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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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zu sagen hatte, klang eher beruhigend.
    » Sie konnten schon mit ihm sprechen. Im Augenblick tritt er immer wieder weg. Sie glauben, dass er durchkommt, aber hier warten wollen sie nicht.«
    In diesem Augenblick fuhr der Rettungswagen mit Blaulicht und Sirenengeheul davon.
    » Es ist also so, dass du zwar Danny nicht kennst, dafür aber Paul«, wandte sich Blake wieder an mich.
    Der Klang seiner Stimme ließ mich aufschrecken. » Nicht besonders gut. Ich habe nur ein einziges Mal mit ihm gesprochen. Davon abgesehen hast du mich ja nie nach Paul gefragt.«
    » Ich wusste ja nichts von Paul«, entgegnete Blake ruhig.
    Ich zuckte die Schultern. » Ich hab ihn gestern zum ersten Mal getroffen. Ich war rübergegangen…« Einen Augenblick zögerte ich, fuhr dann aber fort und erklärte, warum ich mit Danny hatte reden wollen und dass ich gedacht hatte, er könnte mir etwas über Charlie erzählen. » Paul ist ein netter Kerl. Gutartiger Typ. Und du solltest ihn nicht unterschätzen, bloß weil er übergewichtig ist. Er ist echt intelligent und weiß mehr über Computer und Technik als wir beide zusammen, möchte ich wetten.« Ich wollte unbedingt, dass Blake in Paul ein menschliches Wesen sah und nicht einfach nur einen Fettwanst.
    Mit ungerührter Miene sah Blake mich an. » Du warst gestern zum allerersten Mal in diesem Haus?«
    » Ja.«
    » Du hattest dir also einfach so in den Kopf gesetzt, etwas über deinen Bruder zu erfahren?«
    Ich nickte. » Ich denke, durch die Sache mit Jenny ist das alles wieder hochgekommen. Plötzlich musste ich immerzu darüber nachdenken, was ihm passiert ist. Normalerweise denkt man ja nicht tagtäglich über so etwas nach. Man nimmt es irgendwann einfach als gegeben hin, meistens zumindest.«
    Blakes Blick ging an mir vorbei, und als ich mich umdrehte, sah ich Vickers aus dem Haus kommen. Sein Gesicht war noch grauer und resignierter als sonst. Mit der rechten Hand hielt er etwas nach oben, etwas Silbriges mit Quasten, und jetzt fühlte ich mich erst recht, als ob ich träumte, denn was er da in der Hand hatte, ergab absolut keinen Sinn.
    » Das ist meine Tasche!«
    Es war die Tasche, die ich vor drei Tagen dabeigehabt hatte– die Tasche, die mir der rätselhafte Straßenräuber abgenommen hatte. Ich ging auf Vickers zu und streckte meine Hand danach aus. Doch er hielt sie von mir weg und aus dem Augenwinkel sah ich, dass Blake mir gefolgt war.
    » Das ist meine«, wiederholte ich. » Woher haben Sie die?«
    Vickers wirkte abgespannt. » Sie lag im Wohnzimmer, Sarah. Da, wo Sie sie vergessen haben.«
    Ich schüttelte den Kopf. » Nein, Sie verstehen mich falsch. Diese Tasche habe ich verloren. Also, nicht direkt verloren. Sie wurde mir gestohlen.«
    » Bitte nicht noch eine Geschichte«, sagte Blake. » Sieht aus, als hätten Sie für alles eine Ausrede parat.«
    » Aber es ist die Wahrheit«, sagte ich würdevoll und wandte mich dabei ausschließlich an Vickers. » Am Donnerstagabend wurde ich überfallen. Jemand hat mich zu Boden gestoßen und mir die Tasche abgenommen. Das ist auch der Grund, weshalb ich zurzeit nicht Auto fahren kann– weil ich den Schlüssel nicht habe. Sie haben ja gesehen, dass ich zu Fuß gehen muss; eben haben Sie mich in Ihrem Auto mitgenommen. Warum sollte ich nicht mit dem Auto zum Krankenhaus fahren, wenn ich es könnte?«
    Vickers zog den Reißverschluss meiner Handtasche auf und schaute hinein. Ein ausgesprochen unpassendes Bedürfnis zu kichern überkam mich. Es wirkte so unbeschreiblich daneben, wie dieser graue Mann in seinem grauen Anzug ganz selbstverständlich eine Handtasche aus silberfarbenem Leder durchwühlte, als wäre es seine.
    » Keine Schlüssel«, verkündete er schließlich, und augenblicklich verging mir das Lachen.
    » Was? Aber die müssen da drin sein. Haben Sie auch in der Seitentasche nachgesehen?«
    Vickers sah mich vorwurfsvoll an. » Da habe ich zuerst nachgesehen. Meine Frau hat ihre Schlüssel nämlich auch immer in der Seitentasche.«
    » Dürfte ich bitte selbst nachschauen?«
    Wortlos reichte er mir die Tasche, und ich durchforstete sie sorgfältig, während mich die beiden Männern unangenehm streng beobachteten. Auf der Suche nach meinem Schlüssel durchkämmte ich mit den Fingern die zerknüllten Zettel und Quittungen, die sich im Laufe der Zeit auf dem Boden meiner Tasche angesammelt hatten. Ich entdeckte einen Kajalstift und einen Lippenpflegestift, einen Kugelschreiber, der schon lange nicht mehr schrieb, und ein paar

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