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Die Verlorenen von New York

Die Verlorenen von New York

Titel: Die Verlorenen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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jemanden zu finden, der etwas weiß.«
    Alex nickte.
    »Auf welche Schule gehst du eigentlich?«, fragte Pater Franco.
    »Vincent de Paul«, antwortete Alex. Er hatte Mühe, sich daran zu erinnern, wie die Schule aussah.
    »Alle Achtung«, sagte Pater Franco. »Mich wollten sie damals nicht haben. Und nächstes Jahr machst du deinen Abschluss?«
    »Ja, Pater.«
    »Deine Eltern sind sicher sehr stolz auf dich«, sagte Pater Franco, dann lauschte er wieder in den Hörer. »Ja, genau, Milagro del Mar, an der Nordküste. Aha, verstehe. Alles klar. Ja. Vielen Dank. Ich danke Ihnen sehr.«
    »Und? Wie schlimm sieht’s aus?«, fragte Alex und versuchte, es wie einen Scherz klingen zu lassen.
    »Schwer zu sagen«, antwortete Pater Franco. »Die Informationen sind sehr bruchstückhaft. Soweit bekannt, wurde die gesamte Küstenregion von Puerto Rico stark in Mitleidenschaft gezogen.« Er zögerte. »Sehr stark. Vollkommen verwüstet. Von Milagro del Mar hat mein Gesprächspartner zwar nichts gehört, aber die Lage ist an der gesamten Küste äußerst kritisch. Ein Großteil der Infrastruktur wurde zerstört, deshalb kommen auch kaum Meldungen raus. Es tut mir leid. Ich wünschte, ich könnte dir Genaueres sagen, aber ich weiß nicht, wie ich das in Erfahrung bringen sollte.«
    »Kann denn jemand sagen, wann sich die Lage wieder normalisieren wird?«, fragte Alex. »Ich meine, wann das Telefonnetz wieder funktioniert und die Flugzeuge wieder starten können?«
    Pater Franco schüttelte den Kopf. »Wir müssen Christus um Gnade bitten«, sagte er. »Ich weiß mir auch keinen anderen Rat.«
    Alex stand auf und versuchte zu lächeln. »Ich danke Ihnen«, sagte er.
    »Ich werde für dich und deine Familie beten«, sagte Pater Franco. »Und lass mich wissen, wenn du etwas von deinen Eltern hörst.«
    »Mach ich«, sagte Alex und verließ das Büro. Im Vorzimmer warteten nun schon zehn Leute, jeder mit seinem eigenen Albtraum im Gepäck. Alex ging am Schwarzen Brett vorbei, aber dort gab es nichts Neues, nur weitere Namen auf der Liste der Toten und Vermissten. Er versuchte, für ihre Seelen zu beten, aber die Worte hatten jeden Sinn für ihn verloren.

 
    DREI
    Dienstag, 24 . Mai
    Als Alex an diesem Morgen zur Schule kam, fand er einen Zettel an der Eingangstür, auf dem stand, die Schüler sollten sich in der Kapelle einfinden. Alex folgte den anderen ins Gebäude. Es tat gut, wieder hier zu sein. Vorher hatte er Bri und Julie noch zur Holy Angels High School begleitet – für alle Fälle. Die menschenleeren Straßen von New York kamen ihm irgendwie bedrohlich vor.
    Alex ging zu den Bänken, die für seinen Jahrgang reserviert waren. Eigentlich durfte in der Kapelle nicht gesprochen werden, aber heute war trotzdem ein unterschwelliges Raunen zu hören. Chris Flynn saß zwischen seinen Freunden Tony Loretto und Kevin Daley und winkte ihn heran, aber Alex schüttelte den Kopf und setzte sich ein bisschen abseits. Normalerweise hätte er sich zu ihnen gesetzt, aber er fühlte sich noch nicht in der Lage, einen Schwatz über die Ereignisse der letzten fünf Tage zu halten.
    Er schaute sich in der Kapelle um und stellte fest, dass mehr Plätze frei geblieben waren als sonst. Nicht wesentlich mehr, aber doch eine beträchtliche Zahl. Außerdem war keiner ihrer drei Priester zu sehen. Auch einige andere Lehrer fehlten, aber vielleicht waren die einfach nicht zur Messe erschienen, das kam schon mal vor. Aber die Priester hätten eigentlich hier sein müssen.
    Das unerlaubte Gemurmel schwoll an, als nun auch die übrigen Schüler ihr Fehlen bemerkten. Viele machten besorgte, manche sogar ängstliche Gesichter. Ein paar Siebtklässler fingen an zu schluchzen, als würde ihnen erst jetzt klar, dass etwas Schlimmes passiert war. Alex spürte einen altbekannten Groll in sich aufsteigen, den er sonst immer zu unterdrücken suchte, doch an diesem Morgen war ihm das vertraute Gefühl fast schon willkommen. Diese reichen Muttersöhnchen, dachte er. Was wussten die schon von verschwundenen Eltern, hilflosen Schwestern und Taschenlampen für dreißig Dollar? Die wurden von ihren Muttis und Kinderfrauen und Hausmädchen in Watte gepackt. Die Kinderfrauen und Hausmädchen würden allerdings auch davon wissen, da war sich Alex sicher.
    »Ich bitte um Ruhe!«
    Das Gemurmel brach ab. Das war die Stimme der Autorität. Vor ihnen stand ein älterer Priester, groß, hager und kerzengrade, mit schütterem weißen Haar, buschigen schwarzen Augenbrauen und

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