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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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Büroklammern, aber keinen Schlüssel und auch sonst nicht viel mehr. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich geschlagen zu geben. » Aber der Schlüssel war in der Tasche, als sie gestohlen wurde. Und es war noch mehr darin gewesen– mein Kalender und ein paar Fotos zum Beispiel.« Ich versuchte mich zu erinnern, was außerdem noch fehlte.
    » Kommen Sie«, sagte Vickers und trat zur Seite. » Kommen Sie, und sehen Sie selbst.«
    Blake versuchte, mich aufzuhalten. » Chef, denken Sie an die Spurensicherung– wir können doch nicht…«
    » Sie hat ausgesagt, bereits in dem Haus gewesen zu sein«, sagte Vickers bedächtig. » Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Spurensicherung so oder so etwas belegen kann. Aber wir werden für alle Fälle darauf achten, dass sie nichts anfasst.«
    Blake biss sich auf die Unterlippe, sagte aber nichts weiter und ließ mich durch.
    Hinter ihm betrat ich den Flur und sah mich um.
    Von dem Schaden abgesehen, den die Polizei beim Aufbrechen der Tür angerichtet hatte, hatte sich seit dem Vortag nichts verändert. Dort, wo die Tür gegen die Wand geprallt war, lag abgeblätterte Farbe auf dem abgetretenen Teppich. Wieder nahm ich den üblen Geruch von alten Socken wahr, der mir schon das letzte Mal aufgefallen war, und dann lag da noch etwas anderes in der Luft– irgendwie beißender. Es roch nach Angst.
    Im Gegensatz zum letzten Mal stand die Wohnzimmertür angelehnt. » Haben Sie meine Tasche in diesem Zimmer gefunden?«, erkundigte ich mich. » Darf ich mich selbst darin umsehen?«
    » Nur zu«, nickte Vickers. » Sie werden nicht lange brauchen, nehme ich an.«
    Als ich die Tür weiter aufschob, war mir sofort klar, was er damit meinte. Die Körpergerüche, die das Haus durchzogen, waren hier viel konzentrierter und kaum noch zu ertragen. Ich atmete ganz flach durch den Mund, um den Würgereiz zu unterdrücken. Das Fenster war von billigen Rollos verdunkelt. Das wenige Licht kam von der Sonne, die an den fadenscheinigen Stoffbahnen vorbei in den Raum drang. Als Vickers den Schalter neben der Tür betätigte, ließ mich die brutale Helligkeit der nackten Glühbirne an der Zimmerdecke zunächst die Augen zukneifen. Dann nahm ich den erbärmlichen Anblick wahr, der sich mir darbot.
    Das Zimmer war im Prinzip leer. Ein mit einem schmuddeligen, fleckigen Spannlaken bezogenes Doppelbett stand mit dem Kopfende an der gegenüberliegenden Wand. Das Kopfteil war mit speckigem, blassgrünem Velours gepolstert und sah aus, als stammte es aus den Siebzigern. Auf der einen Seite stand eine Schachtel mit Papiertüchern auf dem Boden. Rings herum lagen gebrauchte Taschentücher. Auf der anderen Seite sah ich einen kleinen Stapel zerlesener Zeitschriften– Pornomagazine, wie ich angewidert feststellte. Halb über dem Fußende des Bettes und halb auf dem Boden hing eine dünne, klumpige Steppdecke. Den Fußboden bedeckte ein dunkelbrauner Teppichboden aus Kunstfaser, der im Lampenlicht glitzerte und unter meinen Füßen ganz leise quietschte. An den Wänden klebte eine beigefarbene Prägetapete mit Perlmutteffekt, die im Kontrast zum übrigen Interieur seltsam gediegen und bürgerlich wirkte. Ein langer Schmutzstreifen entlang der einen Wand ließ darauf schließen, dass dort einmal etwas Großes gestanden haben musste, ein Sofa vielleicht.
    » Aber das Haus hat doch drei Schlafräume. Wieso haben sie das hier als Schlafzimmer benutzt, obwohl sie doch nur zu zweit waren?«, wandte ich mich fragend an Vickers.
    Statt einer Antwort führte er mich weiter in den Raum hinein, bis ich sehen konnte, was vorher für mich hinter der Tür verborgen war. Das einzige Möbelstück im gesamten Raum war ein kleines, ramponiertes Bücherregal, vorausgesetzt, man zählte eine Kamera auf einem Stativ nicht als Möbelstück. Ratlos betrachtete ich die Kamera und bat Vickers um eine Erklärung. Wortlos deutete er auf das Regal.
    » Ihre Tasche stand hier im oberen Fach. Gibt es da noch mehr, das Sie wiedererkennen?«
    Vorsichtig stakste ich über den Teppich. Ich wollte gar nicht wissen, was für Tierchen darin hausten und wann er das letzte Mal einen Staubsauger gesehen hatte. Als ich erkannte, was sich alles in dem Regalfach befand, lief mir ein Schauer den Rücken hinunter.
    » Diese Fotos gehören mir. Ich hatte sie in meiner Tasche.«
    Jemand hatte sie an der Rückwand des Regals aufgestellt. Es waren sehr kleine Fotos, kaum größer als Passbilder. Sie an dieser Stelle zu sehen, wirkte auf mich sehr

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