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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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öffnete er den Mund und erwiderte mit heiserer, stockender Stimme: »Es ist … alles.«
    Sie hielt einen Moment lang den Atem an und sah ihm direkt in die Augen.
    »Es ist schrecklich, hart und grausam. Es ist wunderschön, großartig und faszinierend. Es ist …« Er brach ab und suchte nach den richtigen Worten. »… es ist Himmel und Hölle, es ist wie der schlimmste Albtraum und der herrlichste Traum, den man sich vorstellen kann. Und das alles gleichzeitig. Man weiß nie, was als Nächstes passieren wird, weil alles passieren könnte. Das macht das Ganze so wahnsinnig spannend. Und so schrecklich.«
    Sie sahen einander noch immer an, und der Moment dehnte sich ewig aus. Ihre Finger drückten sanft, ja liebevoll auf seinen Arm. Sie sagte: »Ich will es sehen.«
    »Das kannst du nicht.«
    »Ich will es sehen.«
    »Dein Vater …«
    »Was mein Vater nicht weiß«, erwiderte sie mit dunklen, funkelnden Augen, »macht ihn nicht heiß.«
    Sein Herz schlug plötzlich wie ein wildes Tier in seiner Brust. Es fauchte und zuckte. Eliana sprach nicht nur darüber, nach draußen zu wollen. Sie sprach von ihnen. Von ihnen beiden.
    »Das meinst du nicht ernst«, sagte er, die Stimme noch immer leise und belegt.
    »Glaubst du?« Sie blinzelte nicht, und er bemerkte etwas in ihrer Miene, das er darin zuvor noch nie gesehen hatte: eiserne Entschlossenheit.
    Es gab keine Zweifel an dieser Stimme, an diesem Blick. Er kannte es genau, weil er sein ganzes Leben lang in stiller Meuterei gelebt hatte. Doch da war noch etwas anderes, eine undeutbare Nuance, eine Sehnsucht und Einsamkeit, die das Tier in ihm fast in den Wahnsinn trieb.
    Lag er falsch? Verstand er die ganze Sache vollkommen falsch? War hier nur der Wunsch Vater des Gedankens?
    Er musste es herausfinden. Es ging nicht anders. Er musste sie dazu bringen, es auszusprechen.
    »Du kannst jeden Mann in dieser Kolonie haben, principessa . Es gibt Tausende von Männern, die für dieses Privileg kämpfen würden, und Tausend weitere, die gerne die Todesstrafe in Kauf nähmen, um deine Hand zu küssen.«
    Ihre Miene wurde weicher. »Die will ich aber nicht. Ich will sie nicht, Demetrius. Ich will dich.«
    In seinem Körper brach ein Krieg aus. Eine unglaubliche Hitze, Stürme und ein Feuer erschütterten all die Mauern in ihm. Blitze des Verlangens schlugen in ihm ein und brachten alles ins Wanken.
    Lange Zeit sahen sie einander stumm an. Ihre Finger lagen noch immer auf seinem Arm, während er mit gierigen Augen ihr Gesicht musterte. Sie hörten nicht mehr, dass sich die anderen im Krankenzimmer unterhielten. D wusste, dass Eliana seine Freude und seine Leidenschaft riechen konnte. Er wusste, dass sie den rasenden Puls unter seiner Haut spüren konnte und dass er, obwohl es dumm, gefährlich und verboten war, diese wertvolle Gabe, die ihm da geboten wurde, annehmen würde. Denn er wollte es mit jeder Faser seines Körpers und seines Wesens. Er hatte es seit Jahren gewollt.
    Noch leiser als zuvor fragte er: »Wann?«
    Ihre Augen blitzten auf. »Nach dem Purgare . Er wird abgelenkt sein. Danach ist er immer abgelenkt. Ich treffe dich bei der versunkenen Kirche.«
    Wieder spürte er diese starke Anziehungskraft zwischen ihnen. Das Bedürfnis, sie zu küssen, war allumfassend. Um es zu beherrschen, musste er etwas sagen. Irgendetwas. »Trag etwas Schwarzes.«
    Nun erhellte ein strahlendes Lächeln ihr Gesicht, das ihm beinahe das Herz brach. »Tue ich das nicht immer?«
    Dann beugte sie sich vor und küsste ihn auf die Lippen – rasch und so sanft wie das Streicheln einer Feder, was ihn trotzdem in hellen Aufruhr versetzte. In der nächsten Sekunde widmete sie sich bereits wieder seinem Arm, als wäre nie etwas gewesen.

26
    Als Morgan irgendwann in der Nacht erwachte – desorientiert, durstig und wund –, hatte sie einen Moment lang überhaupt keine Ahnung, wo sie sich befand. Das dunkle Zimmer, das fremde Bett, das schwere Bein, das auf ihr lag …
    Die Erinnerung durchfuhr sie messerscharf, und sie zuckte zusammen.
    Langsam drehte sie den Kopf auf dem Kissen, und da lag er neben ihr – groß, männlich und tief schlafend.
    Xander. Ihr Killer. Ihr Geliebter.
    Sie war sich nicht sicher, was schlimmer war.
    Dennoch bereute sie nichts. Nicht wirklich. Jedenfalls noch nicht. Das Fieber brannte nämlich noch immer hell und heiß wie die Sonne in ihrem Inneren. Sie spürte, dass die Hormone ihre Lust bereits wieder anzuheizen begannen – ähnlich wie die Gezeiten des Meeres. Sie

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