vergangen.
    „Wir müssen doch die Karte unter die Lupe nehmen, die dieser Rodriguez Perrez gezeichnet hat. Wo hast du sie überhaupt?“
    „Zu Hause in einem Versteck.“ Sie hat recht , dachte ich, die Karte ist wichtig . „Am besten, wir treffen uns bei mir, da stört uns keiner. Kommt so gegen acht, dann ist Selma weg.“
    „Okay, bis dann“, sagte Addy.
    „Bis dann.“ Niedergeschlagen ging ich den Gang zurück zur Treppe, stieg sie hinab und verließ das Gebäude. Mit dem Fahrrad fuhr ich nach Hause.

    Selma empfing mich an der Haustür. Ihr kleiner, rundlicher Körper füllte den Türrahmen aus und ihre kurzen, grauen Haare waren zu einer makellosen Welle gelegt, in der eine Spange mit einer Stoffblume steckte. Wie immer hatte mein iD meine Ankunft auf ihrem iD angekündigt.
    „Hallo, Jerry, komm herein. Möchtest du einen Tee?“
    „Danke, gern.“ Ich zog meine Schuhe aus und Selma verschwand trippelnd in der Küche. Ich hörte, wie sie mit dem Porzellan hantierte und dabei ein fröhliches Liedchen summte. „Gleich, gleich, gleich, gleich, trallalla, wird das Kälbchen auf die Weide gebracht, trallalla …“
    Ich lächelte in mich hinein. Die gute Selma, was würden wir ohne sie tun? Was würde mein Dad ohne sie tun? Er verließ nur selten sein Zimmer, und wenn, dann erst nach Sonnenuntergang. Selma kochte und wusch für ihn, putzte das Haus und kümmerte sich um sein Wohlbefinden. Ich hatte einmal versucht, ihr bei der Arbeit zu helfen, doch sie hatte mich rigoros aus der Küche geworfen und mir eins auf die Finger gegeben. Es sei ihr eine große Freude, für uns zu sorgen, hatte sie gesagt, und es sei gesünder für mich, meine vorwitzige Nase nicht in ihr Revier zu stecken, sonst käme der Jäger und schieße sie ab, meine Nase. Daraufhin hatte sie fröhlich gekichert und mir recht schmerzhaft in die Nase

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