Die verlorene Tochter (Romantik Thriller /Unheimlich) (German Edition)
vergangenen Abend, an ihr Zusammensein mit Edward Brown. Erst lange nach Mitternacht war sie nach Hause gekommen. "O nkel Edward holt uns nachher ab", sagte sie. "Wir fahren zum Regents Park."
"Prima." Julie strahlte. "Gehen wir auch in den Zoo, und fahren wir Boot?"
"Ja, natürlich, das auch. Und wir besuchen das Planetarium und das Wachsfigurenkabinett."
Julie war erst einmal im Planetarium gewesen. Obwohl sie nur wenig vom Geschehen verstanden hatte, quälte sie ihre Mutter seit Wochen, wieder einmal dort hinzugehen. "Ich freue mich", sagte sie. "Ich freue mich so riesig." Sie stand auf und tanzte durch das Zimmer.
"Komm, du Racker, mach, daß du ins Bad kommst." Sharon zog ihre kleine Tochter an sich. "Weißt du, daß ich dich lieb habe?"
Julie nickte. "Ich dich auch, Mommy", bekannte sie und schlang ihre Ärmchen um Sharons Nacken.
Eine halbe Stunde später bereitete die junge Frau in der Küche das Frühstück. Edward wollte um neun Uhr kommen. Sicher würde er eine Tasse Kaffee mit ihnen trinken, vielleicht auch etwas essen. Sie freute sich auf den Tag mit ihm, wenngleich sie sich nach wie vor nicht sicher war, ob sie seinen Heiratsantrag annehmen würde. Sie wußte, er würde ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen. Sie würden eine sehr gute Ehe führen. Aber sie liebte ihn nicht. Konnte sie wirklich einen Mann heiraten, den sie nicht liebte, für den sie nur eine starke Zuneigung empfand und den sie schätzte?
Julie kam mit ihrer Puppe in die Küche. "Nellie möchte Wa ffeln mit Sirup essen", sagte sie. "Mit Ahornsirup."
"Ahornsirup haben wir nicht mehr", erwiderte ihre Mutter. "Außerdem ist es zu spät, um Waffeln zu backen. Da mußt du bis nächsten Samstag warten."
Sharon schaltete die Kaffeemaschine aus. "Setz dich schon immer an den Tisch", bat sie und schenkte Milch für ihre Tochter ein.
Es wurde neun, es wurde halb zehn. Beunruhigt blickte die junge Frau zur Uhr. Auch sie hatte längst mit dem Frühstück b egonnen. Edward Brown gehörte nicht zu den Männern, die sich verspäteten. Gewöhnlich war er überpünktlich. Aber vielleicht war er in einen Verkehrsstau geraten. Dennoch...
"Wo bleibt denn Onkel Edward?" fragte Julie.
"Ich weiß es nicht." Sharon blickte erneut zur Uhr. Sie trank einen Schluck Kaffee. "Ich werde mal bei ihm zu Hause anrufen", entschloß sie sich. "Iß schön auf, Julie."
"Ja, Mommy."
Sie ging ins Wohnzimmer und wählte Edwards Nummer. Bereits nach dem dritten Klingelton meldete sich seine Haushälterin. "Oh, Sie sind es, Mistreß Miles", bemerkte sie mit seltsam klingender Stimme.
"Mister Brown wollte um neun Uhr bei mir sein", sagte Sh aron. "Ist er noch zu Hause, Mistreß Stone?"
"Nein." Die Stimme der Haushälterin war kaum mehr als ein Flüstern. "Einen Moment bitte."
Die junge Frau spürte, daß etwas Furchtbares passiert sein mußte. Angst griff mit eiserner Faust nach ihrem Herzen. "Mistreß Stone!" rief sie in den Hörer. "Mistreß Stone..."
"Inspektor Harper", meldete sich eine dunkle Sti mme.
"Inspektor?" Sharon fiel es schwer durchzuatmen. "Was ist denn passiert? Hatte Mister Brown einen U nfall?"
"Es tut mir leid, Mistreß Miles", erwiderte Inspektor Harper, "aber Ihr Arbeitgeber ist tot. Er wurde heute morgen auf einem Parkplatz in der Nähe des Hyde Parks gefunden."
"Tot? Hatte er einen Herzanfall?" Noch während sie diese Frage stellte, wurde sich Sharon bewußt, daß Edward nie etwas an seinem Herzen gehabt hatte. "So antworten Sie mir doch. Was ist passiert? Was...?"
"Nein, Mister Brown hatte keinen Herzanfall", erwiderte der Inspektor. "Soweit wir inzwischen herausgefunden haben, hat Mister Brown gestern kurz nach Mitternacht Selbstmord verübt. Er hat sich am Steuer seines Wagens erschossen."
5. Kapitel
Die nächsten Wochen erlebte Sharon wie in Trance. Sie konnte und sie wollte nicht glauben, daß ihr Chef Selbstmord verübt ha tte, auch wenn alles dafür sprach. Was für einen Grund hätte Edward gehabt, sich das Leben zu nehmen? Hatte er nicht von einer gemeinsamen Zukunft mit ihr und Julie geträumt? Hatte er ihr nicht noch am Abend seines Todes einen Heiratsantrag gemacht?
Wieder und wieder ließ sich die junge Frau jedes einzelne Wort, das Edward an jenem Abend zu ihr gesagt hatte, durch den Kopf gehen. Nichts hatte darauf hingedeutet, daß er sich das L eben nehmen wollte. Er hatte auch keine geschäftlichen Sorgen gehabt. Sein Modehaus hatte von Jahr zu Jahr mehr Gewinn abgeworfen. Modelle, die bei ihm kreiert
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