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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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sprechen konnte, sagte er: » Man muss sie in einem Schwung reinschieben.«
    Ich nickte. » Tolle Technik.«
    » Alles eine Frage der Übung.«
    Ich lächelte in meine Tasse hinein. Wie er selbst schon gesagt hatte, war er ein ziemlich schlauer Bursche. Vor ihm auf dem Tisch lag ein Stapel dicker Bücher, den ich ein Stück zu mir drehte, um mir die Buchrücken anzusehen. Programmierung, Maschinensprache, Theoretische Informatik, Höhere Mathematik, Technikphilosophie. Ich hatte von alldem keinen blassen Schimmer und konnte kaum mit den Titeln etwas anfangen.
    » Interessieren Sie sich für Computer?«, fragte Paul, während er das oberste Buch aufschlug und darin blätterte. Schon bei dem Wort hellte sich seine Miene auf, und unter seiner viel zu großen Hülle aus überdehnter Haut kam plötzlich der Junge zum Vorschein.
    » Ich weiß ehrlich gesagt nicht so viel darüber«, entgegnete ich entschuldigend. » Und du?«
    » Ich find sie super.« Er begann zu lesen, und seine Augen klebten förmlich an den Seiten. » Absolut genial.«
    » Kennst… du dich gut mit Computern aus?« Ich wusste kaum, was ich dazu fragen sollte.
    » Jo«, antwortete Paul eher nüchtern als überheblich. » Hab mir selbst einen zusammengebaut. Mit ’nem eigenem Betriebssystem– also, es basiert schon auf Linux, aber ich hab es so eingerichtet, wie ich es brauche. Später will ich unbedingt mal was mit Computern machen.« Er schaute kurz von seinem Buch auf und strahlte vor Begeisterung. » Denn das mach ich ja jetzt schon.«
    » Wie meinst du das?«
    Er zuckte die Schultern. » Es läuft alles übers Internet, verstehen Sie? Keiner weiß, dass ich erst zwölf bin. Ich mach für andere so Testgeschichten, probiere halt Zeugs aus. Dann baue ich noch Websites für Leute und arbeite an ein paar Sachen. Ich hab ’nen Freund in Indien, der studiert da. Wir versuchen gerade eine Gleichung zu lösen, die bisher noch niemand hingekriegt hat.«
    Mit meiner Vermutung, dass er hier eingesperrt war, hatte ich also falschgelegen. Solange sein Breitbandzugang funktionierte, konnte er sich überallhin begeben, treffen, wen er wollte, und einfach er selbst sein, ohne schief angesehen zu werden.
    » Woher bekommst du denn die Bücher?«
    » Meistens aus dem Internet. Wenn man sie gebraucht kauft, kosten sie nicht so viel. Manchmal bestelle ich auch welche in der Bibliothek, und Danny holt sie für mich ab. Aber das find ich nicht so toll, weil man die dort so schnell wieder abgeben muss. Das nervt.«
    » Kennt sich Danny auch so gut mit Computern aus?«
    Paul schüttelte den Kopf. » Er checkt’s nicht so ganz. Danny hat’s mehr mit mechanischen Sachen wie Autos und so. Er benutzt Computer schon auch gern, aber er liebt sie nicht.«
    Es war unverkennbar, dass Paul seinen Bruder dafür bedauerte. Ich selbst hatte auch nur wenig Ahnung davon, wie Computer eigentlich funktionieren; E-Mail und Online-Shopping waren so ziemlich das Einzige, was ich in dieser Richtung hinbekam. Aber ich wollte keinesfalls, dass Paul mich mit solchen Halbgebildeten wie seinem Bruder in einen Topf warf. Es war mir wichtig, sein Vertrauen zu gewinnen, denn ich hatte das Gefühl, Paul helfen zu können. Vielleicht konnte ich ihn ja retten und wieder auf die richtige Bahn bringen. Er brauchte eigentlich nur ein bisschen Ermutigung.
    » Danny geht also zur Arbeit, und du bleibst hier?«, fragte ich vorsichtig und achtete sorgfältig darauf, keine Kritik mitschwingen zu lassen.
    » Jo. Ich muss jetzt nicht mehr raus. Einkaufen und so mach ich online, und die liefern dann. Alles andere, was wir brauchen, besorgt Danny. Er kümmert sich um mich.«
    Natürlich gab es verschiedene Arten, sich um jemanden zu kümmern. Danny verschaffte seinem Bruder ein Dach über dem Kopf und stand ihm bei, als er die Schule geschmissen hatte. Ganz offensichtlich unterstützte er auch sein Computerinteresse. Vermutlich war er ihm ein besserer Vater als sein eigener Dad. Doch dem entgegen stand Pauls katastrophale Gewichtszunahme, gegen die er nichts unternommen hatte. Er hatte zugelassen, dass Paul vor seinen Problemen in der Schule davonlief, statt sich ihnen zu stellen. Das war alles andere als ideal.
    Während ich ihn beobachtete, tunkte Paul zwei weitere Kekse ein und blätterte in Gedanken versunken zum Inhaltsverzeichnis des Buches. Vielleicht war es ja unfair, Danny zu kritisieren. Paul hatte etwas Entschlossenes, Stählernes an sich, das allerdings durch seine weichliche, aufgedunsene

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