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Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing

Titel: Die Vermissten - Casey, J: Vermissten - The Missing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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wienerte das Bad und mein Zimmer, ließ allerdings das Wohnzimmer aus, wo Mum den lieben langen Tag fernsah, während sich das Glas vor ihr wie von Zauberhand immer von neuem füllte, wenn sie es in einem Zug leergetrunken hatte. Als ich meinen Kopf durch die Tür steckte, warf sie mir einen Blick zu, der Medusa alle Ehre gemacht hätte. Also zog ich mich zurück.
    Erst als ich auf Knien den Herd schrubbte, kam mir in den Sinn, dass meine Putzattacke vermutlich eine Reaktion auf das verdreckte Haus von gegenüber war, wo alles, was ich berührt hatte, von einem Fettfilm überzogen war und auf sämtlichen Flächen eine dicke Staubschicht lag. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass unser Haus auf Fremde ebenso wirkte– ungepflegt, chaotisch, seelenlos. Ich goss die Pflanzen auf dem Fensterbrett, obwohl sie schon halb verdorrt und reichlich unansehnlich waren. Ich brachte Fenster und Fußböden zum Glänzen und ersetzte die stickige, abgestandene Luft durch frischen Wind von draußen und den Zitrusduft der Reinigungsmittel. Ich räumte sogar sämtliche Küchenschränke aus und säuberte sie bis in den letzten Winkel. Gerätschaften, von deren Existenz ich bisher keine Ahnung gehabt hatte, geschweige denn wusste, wie sie funktionieren, standen mit Steckern, die an verdrehten Stromkabeln herabhingen, auf der Arbeitsfläche aufgereiht. Vermutlich würde kein einziges von ihnen heutige Sicherheitstests bestehen– sie sahen eher aus, als würden sie augenblicklich in Flammen aufgehen, sobald man sie unter Strom setzte. Bei meiner Aktion förderte ich diverse Mixer und Rührgeräte zutage; selbst einen Joghurtbereiter entdeckte ich ungläubig. Ohne viel Federlesens packte ich den ganzen antiquierten Küchenkram in eine Kiste. Kürzlich hatten wir einen Spendenaufruf im Briefkasten gehabt. Am frühen Samstagmorgen sollten in unserer Gegend nicht mehr gebrauchte Haushaltsgegenstände abgeholt werden. Und was ich aussortiert hatte, wurde definitiv nicht mehr gebraucht. Offen gestanden konnte ich mir zwar nicht vorstellen, dass jemand anders Interesse daran haben könnte, aber es war immer noch besser, als die Dinger einfach wegzuwerfen. In einem anderen Schrank entdeckte ich ganz hinten, noch hinter einem Stapel Teller mit rosa Blumenmuster, an die ich mich nicht mehr erinnern konnte, einen kleinen, mit Erdbeeren verzierten Plastikteller und eine dazugehörige Tasse. Neben der offenen Schranktür setzte ich mich auf die Fersen und drehte und wendete den Fund in meinen Händen. Schon seit Jahren hatte ich diese beiden Dinge nicht mehr gesehen. Als ich noch nicht zur Schule ging, hatte ich partout kein anderes Geschirr benutzen wollen. Es gibt sogar ein Bild im Fotoalbum von Mum und mir im Garten, auf dem ich ungefähr drei bin und von exakt diesem Teller ein Sandwich esse. Mum hält dabei einen Sonnenschirm über mich, um mir Schatten zu spenden, und lacht mich an. Sie trägt ein gestreiftes Kleid mit Spaghettiträgern. Die Erinnerung daran, wie ich mit Mum auf der Wiese sitze, ist noch ganz klar und lebendig. Liebe, Nachsicht, Fürsorge, Zärtlichkeit– all das hatte auch ich einst erlebt. Mein Glück war nur eben zu Ende gegangen, als auch Charlies Glück plötzlich abbrach.
    Ich blinzelte meine Tränen weg. Aus irgendeinem Grund rührte es mich, dass Mum den Teller und die Tasse aufgehoben hatte. Natürlich bewahrte sie zwanghaft alles Mögliche in unserem Haus auf, doch das hing alles mit Charlie zusammen. Damit versuchte sie so zu tun, als hätte sich seit dem Tag seines Verschwindens nichts verändert. Das hier war jedoch etwas anderes. Hier ging es um mich. Mehr noch, es war etwas, was eine ganz normale Mutter tun würde. Es war eine zarte, zerbrechliche Verbindung zu einer Frau, die ich nie gekannt hatte; etwas, worüber ich vielleicht mit ihr gelacht hätte, wenn es anders gekommen wäre. Wenn nicht alles in Scherben läge. Seufzend stellte ich den kleinen Teller und die Tasse zurück in den Schrank und räumte weiter auf.
    Als ich fertig war, wurde es bereits dunkel, und ich schleppte die Kiste mit den alten Elektrogeräten bis ans Ende der Straße und stellte sie so ab, dass die Spendensammler sie nicht übersehen konnten. Ich richtete mich gerade wieder auf und stemmte die Hände in die Hüften, als im selben Moment eine Autotür zuschlug. Erschrocken drehte ich mich um, da ich vollkommen sicher war, dass jemand hinter mir stand. Mein Herz hämmerte. Aber beim Anblick der menschenleeren Straße und der

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