Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)
Das Beste, was Naturwissenschaftler in den meisten Fällen tun können, ist, Untersuchungen für eine Population zu entwerfen, die jeder Einzelperson, der sie das Medikament geben, so ähnlich wie möglich ist. Tatsächlich entwerfen die Ärzte jedoch die Untersuchungen nicht selbst, so dass die Ähnlichkeit zu ihrem Patienten von ihnen nur schwer garantiert werden kann.
Die Ärzte würden stattdessen vielleicht gerne versuchen, schon vorhandene Untersuchungen zu nutzen, zu denen niemand einen sorgfältig entworfenen Test gemacht hat, sondern deren Ergebnisse einfach auf Beobachtungen vorhandener Populationen beruhten, wie z.B. der Mitglieder einer Krankenkasse. Sie wären dann mit der Herausforderung konfrontiert, die richtige Interpretation zu finden. Bei solchen Untersuchungen kann es schwierig sein, sicherzustellen, dass die entsprechende Messung eine Kausalitätsbeziehung und nicht nur Assoziation oder Korrelation feststellt. Beispielsweise könnte jemand fälschlicherweise schließen, dass gelbe Finger Lungenkrebs verursachen, weil er bemerkt hat, dass viele Patienten mit Lungenkrebs gelbe Finger haben.
Daher ziehen Wissenschaftler Untersuchungen vor, bei denen die Behandlung oder Nichtbehandlung zufällig zugewiesen wird. Beispielsweise wird eine Untersuchung, bei der die Probanden anhand eines Münzwurfs ein Medikament einnehmen, weniger von der Stichprobe abhängen, da es nur auf das zufällige Resultat des Münzwurfs ankommt, ob ein Patient eine Behandlung erhält oder nicht. Ebenso könnte eine randomisierte Untersuchung im Prinzip Aufschluss über die Beziehungen zwischen Rauchen, Lungenkrebs und gelben Fingern geben. Wenn man die Mitglieder einer Gruppe zufällig Rauchern und Nichtrauchern zuordnete, würde man feststellen, dass das Rauchen zumindest ein grundlegender Faktor ist, der bei den Patienten, die Sie beobachtet haben, sowohl für gelbe Finger als auch für Lungenkrebs verantwortlich ist, und zwar unabhängig davon, ob das eine die Ursache für das andere war. Natürlich wäre eine solche Untersuchung unmoralisch.
Wann immer es möglich ist, wollen Naturwissenschaftler ihre Systeme so weit wie möglich vereinfachen, um die besonderen Phänomene zu isolieren, die sie untersuchen wollen. Die Wahl einer wohlbestimmten Stichprobe und eine geeignete Kontrollgruppe sind sowohl für die Präzision als auch für die Genauigkeit des Ergebnisses wesentlich. Bei etwas so Kompliziertem wie der Wirkung eines Medikaments auf die menschliche Biologie haben wir es mit vielen Faktoren gleichzeitig zu tun. Die entscheidende Frage ist dann, wie zuverlässig die Ergebnisse sein müssen.
Das Ziel von Messungen
Messungen sind nie perfekt. In der naturwissenschaftlichen Forschung – wie bei jeder anderen Entscheidung auch – müssen wir einen annehmbaren Grad von Unsicherheit festlegen. Das ermöglicht uns, voranzukommen. Wenn Sie beispielsweise ein Medikament einnehmen, von dem Sie sich erhoffen, dass es Ihre quälenden Kopfschmerzen lindert, könnten Sie es auch dann ausprobieren, wenn es der allgemeinen Bevölkerung nur in 75 Prozent der Fälle erheblich hilft (solange die Nebeneffekte minimal sind). Wenn andererseits eine Änderung der Ernährungsweise Ihre bereits niedrige Wahrscheinlichkeit einer Herzkrankheit nur um 2 Prozent Ihres vorhandenen Risikos reduziert und diese z.B. von fünf auf 4,9 Prozent senkt, brauchen Sie sich vielleicht darüber nicht solche Sorgen zu machen, dass Sie zur Überzeugung gelangen, Sie sollten auf Ihren Lieblingssahnekuchen verzichten.
In der Politik können Entscheidungsschwellen sogar noch undeutlicher sein. Die öffentliche Meinung bewegt sich gewöhnlich in einer Grauzone, in der wir Menschen nicht notwendigerweise darin übereinstimmen, wie genau wir etwas wissen sollten, bevor wir Gesetze ändern oder Beschränkungen auferlegen. Viele Faktoren verkomplizieren die notwendigen Berechnungen. Wie im vorangehenden Kapitel besprochen, wird ein zuverlässiger Erfolg von Kosten-Nutzen-Analysen durch eine Mehrdeutigkeit der Ziele und Methoden offenkundig erschwert, wenn nicht gar unmöglich.
Der New-York-Times -Autor Nicholas Kristof schrieb Folgendes, als er für mehr Vorsicht im Umgang mit potentiell gefährlichen chemischen Stoffen (BPA) in Nahrungsmitteln oder Verpackungen argumentierte: »Untersuchungen von BPA haben schon seit Jahrzehnten die Alarmglocken schrillen lassen, und die Belege sind komplex und strittig. So ist das Leben: In der wirklichen Welt müssen
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