Die verratene Nacht
dreißig reich und unabhängig, war Blizek ein selbsternannter Nerd, der nicht nur zu jedem Comic oder SciFi Kongress ging, sondern auch seine eigenen abhielt – auf seiner Privatranch, an seinem Rückzugsort im Süden von Utah, die ironischerweise Blizek Beach hieß. Denn natürlich war weit und breit keinen Strand zu sehen. Nur niedrige, grüne und lila Berge.
Was das war, was das sein musste , wo Theo jetzt stand. Und Erdbeerbeete jätete.
Heilige Scheiße.
Er schaute wieder zum Haus hin. War es möglich, dass ein paar von Blizeks Computern und Systemen immer noch hier waren? Vielleicht funktionierten? Er hechelte geradezu vor Begeisterung bei dem Gedanken.
„Aber hallo.“
Theo drehte sich um, um eine junge Frau zu erblicken, die hinter ihm stand. Er erhob sich ebenfalls, wobei ihm ihre langen, gebräunten Beine in sehr kurzen Shorts auffielen, und das weiße, vorne mit Knöpfen versehene Hemd, das sich über einem Paar großer Brüste spannte. Hellbraunes Haar ging ihr bis knapp zu den Schultern und kringelte sich in dichten Wellen hinter ihren Ohren.
„Aber selber hallo“, erwiderte er, außerstande sich zu verkneifen sie noch einmal von oben bis unten abzuscannen. Wow. Hier am Blizek Beach wuchsen sie wirklich lecker. Wonder Woman oder Xena, wie sie leibt und lebt: Kurven, Kurven und nochmals Kurven.
„Du bist neu hier“ sagte sie und sie lachten beide. Ihres war hell und unbeschwert. „Ich bin Jen.“
„Theo“, sagte er und schaute runter, um ihre Füße anzuschauen. Sie trug Sandalen und irgendein sexy Kettchen am Knöchel. Jen sah wie etwa Mitte zwanzig aus, was sie streng genommen vierzig Jahre jünger als Theo machte. Aber wer zählte da schon genau? Sie ganz sicher nicht. Nicht bei den Blicken, die sie ihm gerade zuwarf.
„Wo bist du denn her?“, fragte Jen, während sie sich bückte, um eine Erdbeere zu pflücken.
Theo war sich nicht sicher, ob es absichtlich war oder nicht, aber sie bückte sich von ihm weg und er bekam eine sehr nette Ansicht von ihrem runden Hintern; vielleicht ein bisschen zu viel, um gerade noch als anständig durchzugehen, denn diese Shorts da, die war echt kurz. Er unterdrückte ein Lächeln. Nicht dass er sich beschwert hätte.
Schließlich...
Und dann erwischte es ihn mit der sprichwörtlichen Breitseite: er durfte hinschauen. Er durfte genießen und flirten. Er durfte auch noch einen ganzen Haufen mehr als das tun jetzt, oder etwa nicht? Ohne sich schuldig zu fühlen oder als würde er damit Sage betrügen.
Denn sie hatte ihn nicht erwählt. Und keine Chance, dass sie beide je irgendwann mal was miteinander haben würden.
Nicht dass es je etwas gegeben hätte, was er hätte betrügen können. Zumindest nicht, was sie betraf. Aber er war – Scheiße, er nahm an, er war es immer noch – verliebt in sie gewesen. Und wenn das passierte, dann gab es niemanden anderen für ihn.
Aber jetzt stand es ihm frei andere Gelegenheiten zu erwägen – und zu genießen.
Mit dem Gedanken zuoberst in seinem Kopf, selbst dann noch, als er versuchte das leere Kratzen in seiner Brust zu ignorieren, probierte Theo ein warmes Lächeln an Jen aus. „Ich bin aus Envy und ich bin nicht ganz sicher, wie ich hierher gekommen bin. Ich weiß nur, dass Sam mich zu Selena gebracht hat.“
Jens Augen wanderten an ihm runter und wieder hoch. „Nun, du siehst mir nicht allzu krank aus.“ Sie lächelte und – Scheibenkleister – war das eine kleine Zungenspitze an ihrer Oberlippe? Gerade genug, dass sie ihm auffiel, aber nicht genug um vulgär auszusehen. „Du siehst ganz gut aus. Für mich jedenfalls.“
Theo begegnete ihrem Blick gerade lang genug, um sie wissen zu lassen, dass die Message bei ihm angekommen war. Laut und deutlich. Und dann wandte er den Blick rasch wieder ab. Es fühlte sich immer noch komisch an, aber da würde er drüber wegkommen. Vielleicht war das hier tatsächlich genau das, was er brauchte. Eine kleine Ablenkung.
Dann wurden ihre Augen ganz weit vor Entsetzen und sie schlug sich eine Hand vor den Mund. „Oh. Oh, nein. Bist du ... kennst du einen von Selenas Patienten?“ Sie sah aus, als wäre sie gerade in etwas sehr Unappetitliches getreten. „Na, wie wenn ... ist jemand, den du kennst, gerade dabei zu sterben?“
„Nein“, erwiderte Theo und versuchte ein Lächeln zu verbergen. „Ich kenne hier niemanden.“
Sie runzelte die Stirn und er glaubte nicht, dass es nur an der Sonne in ihren Augen lag. „Dann warst du hier, um Selena zu sehen?
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