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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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verdrossen aussah. Normalerweise war das irreführend, aber heute vielleicht gerade nicht. Sie rührte sich nicht und starrte noch immer auf das Gras zu unseren Füßen.
    Anna räusperte sich und sah jetzt noch betroffener aus als zuvor. » Jenny war zwar unsere Freundin, aber wir wissen wirklich nichts darüber, wer sie umgebracht hat, ganz ehrlich…«
    Ich beeilte mich, sie zu beruhigen. » Niemand glaubt, dass ihr etwas damit zu tun habt, Anna. Es ist nur, falls sie einmal jemanden erwähnt hat, der sie aufgefordert hat, irgendetwas zu tun oder sich mit ihm zu treffen, dann würdet ihr euch doch bestimmt daran erinnern, oder? Jemanden außerhalb der Schule? Vielleicht einen Jungen?«
    Corinne schüttelte den Kopf. » Sie hatte auf keinen Fall einen Freund. Bestimmt nicht.«
    » Bist du ganz sicher?«, fragte ich noch einmal nach. » Gab es da wirklich niemanden? Rachel?«
    Daraufhin hob sie den Blick und schaute mir mit einer derart unschuldigen Miene direkt in die Augen, dass ich schon von vornherein wusste, dass sie mich belügen würde. » Nein. Keinen.«
    » Und wüsstet ihr davon, wenn es bei ihr zu Hause Probleme gegeben hätte? Hat sie etwas bedrückt?«
    Dreimal Nein. Ich seufzte leise. Das war wirklich aussichtslos. » In Ordnung«, sagte ich betont umgänglich. » Also, wenn euch irgendwas einfällt, dann habt keine Angst, es jemandem zu sagen. Ihr bekommt deswegen keine Schwierigkeiten.«
    Die drei Mädchen bedankten und verabschiedeten sich im Chor und rannten davon. Ich sah ihnen nach, wie sie hinter der Schule verschwanden. Obwohl ich mich redlich bemüht hatte, war es schwer, nicht den Mut zu verlieren. Wahrscheinlich sollte ich Vickers oder jemand anderen darauf hinweisen, dass Rachel möglicherweise etwas Wichtiges wusste. Aber wer würde mir schon zuhören? Und warum war ich mir eigentlich so sicher, dass ich Recht hatte?
    Ich blieb noch ein paar Minuten auf der Bank sitzen und überlegte. Doch ich kam zu dem Schluss, dass ich nichts tun konnte. Ich musste einfach darauf warten, dass sie auf mich zukam. Kaum hatte ich das gedacht, sah ich eine kleine Gestalt quer über den Parkplatz laufen. Es war Rachel, diesmal ohne ihre Freundinnen. Sie hatte die indifferente Maske abgelegt, und in ihrem runden, kindlichen Gesicht war deutlich zu erkennen, dass sie sehr beunruhigt war.
    » Miss Finch, ich bin mir nicht ganz sicher, aber… also…« Sie warf über die Schulter einen Blick zurück. » Ich wollte vor den anderen nichts darüber erzählen, weil Jenny mich gebeten hat, es niemandem weiterzusagen.«
    Ich straffte mich und versuchte ruhig zu bleiben. » Worum geht es denn, Rachel?«
    Sie wirkte immer angespannter. » Sie wollten doch vorhin wissen, ob sie irgendjemanden kannte, der nichts mit der Schule zu tun hat. Also, sie hat mir mal ein Foto gezeigt. Darauf war sie mit… mit ihrem Freund zu sehen.«
    » Mit ihrem Freund? Bist du sicher?« Meine Stimme klang viel zu aufgeregt. Rachel schaute mich zweifelnd an, und mir wurde klar, dass sie kurz davor war, davonzulaufen und ihr Geheimnis für sich zu behalten. Ich holte also tief Luft und fragte so sanft wie möglich: » Wer war das denn?«
    » Ich weiß es nicht. Sie traf ihn immer nach der Schule.«
    » Jeden Tag?«
    Rachel schüttelte den Kopf. » Nein. Sie hatte einen Freund , einen Bekannten, den sie öfter in der Woche besuchte.«
    » Und der war auf dem Bild?«
    » Nein!« Rachel verlor allmählich die Geduld mit mir. » Das war doch nur ein ganz normaler Freund. Sein großer Bruder war der, mit dem sie richtig zusammen war.«
    » Aha«, erwiderte ich betont ruhig. » Und wie hieß der Bruder?«
    Sie zuckte die Schultern. » Das hat sie nie gesagt.«
    » Und wie hieß der normale Freund?«
    » Das hat sie mir auch nicht erzählt. Ich weiß nichts weiter über sie außer… außer…«
    Ich wartete.
    » Der, mit dem sie zusammen war– der auf dem Bild–, also, der war alt, Miss Finch. Erwachsen. Ich habe sein Gesicht nur von der Seite gesehen, weil er sie auf dem Bild gerade geküsst hat, aber er war auf jeden Fall ein Erwachsener.«
    » Erwachsen wie deine Eltern oder eher wie ich?« Es hatte nicht viel Sinn, sie nach genaueren Einzelheiten zu fragen, da einer Zwölfjährigen jeder uralt vorkommt, der älter ist als sie. Trotzdem nahm ich an, dass sie einen Anfang-Zwanzigjährigen von einem Mittdreißiger oder noch älteren unterscheiden konnte.
    » Erwachsen wie Sie«, antwortete sie. » Miss Finch, glauben Sie wirklich, dass er…

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