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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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Na warte, wenn erst dein Vater davon erfährt.«
    Ich trete mit dem Fuß immer wieder gegen das Stuhlbein. Mum sagt ein Wort, das nicht für meine Ohren bestimmt ist. Ich merke es mir, obwohl ich genau weiß, dass ich es nicht wiederholen darf – zumindest nicht in ihrer Gegenwart. Sie geht zurück zum Herd und holt mit raschen und wütenden Bewegungen Pommes aus dem Backofen. Einige rutschen vom Blech und landen auf dem Fußboden, woraufhin sie scheppernd den Löffel fallen lässt. Als sie mir meinen Teller hinstellt, ist er völlig überladen. Zwei fettglänzende Spiegeleier starren mich an, daneben türmt sich ein Berg Pommes wie ein Wurf Mikadostäbchen. Vorsichtig ziehe ich von ganz unten eines heraus und pikse es in ein rundes, zitterndes Ei. Das Eigelb läuft aus und vermischt sich mit dem Ketchup, das ich kringelförmig über den gesamten Teller verteilt habe. Ich warte darauf, dass ich ausgeschimpft werde, weil ich mit meinem Essen spiele, aber Mum lässt mich allein am Tisch zurück, und ich höre sie vor dem Haus nach Charlie rufen. Ich arbeite mich durch den Pommes-Berg, und mein Kaugeräusch kommt mir in der stillen Küche viel zu laut vor. Ich esse so lange, bis mir der Bauch wehtut und mein Kiefer schmerzt. Als Mum wieder hereinkommt, erwarte ich, dass sie verärgert ist, weil ich nicht aufgegessen habe. Aber sie nimmt einfach meinen Teller und kippt die Reste wortlos in den Mülleimer.
    Als ich noch ganz benommen vom vielen Essen am Tisch sitze, geht Mum hinaus in den Flur und ruft meinen Vater an. Ihre Stimme klingt vor Sorge merkwürdig schrill. Das beunruhigt mich, obwohl gar nicht ich es bin, die in Schwierigkeiten steckt.
    Die Zeiger der Küchenuhr wandern einmal herum. Noch immer kein Zeichen von Charlie, und ich bekomme es mit der Angst zu tun. Obwohl ich es gar nicht will und auch nicht richtig weiß, warum, fange ich an zu weinen.

2
    Am Ende dauerte es doch ziemlich lange, bis die Freunde und Helfer der Grafschaft Surrey eintrafen.
    Ich saß mit dem Rücken an den Baum gelehnt und beobachtete, wie das Blau des Himmels allmählich blasser wurde und die Sonne sich dem Horizont näherte. Die Schatten rings um mich her wurden immer länger und verschmolzen miteinander. Unter den Bäumen wurde es langsam dunkel und auch empfindlich kühl. Ich schlang die Arme um die Knie und zog sie eng an mich, um weniger zu frieren. Minütlich schaute ich auf die Uhr, ohne zu wissen, weshalb. Die Dame in der Zentrale hatte nichts darüber gesagt, wie lange es dauern würde, bis die Beamten eintrafen. Aber das war jetzt eigentlich auch egal. Ich hatte ja ohnehin nichts Besseres zu tun.
    Obwohl ich eigentlich nicht glaubte, dass Jennys Mörder noch einmal an diese entlegene Stelle im Wald zurückkehren würde, klopfte mein Herz bei jedem plötzlichen Laut und jeder halb wahrgenommenen Bewegung. Überall waren Geräusche zu hören, die von allerlei winzigem Getier stammten, das sich von meiner Anwesenheit nicht stören ließ und geschäftig umherhuschte. Doch bei jedem Rascheln im trockenen Laub zuckte ich zusammen. Da in diesem Waldstück die Bäume sehr dicht standen, konnte ich nur wenige Meter weit sehen, und es fiel mir schwer, das Kribbeln im Nacken, dieses Jemand-beobachtet-dich-Gefühl zu ignorieren.
    Als in der Ferne endlich Stimmen und das Knacken und Rauschen von Polizeifunkgeräten ertönte, war ich ziemlich erleichtert. Ich stand auf, reckte unter Schmerzen meine steif gewordenen Glieder und rief laut: » Hierher!« Ich schwenkte die Arme über dem Kopf und schaltete die Display-Beleuchtung meines Handys ein, damit sie mich bemerkten. Jetzt konnte ich sie auch sehen, zumindest zwei von ihnen. Sie durchquerten zielstrebig den Wald, wobei ihre Warnwesten in der Dämmerung leuchteten. Es waren zwei Männer, einer untersetzt und in mittlerem Alter, der andere jünger und schlanker. Der Untersetzte ging voraus und war offensichtlich der Chef.
    » Sind Sie Sarah Finch?«, fragte er und kam leicht stolpernd auf mich zu. Ich nickte. Er blieb stehen, stützte atemlos die Hände auf die Knie und fing an, besorgniserregend zu husten. » Ganz schön weit weg von der Straße«, keuchte er, ehe er sich lautstark räusperte und etwas Unsägliches nach links ausspuckte. » So viel Sport kann gar nicht gesund sein.«
    Mit einem Taschentuch wischte er sich den Schweiß von den schlaffen, mit roten Äderchen durchzogenen Wangen. » Ich bin Police Constable Anson, und das ist mein Kollege McAvoy«, stellte er sich und

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