Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
Vom Netzwerk:
ich dir etwas erzähle, was niemand sonst weiß, etwas, das mich in Schwierigkeiten bringen würde – in große Schwierigkeiten –, wenn man es herausfinden würde … Würdest du mir dann vertrauen?«
    Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen. »Was auch immer du mir anvertrauen willst, tu es nicht.«
    Sie beugte sich vor und kam ihm dabei so nahe, dass sie ihn hätte küssen können. So nahe, dass er jedes Detail ihrer makellosen Haut, den Schwung ihrer dunklen Wimpern und die perfekte Linie ihrer Oberlippe sehen konnte …
    »Ich bin keine Jungfrau mehr«, flüsterte sie und blickte ihm tief in die Augen.
    Er hatte auf einmal das Gefühl, als ob Feuer durch seine Adern laufen würde. Allein das Wort Jungfrau von ihr zu hören war so, als ob ein Alkoholiker die Wörter »Happy Hour« hörte. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen.
    Dann meldete sich seine Vernunft wieder zu Wort. Trieb sie ein Spiel mit ihm?
    »Ich bin nicht in der Laune für Spielchen, kleines Mädchen«, knurrte er leise und finster.
    Sie runzelte die Stirn. »Kleines Mädchen?« Wieder lächelte sie. Es war das wissende, geheimnisvolle Lächeln einer Frau. »Ich bin dreiundzwanzig, also nur acht Jahre jünger als du.« Ihre Stimme wurde um eine Oktave tiefer. »Und du siehst mich auch nicht so an, als ob du mich für ein kleines Mädchen halten würdest, Demetrius.«
    Ihm schoss das Blut in die Wangen, und er setzte sich abrupt auf. Jetzt verlor er wirklich die Geduld. »Was ist das?«, fauchte er.
    »Das bin ich, wenn ich ehrlich bin«, erklärte sie unverdrossen und überraschte ihn so von Neuem. Diesmal, weil sie keine Angst vor ihm hatte. Alle hatten Angst vor ihm. »Ich bezweifle, dass du schon viel Ehrlichkeit kennengelernt hast. Vermutlich ist es dir ganz unvertraut, wenn jemand ehrlich mit dir spricht. Aber ich finde, du könntest durchaus ein wenig mehr Ehrlichkeit in deinem Leben vertragen.«
    »Dir ist hoffentlich klar, dass du mich in tödliche Gefahr bringst, wenn du so mit mir sprichst.« In seiner Stimme schwang Wut mit, wobei er sich bemühte, so leise zu sprechen, dass die anderen ihn nicht hörten.
    »Und was ist mit mir?« Sie schreckte nicht vor seinem zornigen Blick zurück. Sie blinzelte nicht einmal. »Glaubst du denn nicht, dass es auch für mich eine große Gefahr bedeutet?«
    »Du bist die Tochter des Königs«, fauchte er. Allmählich reichte es ihm. »Du bekommst höchstens einen Klapps auf den Allerwertesten. Mir würde man hingegen die Hand abhacken.«
    Aus ihm unerfindlichen Gründen wanderte ihr Blick zu seinen Lippen. »Nein, das würde man nicht.«
    Er starrte sie an und wartete ab.
    Wieder traf ihn der Blick, und sie sagte sanft: »Ich würde niemals erlauben, dass man dir etwas antut. Dich zu sehen ist das Einzige, worauf ich mich täglich freue.«
    D glaubte, dass sein Herz zerspringen musste.
    »Hör auf«, sagte er durch zusammengebissene Zähne.
    Sie fuhr so ruhig fort, als ob sie ihn nicht gehört hätte. »Ich war siebzehn. Es war einer der Legiones . Er hieß Varro. Er war zwanzig. Es passierte nach dem Purgare . Er wurde eine Woche später in einem Straßenkampf getötet. Man behauptet, dass er getrunken hätte, …«
    D wurde plötzlich klar, wovon sie sprach. »Mein Gott!«
    »… was auch Sinn machte, denn er hat gern getrunken. Er war ein richtiger Draufgänger …«
    Er packte sie an den Handgelenken. »Hör auf!«, flüsterte er heiser, ganz nahe an ihrem Gesicht.
    »… und wahrscheinlich hat mich das angezogen. Ich bin immer so eine perfekte kleine Prinzessin gewesen, so geschützt und verwöhnt aufgewachsen, obwohl ich kein Junge geworden war …«
    D richtete sich im Bett auf und schwang die Füße auf den Boden. Er stellte sich auf und sah sie schockiert von oben herab an. Dennoch war es ihm nicht möglich, sie zum Schweigen zu bringen. »Bitte …«
    »… und obwohl ich meine Mutter tötete, als ich geboren wurde …«
    »Eliana!«, flehte er.
    »… trotzdem hat man mich auf ein Podest gehoben und mich mit allen Privilegien ausgestattet. Aber wenn herauskäme, dass ich meine Jungfräulichkeit einem Mann außerhalb meiner Kaste geschenkt habe, würde man mich beim nächsten Purgare zusammen mit all den anderen Unglücklichen, die sich nicht verwandeln konnten, den Tiber hinuntertreiben lassen.«
    Er konnte nicht mehr atmen, sondern sah sie nur noch wie erstarrt an.
    »So – jetzt weißt du etwas über mich.« Sie atmete ein wenig zu hastig und hatte den Kopf zurückgelegt, sodass ihre

Weitere Kostenlose Bücher