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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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schob es auf und rief: » Chef, wir bekommen eine der Türen nicht auf!«
    » Nicht lockerlassen«, rief Blake zurück.
    Wieder krachte es im Haus. Ich überlegte hin und her; schließlich raffte ich mich auf und steuerte entschlossen quer über die Straße auf Vickers zu.
    » Inspektor«, sprach ich ihn von hinten an, » es gibt da noch etwas, das Sie wissen sollten: Danny hat einen jüngeren Bruder…«
    Während ich das sagte, ertönte aus dem Haus ein Schrei: » Wir brauchen einen Krankenwagen!«
    » Warten Sie hier«, unterbrach mich Vickers und rannte auf den Hauseingang zu. Blake hinterher. Nun stand ich allein auf der Straße, trat von einem Fuß auf den anderen und behielt die Haustür im Blick, um einen Anhaltspunkt zu bekommen, was los war. Wenn Paul etwas zugestoßen ist …, dachte ich und konnte den Satz nicht vollenden.
    Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis die Rettungsmannschaft eintraf und an mir vorbeieilte, angeführt von dem Polizisten, der beim Klang des Martinshorns an der Tür aufgetaucht war. Während sie hineingingen, drängte sich Blake an ihnen vorbei nach draußen und kam auf mich zugelaufen.
    » Du kennst doch den Bruder. Kannst du ihn identifizieren?«
    » Was ist passiert?«, flüsterte ich mit vor Angst zugeschnürter Kehle. » Er ist doch nicht etwa…«
    » Tot? Nein. Jedenfalls noch nicht. Wie sieht er aus?«
    Ich schluckte und überlegte. » Dunkle Haare, braune Augen. Er ist zwölf, wirkt aber älter.«
    » Statur?«, fragte Blake ungeduldig.
    » Er ist stämmig. Na ja, eigentlich regelrecht fettleibig.« Ich kam mir schäbig vor, als ich das sagte.
    Er seufzte. » Ja, das stimmt so ziemlich überein. Zwölf? Lieber Himmel. Wie kann man sich in zwölf Jahren nur so zurichten? Da muss man sich aber ganz schön anstrengen.«
    » Er hat einiges durchgemacht«, erwiderte ich barsch und hatte das Bedürfnis, ihn zu beschützen. » Ich glaube, er mag sich selbst nicht sonderlich.«
    » Sieht ganz so aus. Schließlich hat er gerade versucht, sich das Leben zu nehmen.«
    » Wie denn?«, brachte ich mühsam hervor.
    Einer der uniformierten Männer, die an uns vorbeikamen, warf die Antwort ein: » Hat sich an der Tür aufgehängt, das arme Würstchen. Kein Wunder, dass wir sie nicht aufgekriegt haben.« Er sah Blake an: » Hier, wir wissen jetzt, warum es nicht ging. Er hat nur die Wäscheleine ausgeleiert. Das war so eine mit Plastikmantel, deswegen ist der Knoten verrutscht, den er gemacht hatte. Er war viel zu schwer dafür, und deshalb hing das Seil am Ende so weit herunter, dass er mit den Füßen auf dem Boden aufgekommen ist. Viel zu fett zum Baumeln. Guter Gott… Und ich dachte, ich hätte schon einiges gesehen.«
    » Kommt er durch?«, fragte ich und hasste den Polizisten für die Gleichgültigkeit, mit der er über Paul sprach.
    Er zuckte die Schultern. » Kann schon sein. Die Sanitäter sind jedenfalls dran. Als wir ihn gefunden haben, war er bewusstlos.«
    Dann hörte man es im Inneren des Hauses mehrfach laut rumpeln und Blake sagte: » Sie bringen ihn raus.«
    » Halt deine Seite hoch, Mann«, rief einer der Sanitäter, als sie sich durch die Tür zwängten. Zwei Polizisten halfen dabei, die Trage zu schleppen. Paul zu schleppen. Sein Gesicht war unter einer Sauerstoffmaske verborgen, aber der massige Bauch und der Haarschopf am Kopfende der Trage ließen keinen Zweifel. Eine fleischige Hand hing leblos unter der Decke hervor.
    » Jetzt strengt euch mal ein bisschen an«, rief es hinter mir, wo der Polizist, der mit mir gesprochen hatte, grinsend an seinem Auto lehnte.
    » Fass lieber mit an«, murrte einer der Träger.
    » Mit meinem Rücken? Vergiss es. Ich hol mir doch keinen Dauerschaden.«
    » Er ist keine Witzfigur«, sagte ich erbost zu Blake. » Er ist kein Tier oder so. Das ist ein Kind, das da auf der Trage liegt.«
    Doch Blake beachtete mich nicht, und so ballte ich frustriert die Hände zur Faust.
    Die Rettungssanitäter setzten die Trage auf dem Gehweg ab und klappten die Räder aus. Dann kamen sie damit an mir vorbeigeeilt. Aus der Nähe sah Paul entsetzlich aus. Seine Haut war bläulich verfärbt, und ich fragte mich, wie lange er wohl schon in diesem Zustand war. Und wie lange er überlebt hätte, wenn die Polizei nicht gekommen wäre. Was hatte Danny sich nur dabei gedacht, ihn einfach so zurückzulassen?
    Blake folgte ihnen und beugte sich in den Krankenwagen, nachdem sie Paul hineinbefördert hatten. Mit finsterer Miene kam er zu mir zurück, aber was er

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