Die Vermessung des Körpers
Kernreaktionen in den Sternen keine schwereren Elemente hervorgebracht hätten.
Bei all diesen Kräften, die während einer Achterbahnfahrt auf Sie einwirken, ist es kein Wunder, dass Sie sich beim Aussteigen ein bisschen unsicher und schwindelig fühlen. Aber fühlen Sie sich auch jugendlicher? Tatsächlich sind Sie durch die Fahrt einen Sekundenbruchteil jünger, als Sie es sonst wären.
Reisen durch die Zeit
Nehmen wir ein extremeres Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie meldeten sich als Freiwilliger für einen Weltraumflug in einem neu entworfenen Raumschiff, das mit 99 Prozent Lichtgeschwindigkeit fliegen könnte. Das ist – mit 297 000 Kilometern pro Sekunde – eine sehr beachtliche Geschwindigkeit, aber schließlich handelt es sich ja um einen imaginären Flug. Sie starten also zu Ihrem Rundflug ins All, der etwa zwei Jahre und neun Monate dauern wird.
Wenn Sie wieder zurückkommen, erwartet Sie eine böse Überraschung. Während Sie weg waren, sind auf der Erde 20 Jahre vergangen. All Ihre Freunde und Verwandten sind nun 20 Jahre älter. Bedenken Sie nur einmal, was sich in den letzten 20 Jahren alles auf der Welt ereignet hat, und stellen Sie sich vor, Sie hätten das Ganze verpasst. Durch Ihre Reise sind Sie – neben der eigentlichen Reisedauer – über 17 Jahre in die Zukunft gereist.
Sowohl die Zeitreise per Weltraumflug als auch die winzige Verlangsamung des Alterungsprozesses durch die Achterbahnfahrt lassen sich mit ein und derselben Theorie erklären – Einsteins spezieller Relativitätstheorie, die zu den revolutionärsten wissenschaftlichen Denkgebäuden des 20. Jahrhunderts gehört. Einstein erkannte, dass dem Licht eine Sonderrolle zukommt: Es kann sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit – etwa 300 000 Kilometer pro Sekunde – nur in einem Vakuum fortbewegen.
Dies liegt daran, dass Licht eine besondere Interaktion zwischen Elektrizität und Elektromagnetismus darstellt. Bewegen Sie eine Elektrizitätsquelle, entsteht Magnetismus. Bewegen Sie einen Magneten, dann erzeugt dieser Elektrizität. Gelingt es Ihnen, eines von beiden auf die exakt richtige Geschwindigkeit zu bringen – die Lichtgeschwindigkeit –, dann erzeugt Elektrizität Magnetismus und Magnetismus wieder Elektrizität und so weiter. Ein dahinfliegendes Photon erzeugt sich dabei also konstant selbst. Dieser Vorgang kann jedoch nur bei exakter Geschwindigkeit stattfinden. Verlangsamt sich diese, funktioniert das Ganze nicht mehr.
Alles andere hat eine Geschwindigkeit, die sich in Abhängigkeit dazu verändert, wie man sich in Relation zu diesem anderen bewegt – von der Warteschlange aus betrachtet, schießt der Achterbahnwagen mit 80 Stundenkilometern vorbei, aber an Bord des Vehikels bewegt sich dieses im Verhältnis zu Ihrem Körper nicht (abgesehen von der Rüttelei). Stattdessen rast die Umgebung vorüber. In der Regel ist alle Bewegung relativ. Wenn zwei Autos mit jeweils 60 Stundenkilometern frontal zusammenprallen, ergibt sich daraus ein Crash mit 120 Stundenkilometern. Das Licht hingegen verhält sich anders. Es ist egal, wie man sich in Relation dazu bewegt; es hat immer dieselbe Geschwindigkeit.
Das Licht wird relativ
Als Einstein die fixe Lichtgeschwindigkeit in die seit Newtons Tagen gültigen Bewegungsgesetze einfügte, änderte das alles. Feste Werte wie die Masse eines Objekts oder das Tempo des Zeitflusses, die einst als unveränderlich gegolten hatten, mussten nun weichen. Wenn Sie sich immer schneller bewegen, verlangsamt sich die Zeit, Ihre Masse nimmt zu, und Ihre Länge nimmt in Bewegungsrichtung ab. Das ist die spezielle Relativitätstheorie, angewendet auf die Realität.
Die spezielle Relativitätstheorie besagt außerdem, dass eine Überschreitung der Lichtgeschwindigkeit unter normalen Umständen nicht möglich ist. Die Zeit vergeht immer langsamer, bis sie bei Lichtgeschwindigkeit zum Stillstand gelangt. Wäre es möglich, sich schneller zu bewegen, könnte man rückwärts in der Zeit reisen. Trotz dieser scheinbaren Grenze gibt es Wege, die Barriere der Lichtgeschwindigkeit zu umgehen.
Die einfachste Art, etwas schneller als das Licht zu bewegen (womit man allerdings keine Zeitreisen unternehmen kann), findet in diesem Augenblick in jedem wassergekühlten Atomreaktor der Welt statt. Das Wasser, das den Reaktor umgibt, ist von einem herrlichen blauen Licht erleuchtet. Dieser Schein wird durch Elektronen erzeugt, die sich schneller als das Licht bewegen.
Wie bereits erwähnt (siehe S. 93),
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