Die Vermessung des Universums: Wie die Physik von morgen den letzten Geheimnissen auf der Spur ist (German Edition)

herausfinden können, oder trauen Sie das zumindest Ihren Mitmenschen zu? Menschen wollen Antworten und eine Orientierung, welche die Wissenschaft noch nicht geben kann.
    Trotzdem hat uns die Wissenschaft viel darüber gesagt, woraus das Universum besteht und wie es funktioniert. Wenn man alles zusammennimmt, was wir wissen, passt das Bild, das Naturwissenschaftler im Laufe der Zeit abgeleitet haben, auf wunderbare Weise zusammen. Naturwissenschaftliche Ideen führen zu richtigen Vorhersagen. Daher vertrauen einige von uns auf die Autorität der Naturwissenschaft, und viele empfinden Anerkennung für ihre bemerkenswerten Lektionen über die Jahrhunderte hinweg.
    Wir gehen ständig über die menschliche Intuition hinaus, wenn wir Gebiete erforschen, zu denen wir keinen unmittelbaren Zugang haben, und wir müssen noch Entdeckungen machen, die die zentrale Rolle des Menschen in unserem Weltbild zurückbringen. Die kopernikanische Revolution wiederholt sich ständig in dem Maße, in dem wir uns dessen bewusst werden, dass wir nur eines von vielen Dingen einer zufälligen Größe an einem zufälligen Ort in einem anscheinend – vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen – zufällig operierenden Universum sind.
    Die Neugier der Menschen und die Fähigkeit, Fortschritte im Hinblick auf die Befriedigung dieses Hungers nach Informationen zu machen, lassen die Menschheit als etwas ganz Besonderes erscheinen. Wir sind diejenige Spezies, die ausgerüstet ist, um Fragen zu stellen und systematisch Entdeckungen zu machen, um die Antworten zu finden. Wir fragen, wir interagieren, wir kommunizieren miteinander, wir entwerfen Hypothesen, wir machen Abstraktionen, und bei all diesen Dingen haben wir am Ende eine umfassendere Sicht des Universums und des Ortes, den wir in ihm einnehmen.
    Das bedeutet nicht, dass die Naturwissenschaft notwendig alle Fragen beantworten wird. Menschen, die annehmen, dass die Naturwissenschaft alle menschlichen Probleme lösen wird, sind wahrscheinlich genauso auf dem Holzweg. Aber es bedeutet, dass die Verfolgung der Naturwissenschaft ein lohnendes Unternehmen war und auch weiterhin sein wird. Wir kennen noch nicht alle Antworten. Aber Menschen mit einer naturwissenschaftlichen Meinung versuchen sie dem Universum zu entlocken – ob sie nun gläubig sind oder nicht. Teil II legt dar, was sie bisher gefunden haben und was sich jetzt am Horizont abzeichnet.

Teil II
    Die Vermessung der Materie
    Kapitel 5
    Die magische Entdeckungsreise
    Obwohl der antike griechische Philosoph Demokrit auf der richtigen Spur gewesen sein mag, als er vor 2500 Jahren die Existenz von Atomen postulierte, so konnte doch niemand genau erraten haben, als was sich die wirklichen elementaren Bestandteile der Materie herausstellen würden. Einige der physikalischen Theorien, die auf kleinen Skalen gelten, sind so kontraintuitiv, dass selbst die kreativsten und aufgeschlossensten Menschen sie nie entworfen haben würden, wenn Experimente die Naturwissenschaftler nicht dazu gezwungen hätten, ihre neuen und verwirrenden Grundannahmen zu akzeptieren. Sobald Naturwissenschaftler im letzten Jahrhundert über die Technologie verfügten, mit ihren Experimenten in den Größenbereich von Atomen vorzudringen, stellten sie fest, dass die innere Struktur der Materie immer und immer wieder den Erwartungen trotzte. Die Einzelteile passen auf eine Weise zusammen, die weitaus magischer ist als alles, was wir jemals auf einer Bühne zu sehen bekommen.
    Jeder Mensch wird Schwierigkeiten haben, sich eine genaue Vorstellung dessen zu machen, was in den winzigen Größenbereichen vor sich geht, die die Elementarteilchenphysiker heute erforschen. Die elementaren Bestandteile, die zusammen das bilden, was wir als Materie bezeichnen, unterscheiden sich völlig von dem, wozu wir einen unmittelbaren Zugang durch unsere Sinne haben. Diese Bestandteile verhalten sich gemäß fremdartiger physikalischer Gesetze. Je kleiner die betrachteten Skalen werden, desto mehr scheint die Materie durch Eigenschaften beherrscht zu werden, die so anders sind, dass sie zu völlig anderen Universen zu gehören scheinen.
    Ein Großteil der Verwirrung bei dem Versuch, diese sonderbare innere Struktur zu verstehen, ergibt sich aus einem Mangel an Vertrautheit mit der Vielfalt von Phänomenen, die jeweils auf verschiedenen Skalen auftreten, und aus der (unvorstellbaren) Bandbreite an Größenordnungen, für die jeweils unterschiedliche Theorien gelten. Wir müssen