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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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länger hier festnageln.«
    Und damit schloss er die Tür. Perplex stand ich noch ein Weilchen davor und starrte auf das blanke, ausdruckslose Holz. Ich hatte ganz eindeutig das Gefühl, dass man mich gerade entlassen hatte.

1992
    Seit drei Tagen vermisst
    » Wir möchten, dass Sie noch einmal einen Fernsehspot aufnehmen.«
    Der dicke Polizeibeamte sitzt am Küchentisch. Sein Hemd ist unter den Achseln dunkel verfärbt, und auf der Brust sind zwei sichelförmige Schweißflecken zu sehen. Obwohl es in der Küche und auch draußen wirklich heiß ist, schwitzt außer ihm niemand. Ab und zu wischt sich der Beamte die Tröpfchen ab, die ihm vom Haaransatz übers Gesicht laufen. Während er sich den Schweiß abtupft, wispert er immer wieder » Du lieber Gott, du meine Güte«, sodass ich erst recht zu ihm hinschaue und die Perlen auf seiner Haut beobachte, wie sie hervortreten, anschwellen und dann miteinander verschmelzen, bis sie schließlich schwer genug sind, hinabzurollen wie Regentropfen an einer Fensterscheibe.
    » Noch einen?«, fragt Dad, und sein Gesicht sieht ganz grau aus. » Wozu denn das? Reicht einer denn nicht aus?«
    Der Polizist breitet hilflos die Arme aus. » Er hat schon seinen Zweck erfüllt, aber…«
    » Es war die reinste Zeitverschwendung. Ich habe Ihnen doch gleich gesagt, dass dieser ganze Schrott von wegen › Bitte komm nach Hause, niemand ist dir böse ‹ sinnlos ist. Als ob er nicht hier wäre, wenn er denn könnte.«
    » Das hat wirklich nichts gebracht, da gebe ich Ihnen Recht.«
    » Wozu es dann also wiederholen?«
    » Wir verändern den Fokus des Beitrags. Wir wollen jetzt jemanden ansprechen, der möglicherweise bei Charlie ist. Wir befürchten inzwischen, dass er gefangen gehalten wird.«
    Dad verschränkt die Arme. » Aha, dann sind Sie also endlich zu dem Schluss gekommen, dass ihn jemand entführt hat, ja?«
    » Aus unserer Sicht ist das auf jeden Fall denkbar.« Tupf tupf tupf. » Du liebe Güte…«, flüstert er und schaut dann mit kläglicher Miene in die Runde. » Wir müssen berücksichtigen, was die Psychologin sagt. Sie weiß, wie diese Leute ticken. Pädophile, meine ich. Sie empfiehlt, ihnen zu vermitteln, dass Charlie eine reale Person ist und zu einer Familie gehört. Die meisten von ihnen betrachten Kinder wie Charlie als eine Art Objekt, daher müssen wir ihnen klarmachen, dass er mehr ist als das.«
    Mum stößt einen unterdrückten Laut aus. Sie hat die Augen geschlossen und sitzt schwankend auf ihrem Platz. Ich gehe um den Tisch herum und stelle mich ganz dicht neben sie. Sie fühlt sich schwach und schmächtig an, als könnte ich sie zerbrechen. Ich dränge mich an sie wie ein Zicklein, aber sie reagiert nicht.
    » Was sollen wir Ihrer Meinung nach also tun?«, fragt Dad.
    » Wir möchten, dass Sie vor der Kamera über Charlie sprechen. Wir wollen ihn in Familienbezüge einbetten– vielleicht können Sie gemeinsam Familienfotos anschauen, auf denen er mit drauf ist. Wir würden in den Medien gern ein paar neue Bilder von ihm platzieren. Außerdem soll ein Kamerateam Sie hier zu Hause filmen. Sie alle drei.«
    Ich zucke zusammen. Die Vorstellung, ins Fernsehen zu kommen, finde ich aufregend. Ich kann nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitet. Hoffentlich sehen mich dann auch die Mädchen aus meiner Klasse.
    » Ich will sie da heraushalten.«
    Ich verstehe nicht gleich, was Mum meint. Doch dann schauen alle am Tisch Versammelten zu mir.
    » Ich verstehe, dass Sie Ihre Tochter vor der Öffentlichkeit schützen möchten, aber es ist wirklich wichtig, Mrs. Barnes«, entgegnet der Beamte mit ernstem Gesicht.
    Mums Mund ist eine schmale Linie. » Ich denke, dass es nicht gut für sie wäre, wenn das Fernsehen sie zeigt.«
    Sie will nicht, dass ich ins Fernsehen komme, weil sie genau weiß, wie sehr ich es mir wünsche. Sie will nicht, dass mir etwas Schönes passiert, weil ich es nicht verdient habe. Meine Knie zittern so sehr, dass ich kaum aufstehen kann. » Aber Mum…«, fange ich an.
    Dad unterbricht mich. » Laura, wir müssen es tun.«
    Sie antwortet ihm nicht, sondern schüttelt nur den Kopf und schaut auf ihre Hände, die sie krampfhaft in ihrem Schoß knetet. Ihr Gesicht ist leer und verschlossen.
    Dad versucht es noch einmal. » Wir müssen das tun. Für Charlie.«
    Genau das sagt er immerzu. Iss etwas, für Charlie. Sprich mit der Polizei, für Charlie. Ruh dich ein bisschen aus, für Charlie. Es ist das Einzige, was sie nicht

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