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Die Verraeterin

Die Verraeterin

Titel: Die Verraeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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zurück, um sich aus seiner Umarmung zu lösen.
    Er bemerkte ihre Angespanntheit, und seine Augen blitzten auf. »Es geht um etwas, das auch dich betrifft, Töchterchen«, fügte er hinzu, wobei eine neue Härte in seiner Stimme mitschwang.
    Eliana wollte noch einen Schritt zurückweichen, doch sie hielt abrupt inne. Auch das Blut in ihren Adern schien zu gefrieren. »Mich?«, flüsterte sie und dachte nur an D. Ihr Herz begann wie eine wild gewordenen Rinderherde in ihrer Brust zu stampfen. Konnte er von ihren Plänen wissen?
    Das kleine Lächeln ihres Vaters wurde breiter, sodass man seine makellosen, strahlend weißen Zähne sehen konnte. Wie immer elegant und sorgfältig in Weiß gekleidet – eine Farbe, die seinen braunen Teint und die zerzausten schwarzen Haare perfekt unterstrich –, sah er wie der Sohn von Cary Grant und Blackbeard, dem Piraten, aus. Er strahlte eine Perfektion aus, die an ein Model erinnerte, und ihn umgab gleichzeitig ein Hauch von Brutalität, wie man ihn sonst nur bei Kriminellen fand. Mit schnellen Schritten kam er auf seine Tochter zu. Seine aggressive Haltung ließ die Luft in ihrem bereits kühlen Schlafzimmer noch kälter werden.
    »Du bist das Wichtigste, was ich habe, das weißt du«, sagte er und legte seine Hände auf ihre Schultern. Seine Stimme war leise und kontrolliert. Sein Tonfall verriet Eliana nichts. Seine Augen loderten. »Es geht mir nur darum, dich glücklich zu wissen, meine schöne Eliana. Deshalb habe ich all die Jahre so hart gearbeitet.«
    Seine Finger drückten sich in ihre Haut, und erneut kämpfte sie gegen den Impuls an zurückzuweichen. Noch nie zuvor hatte sie Angst vor ihm gehabt, doch da war etwas in seinen Augen … etwas Düsteres, Unheimliches.
    »Vater«, brachte sie mühsam hervor und schluckte die Panik herunter, die in ihr aufstieg. »Wovon redest du?«
    Er hob eine Hand und strich gedankenverloren eine Haarsträhne von ihrer auf einmal schweißnassen Stirn.
    »Ich rede vom Schicksal«, flüsterte er. »Von deinem und meinem. Von unserem.« Mit der Hand wies er in den Raum und meinte dabei wohl, wie Eliana annahm, ihre ganze Spezies, die gemeinsam in der Dunkelheit lebte – jenseits der runden Wände und des Kerzenlichts ihres Zimmers. »Wir waren einmal Götter – vor langer Zeit, ehe man uns unser Leben wegnahm. Doch jetzt können wir unser Schicksal wieder in unsere eigene Hand nehmen und erneut zu Göttern werden. Ich habe es endlich geschafft!«
    Erleichterung breitete sich in ihr aus. Beinahe sackte sie in seine Arme, während ihr Herz schnell wie das Flattern der Flügel eines gefangenen Vogels in ihrer Brust schlug. »Dein Projekt«, hauchte sie und versuchte sich zu sammeln. Er konnte zwar nicht ihre Gedanken lesen, aber er war ausgezeichnet darin, ihre Miene zu interpretieren. »Oh, Vater, das ist ja wunderbar …«
    Sie brach ab, da sie nicht die geringste Ahnung hatte, ob es tatsächlich wunderbar war oder nicht. Niemand konnte so geheimniskrämerisch sein wie ihr Vater. Seit ihrer Kindheit war sie sich seiner Arbeit im Labor bewusst. Sie wusste von irgendeinem großen Plan, der über das Schicksal ihrer im Untergrund lebenden Spezies entscheiden sollte. Aber er hatte nie auch nur das Geringste darüber verlauten lassen. Nur einige wenige Vertraute waren eingeweiht, und zu diesen hatte sie nie gehört.
    Ihr Vater umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und flüsterte leidenschaftlich: »Meine schöne Tochter. Deine Nachkommen werden über die Erde herrschen.«
    Elianas Herz blieb beinahe stehen. Zum einen, weil ihr Vater auf einmal wirklich den Verstand verloren zu haben schien, und zum anderen, weil sie keine Nachkommen haben wollte und das nie getan hatte. Aber … blieb ihr denn eine Wahl? Sie wollte gerade den Mund öffnen, um ihn zu fragen, doch ihr wankelmütiger Vater ließ sie los und lächelte auf eine Weise, die ihr die Nackenhaare aufstehen ließ.
    »Du wirst morgen bei Sonnenaufgang im Versammlungssaal sein«, befahl er. »Ich möchte, dass du neben mir stehst, wenn ich meinen Durchbruch verkünde. In der Zwischenzeit solltest du dich ausruhen.« Seine Stimme wurde sanfter. »Du siehst ein bisschen … mitgenommen aus, meine Liebe.«
    Er hatte tatsächlich keine Ahnung. Sie ließ sich wieder auf dem Sessel nieder und versuchte, ruhig zu atmen, als ihr auf einmal eine Idee kam. Zuerst räusperte sie sich und blickte dann unter ihren Wimpern hervor zu ihm auf. »Ich bin tatsächlich etwas mitgenommen. Ich habe in letzter

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