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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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so gut ich irgend konnte. Aus dem Wohnzimmer quäkte die musikalische Untermalung des Nachtprogramms, das ich trotz aller Schmerzen keinesfalls eingeschaltet lassen konnte. Also humpelte ich hinein und machte den Fernseher aus. In der sich daraufhin ausbreitenden Stille rasselte Mums Atem. Ich sah hinunter auf ihr ausdrucksloses Gesicht, ihren schlaffen Mund und den weißlich schimmernden Augapfel des rechten Auges, das nicht ganz geschlossen war, und fühlte nichts: keinen Hass, keine Liebe, kein Mitleid. Nichts. Nicht aus Fürsorge, sondern weil sie eben da hing, nahm ich die Decke von der Sofalehne und breitete sie über sie aus. Mum rührte sich nicht.
    Allmählich kehrte das Gefühl in meinen linken Arm zurück. Ich bewegte probehalber die Finger und betastete alles mehrmals bis zur Schulter hoch. Es war nichts gebrochen, glaubte ich wenigstens, obwohl ich den Arm nicht über Schulterhöhe heben konnte und jede Bewegung so schmerzhaft war, dass ich nach diesem ersten Versuch nicht die geringste Lust auf eine Wiederholung spürte. Ich humpelte in der Küche herum und stürzte ein Glas Wasser hinunter. Mein Hals tat weh. In meinem Knie pulste der Schmerz. In einer Schublade fand ich zwei eingestaubte Schmerztabletten, die ich sofort schluckte. Was ungefähr so sinnvoll war wie einen Eierbecher voll Wasser in ein loderndes Feuer zu kippen.
    Krisenmanagement Teil zwei: Ich rief die Bankhotline und meinen Telefonanbieter an. Nicht das geringste Problem. Alles konnte innerhalb weniger Tage ersetzt werden. Ich bekam ein neues, besseres Telefon per Post zugeschickt. Die ganze Sache dauerte keine zehn Minuten, mitten in der Nacht, vermittelt über diverse Callcenter in Indien. Niemand stellte mir Fragen. Außer den persönlichen Dingen, die ich verloren hatte, war eigentlich nur noch mein Auto ein Problem. Der Ersatzschlüssel lag bei meiner Tante Lucy in Manchester, wo er vor meiner Mutter in Sicherheit war, die sich schon zweimal mitten in der Nacht und bestimmt nicht in der geeigneten Verfassung mein Auto ausgeborgt hatte. Es war einfach zu riskant, einen Zweitschlüssel im Haus zu haben. Also musste ich am nächsten Morgen Tante Lucy anrufen und sie bitten, mir den Schlüssel per Post zu schicken. In der Zwischenzeit hatte ich keine andere Möglichkeit, als mein Auto an Ort und Stelle warten zu lassen. Wenigstens stand es nicht im Parkverbot. Ein Stapel Knöllchen hätte mir gerade noch gefehlt.
    Ich füllte mein Glas wieder auf und setzte mich sehr vorsichtig an den Küchentisch. Während ich an dem lauwarmen Wasser nippte, stellte ich weitere Überlegungen an: Wenn ich die Polizei rief, würde sie mir unweigerlich Fragen stellen, wo ich gewesen war und warum ich zu nachtschlafender Zeit durch die Siedlung spazierte. Blake wäre wenig erbaut, wenn herauskäme, dass ich bei ihm gewesen war. Zu erklären, was ich in der Straße vor dem Haus der Familie Shepherd verloren hatte, wäre unendlich peinlich. Also keine Polizei. Und, ganz abgesehen davon, würden sie den Kerl, der mich überfallen hatte, wahrscheinlich sowieso nicht finden. Soviel ich wusste, schafften sie es so gut wie nie, bei Verbrechen dieser Art jemanden zu verhaften, es sei denn, sie erwischten ihn auf frischer Tat.
    Außerdem sollte ich wohl besser nicht überreagieren. Jemand hatte mir also die Handtasche gestohlen. Na, was für ein Drama. Wahrscheinlich wollte er einfach nur den Inhalt verticken, um sich damit Drogen zu besorgen. Selbst in einer Vorstadtsiedlung war das nun wirklich nichts Ungewöhnliches. Ein Gelegenheitsverbrechen eben. Kein Grund, die Nerven zu verlieren. Etwas Einmaliges. Natürlich konnte ich auch mehr hineininterpretieren, wenn ich das wollte, aber wozu sollte das gut sein? Ja gut, er hatte vor meinem Haus gestanden. Aber das war ganz einfach Pech gewesen. Er hatte bestimmt nicht speziell auf mich gewartet. Ich war ihm einfach dummerweise in die Quere gekommen, und er hatte zugegriffen. Ich beschloss, mir darüber nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. Ich musste mich einfach aufrappeln und die Sache abhaken.
    So weit, so gut. Es war höchste Zeit, etwas Vernünftiges zu tun. Ich hatte das unendliche Bedürfnis nach einer ausgedehnten Dusche und einer gehörigen Portion Schlaf. Bevor ich mich an die Treppe wagte, legte ich etwas widerstrebend einen Zwischenstopp im Flur ein, um den entstandenen Schaden zu begutachten. Zunächst schaltete ich das Deckenlicht ein, das mir sehr hell und unnötig grell vorkam, und begab mich zum

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