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Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)

Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)

Titel: Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LISA RANDALL
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mit der sich ihre Sterne auf Umlaufbahnen bewegen, werden davon beeinflusst, wie viel Materie sie enthält. Wenn nur sichtbare Materie vorhanden wäre, würde man erwarten, dass diejenigen Sterne, die von der Galaxie weit entfernt sind, sich gegenüber dem Gravitationseinfluss der Galaxie ziemlich unempfindlich verhalten. Doch Sterne, die zehnmal weiter entfernt sind als die leuchtende zentrale Materie, rotierten mit derselben Geschwindigkeit wie Sterne, die sich näher am Zentrum der Galaxie befinden. Das implizierte, dass die Massendichte mit der Entfernung nicht abfiel, zumindest bis zu Entfernungen, die so weit weg vom Zentrum der Galaxie sind wie zehnmal die Entfernung der leuchtenden Materie. Die Astronomen gelangten zu dem Schluss, dass Galaxien in erster Linie aus unsichtbarer dunkler Materie bestehen. Die leuchtende Materie, die wir sehen, macht zwar einen bedeutenden Bruchteil aus, aber der größte Teil der Galaxie ist unsichtbar, zumindest im gewöhnlichen Sinne dieses Begriffs.
    Wir verfügen nun über eine Menge weiterer ergänzender Belege für die Existenz dunkler Materie. Einige der direktesten stammen aus Linseneffekten, die in Abbildung 75 dargestellt sind. Ein Linseneffekt ist das Phänomen, das sich ergibt, wenn Licht sich an einem massiven Objekt vorbeibewegt. Auch wenn dieses Objekt selbst kein Licht ausstrahlt, übt es doch eine Gravitationskraft aus. Und diese Gravitationskraft kann Licht, das von einem nichtdunklen Objekt dahinter (von unserem Standpunkt aus gesehen) ausgestrahlt wird, krümmen. Da das Licht sich je nach dem Weg, den es um das dunkle Objekt herum nimmt, in verschiedene Richtungen krümmt, und da wir für das Licht automatisch gerade Linien projizieren, kann dieser Linseneffekt mehrere Bilder des ursprünglichen hellen Objekts am Himmel erzeugen. Diese mehrfachen Bilder gestatten uns, das dunkle Objekt zu »sehen« – oder zumindest seine Existenz und Eigenschaften dadurch zu erschließen, dass wir die Gravitationskraft ableiten, die zur Krümmung des beobachteten Lichts nötig ist.

Abb. 75: Licht, das sich an einem massiven Objekt vorbeibewegt, kann gekrümmt werden, was aus der Perspektive des Beobachters mehrere Bilder des ursprünglichen Objekts zu erzeugen scheint.
    Die bislang vielleicht stärksten Belege dafür, dass dunkle Materie, und nicht eine modifizierte Gravitationstheorie, solche Phänomene erklärt, stammen vom Geschosshaufen (Bullet cluster), an dem zwei aufeinanderprallende Galaxiecluster beteiligt waren (siehe Abbildung 76). Ihr Zusammenstoß zeigte, dass die Cluster Sterne, Gas und dunkle Materie enthalten. Das heiße Gas im Cluster übt eine starke Wechselwirkung aus – die so stark ist, dass das Gas in der zentralen Region des Zusammenstoßes konzentriert bleibt. Dunkle Materie übt andererseits keine Wechselwirkung aus – zumindest keine große. Die dunkle Materie ging also einfach hindurch. Messungen von Linseneffekten zeigten, dass die dunkle Materie tatsächlich von dem heißen Gas genauso getrennt wurde, wie es von einem Modell sehr schwach wechselwirkender dunkler Materie und stark wechselwirkender gewöhnlicher Materie impliziert wurde.

Abb. 76: Der Geschosshaufen deutet darauf hin, dass Galaxiecluster dunkle Materie enthalten und dass ihre Dynamik wahrscheinlich nicht von modifizierten Gravitationsgesetzen erklärt wird. Dies lässt sich dadurch erklären, dass wir eine Trennung zwischen der stärker wechselwirkenden Materie, die beim Zusammenstoß zweier Cluster in der Mitte eingefangen wird, und der weitaus schwächer wechselwirkenden dunklen Materie sehen können, die durch Gravitationslinseneffekte festgestellt wird und sich offensichtlich hindurchbewegt.
    Weitere Belege für die Existenz dunkler Materie haben wir anhand der zuvor besprochenen kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung. Im Unterschied zu den Linseneffekten sagen uns die Strahlungsmessungen nichts über die Verteilung dunkler Materie. Stattdessen geben sie uns Auskunft über den Nettoenergiegehalt dunkler Materie – wie groß das Stück der kosmischen Torte ist, das von der Energie ausgemacht wird, welche dieses Stück trägt.
    CMB-Messungen sagen uns eine Menge über das frühe Universum und geben uns detaillierte Informationen über seine Eigenschaften. Diese Messungen sprechen nicht nur für dunkle Materie. Sie stützen auch die Existenz dunkler Energie. Einsteins Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie zufolge könnte das Universum nur dann flach sein,

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