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Die Verlorenen

Die Verlorenen

Titel: Die Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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gesichert hatte.
    Lilith las den Artikel.
    Und tat es noch einmal.
    Die Schlagzeile war - wie bei solcher Größe meist der Fall - übertrieben. Der Artikel berichtete von einer marodierenden Bande von etwa fünfzig Gestalten, die über einen Vorort von New Orleans hergefallen und ein Massaker unter der Bevölkerung angerichtet hatten. Erste Spekulationen gingen in Richtung Satanssekte oder Rockerbande, die einem Blutrausch verfallen waren. Kein Wort über Vampire. Natürlich nicht.
    Doch etwas, das nicht ausdrücklich in dem Artikel stand, machte Lilith stutzig.
    Sie konnte es selbst für sich nicht in Worte fassen. Aber was da an »Fakten« in der Zeitung stand, klang nicht nach dem, was Lilith bislang mit der Raserei der Alten Rasse erlebt hatte. Daß die Mörder von zitierten Augenzeugen als »stinkende Kreaturen«, die angeblich aussahen, als hätten sie »hundert Jahre im Sumpf gelegen« beschrieben wurden, war noch das Offensichtlichste, worüber Liliths rasende Gedanken stolperten.
    Wohin die Meute sich nach vollbrachten Untaten zurückgezogen hatte, wußte niemand. Einzelne wollten zwar gesehen haben, daß die »Killer« sich in Richtung Süden abgesetzt haben, aber dort gab es »nichts außer Sümpfen, nichts, wo man sich verstecken könnte«, hieß es in dem Bericht.
    Die örtliche Polizei sei überfordert gewesen, hatte ein anderer Schreiber in einem eilends hingeschmierten Kommentar angemerkt. Und er machte keinen Hehl daraus, daß er dies hauptsächlich auf die bevorstehenden Festivitäten zurückführte, zu deren Sicherung die meisten Einsatzkräfte bereits am Vorabend zusammengezogen worden waren. Pathetisch verlieh er seiner Hoffnung Ausdruck, »daß sich die Cops bis zur Rückkehr der >mörderischen Horde< darauf eingestellt hätten, denn >sonst gnade uns Gott!<«
    Lilith lächelte bitter ob dieses Schlußsatzes.
    Doch das Lächeln gerann ihr auf den Lippen, als sie die gelesenen Worte mit dem in Zusammenhang brachte, was Patsy Keenlan vorhin erzählt hatte.
    Um den Mardi Gras zu feiern, kommen rund zweihunderttausend Touristen aus aller Welt nach New Orleans ...
    Der Tisch war reich gedeckt für jene, die blutig zu speisen bevorzugten.
    Und der Begriff vom »fetten Dienstag« bekam für Lilith binnen einer Sekunde eine neue, schreckliche Bedeutung .
    *
    Wenige Stunden zuvor
    Die erste Blutnacht von New Orleans ging zu Ende.
    Die Dienerkreaturen zogen sich dorthin zurück, woher sie gekommen waren - in das morastige Bett des Sumpfes.
    Ihre Bewegungen wirkten hölzern, als bereitete ihnen jeder Schritt größere Mühe als der vorherige. Der Schlamm, der die Körper der Kreaturen umschloß wie eine zweite Haut, war grau geworden im Laufe der Nacht, platzte nun an vielen Stellen ab, wurde zu Staub -und gab rohes, totes Fleisch den Blicken preis. Darunter schimmerte das Grau längst morscher Knochen.
    »Warum tun sie das?« fragte Levar.
    Zefrem hörte die Worte des Jungen nicht. In seinem Schädel tobte ein Sturm, der all das, was er in dieser einen Nacht mitangesehen hatte, durcheinanderwirbelte. Splitter furchtbarer Bilder fügten sich zu neuen zusammen, eines grausamer als das andere.
    Zefrem wußte, daß er eigentlich Gefallen an jedem einzelnen hätte finden müssen.
    Wäre er so gewesen wie die anderen .
    Doch er war es nicht. Und wollte es nie werden!
    Er hatte jenes zweite Leben, das ihm vor weit über hundert Jahren aufgezwungen worden war, zu leben gelernt - auf seine ganz eigene Weise. Er hatte sich mit den Gegebenheiten arrangiert, auf eine Art, die er für angemessen hielt. Und es war gut so.
    Nichts sollte sich daran ändern.
    Er würde nicht mordend und Blut saufend durch Städte ziehen.
    Jene, die den Sümpfen entstiegen waren, unterschieden sich in ihrer Art und Gesinnung kaum von den Unmenschen, unter denen sein Volk damals zu leiden gehabt hatte ...
    Zefrem würde sich nicht mit ihnen auf eine Stufe stellen.
    Er hatte die Shaugnessys gesehen heute nacht. Sie mußten damals von den Männern in die Sümpfe getrieben worden sein, bevor er selbst vom Tode auferstanden war.
    Damals .
    Damals hatte die Familie ihn aufgenommen, und Zefrem hatte diese Leute für die besten Menschen gehalten, denen er je begegnet war. Was hatte »der Herr« aus ihnen gemacht, was hatte er ihnen angetan?
    Der Vampir hatte sie zu Mördern gemacht. Zefrem hatte gesehen, wie sie - Eltern und Kinder! - in eine Vorortkneipe eingedrungen waren, in der das Leben brodelte. Die Shaugnessys - oder vielmehr das, was in

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