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Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug

Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug

Titel: Die Verlorenen - Die Soldaten in Napoleons Russlandfeldzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckart Klessmann
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Bauern, mit Flinten, Sensen und Äxten bewaffnet, zurück und forderte von Kurz auf, alles Beschlagnahmte abzuladen. Erst dann würden sie ihnen freien Abzug gewähren. Worauf die Württemberger als Nachhut ihres gen Maliaty rollenden Konvois drohten, das Feuer zu eröffnen, während Leutnant Kurz über einen Dolmetscher an das Mitgefühl des Landedelmanns appellierte: daß er bei seinem Entschluß bliebe, denn »500 Kranke, die mit dem Hunger kämpften«, könnten damit gerettet werden. Nachdem Kurz’ jüdischer Begleiter das Gesagte auch noch bekräftigte, zog der polnische Adlige, »wahrscheinlich im Innern erschüttert über die bedeutungsvolle Bestimmung seines Roggens, Weizens, seiner Hühner und Gänse«, mit seinem Trupp wieder ab. Allerdings ließ er das Kommando verfolgen, vermutlich, so Kurz, »um die Wahrheit der Aussage durch den Weg, den wir nahmen, zu erproben. Diese begleiteten uns bis an das Städtchen Maliaty, wahrscheinlich, um ihrem Herrn weiteren Bericht zu erstatten.« Nach acht Stunden war das Kommando zurück. Der Jubel »der auf den Straßen umherschleichenden Hungernden« war grenzenlos.
    Christian Wilhelm von Faber du Faur: In der Gegend von Kozuscina, den 11. Juli 1812, nachts 10 Uhr. – Ein portugiesischer Infanterist mit einem Grenadier und einem Füsilier der französischen Linien-Infanterie kehren, beladen mit Lebensmittteln und drei angebundenen Ziegen, vom Requirieren zurück. Sie sitzen auf kleinen russischen Landpferden, da die eigenen Pferde längst an Futtermangel zugrunde gegangen sind.
    Als die Württemberger am 24. Juli Polozk an der Düna erreichten, inspizierten die Soldaten das Kloster. »Leider war darin ein großer Vorrat Branntwein vorhanden«, vermerkt das Tagebuch von Christian von Martens, »und ehe wir imstande waren, diesen gehörig zu verteilen, fielen unsere Soldaten, in der Meinung, sich für die bisherigen Entbehrungen nun zu entschädigen, wie Wahnsinnige darüber her, und viele berauschten sich so, daß sie nicht mehr von der Stelle konnten, einige es sogar mit dem Leben bezahlen mußten.« Der Katzenjammer kam tags darauf: »Durch tiefe Schluchten, steile Abhänge und Sümpfe ging der folgende sehr ermüdende Marsch; dabei äußerte das übermäßig genossene geistige Getränk seine Wirkung auf die traurigste Weise; viele Soldaten fielen um und vermochten nicht weiterzukommen. Der sehr verstimmte Hauptmann konnte dieses Unwesen nicht mit ansehen, er ritt an der Spitze der Kompanie und überließ es mir, für die Zurückbleibenden Sorge zu tragen; Hilfsmittel waren aber keine vorhanden, um sie weiterzubringen; mehrere erreichten das Lager vor Tagesanbruch, viele trafen erst in den folgenden Tagen beim Regimente ein, und einige mußten diese Ausschweifung mit dem Leben bezahlen.« Mit diesem Jesuitenkloster, dessen Patres Franzosen waren, traf Marcellin de Marbot anschließend eine Vereinbarung: Er ließ sie unter seinem Schutz Korn anbauen, wofür er das Getreide lieferte und die Patres im Gegenzug den Branntwein für sein Regiment.
    Christian Wilhelm von Faber du Faur: In Ljosna, den 9. August 1812. – Rechts beobachtet ein französischer Grenadier eine jüdische Familie in ihrer charakteristischen Kleidung. Im Hintergrund stehen französische Soldaten.
    Die schon früh einsetzende Demoralisierung der Grande Armée führte zu einer immer größer werdenden Zahl von Nachzüglern und Deserteuren, aus denen sich schließlich ganze Banden von Marodeuren rekrutierten. Nachdem immer mehr Plünderungen in den eroberten Städten (sofern sie die Russen nicht niedergebrannt hatten) bekannt geworden waren, befahl Napoleon hartes Durchgreifen. So berichtet der erst 14 Jahre alte Carl Schehl, Trompeter im 2. französischen Carabinier-Regiment (2. Kavallerie-Korps, 4. Kürassier-Division), erschüttert von einem ausgeraubten Schloß in der Nähe von Wilna: »Da sah ich die schönsten Roggen- und Weizenvorräte mutwilligerweise in den Sand gestreut, den Weinfässern die Böden ausgeschlagen, sämtliche Scheiben zertrümmert, die kostbarsten venezianischen Spiegel und dasherrlichste chinesische Porzellan in tausend Scherben über die prachtvollsten Smyrnaer Fußteppiche zerstreut und die letzteren noch dazu von unzähligen Säbelhieben durchlöchert, das seidene Bettzeug zerschnitten und die Federn in den Wind gestreut, überhaupt, alle Mobilien mit vandalischer Rohheit und mit der raffiniertesten Bosheit ganz nutzlos zerstört. Ich staunte diese Verwüstung an und konnte

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