Die verratene Nacht
deine Mutter zu sein“, sagte Selena gerade. „Also halt dich Teufel nochmal raus und geh mit deinen Freunden abhängen. Jennifer kannst du herumkommandieren, so viel du willst. Ihr wäre das vermutlich recht. Aber reit hier nicht durch die Gegend, um solch eine Show abzuziehen.“
Er unterdrückte ein Lächeln. Die Gardinenpredigt hatte er ja noch nie gehört. Nicht dass es den geringsten Unterschied gemacht hätte.
Theo spürte, wie etwas von seiner Verärgerung versickerte. Er kapierte jetzt allmählich. „Das war aber nicht das, was du vor einem Weilchen gesagt hast, da drüben. Ich glaube, der genaue Wortlaut von dir war etwas wie ‚nicht schlecht für einen Kerl, der vor drei Tagen tot war.‘“
Das brachte sie nun wirklich teuflisch durcheinander. Ihre Augenlider flatterten und sie machte einen Schritt nach hinten.
Theo nutzte die frisch gewonnene Oberhand und fühlte sich auf einmal ganz Herr der Lage. Die Faszination, die er vorher auf ihrem Gesicht gesehen hatte, und das entsetzte Aufblitzen dann, waren nun einem besorgten Gesichtsausdruck gewichen.
Diese Besorgnis war von der Art, dass er sie in seine Arme nehmen und trösten wollte und ihr erzählen wollte, dass alles gut werden würde – aber da ging ihm auf, dass er ja der Auslöser für diese Besorgnis war. Und das – aus seiner Sicht der Dinge – war gar keine so schlechte Sachlage.
„Vielleicht sollten wir es noch einmal probieren und dann kannst du Vergleiche anstellen, wie ich küsse und jemand, der noch niemals tot war.“ Er trat näher heran und plötzlich rauschte ihm das Blut in allen Adern. Seine Haut zitterte und prickelte und er schaute hinunter auf ihren Mund...
...Der irgendwie jetzt geschürzt aussah und zusammengedrückt und dann tauchte die kleine Spitze einer Zunge da nervös auf, und dieses kleine Zucken zwang ihn fast in die Knie.
„Nicht“, sagte sie und hielt ein Hand abwehrend vor sich. Sie berührte seine Brust.
Tja, Theo hatte ausgezeichnete Unterweisung darin genossen, dass – wenn eine Frau nein oder nicht oder Stopp sagte – ein Mann dann genau das tat. Selbst wenn ihre Augen Ja sagten. Selbst wenn man dieses Peng! purer Anziehungskraft zwischen ihnen quasi greifen konnte. Also, so sehr es ihn auch danach drängte, kam er nicht näher. Aber er schaute auf sie hinunter und fing ihren Blick mit seinem ein – ein bisschen schwierig in dem schummrigen Licht hier, aber es gelang ihm dennoch.
„Ah, komm schon, Selena“, sagte er einschmeichelnd. „Ich bin nur ein kleiner Junge. Was hast du denn schon zu befürchten?“ Er grinste, als ihre Lippen zuckten und ihm fiel auf, wie ihr Atem jetzt etwas unregelmäßig klang. Ein bisschen schwach und dann wieder heftig.
„Nichts“, schaffte sie.
„Warum bringst du mir nicht das eine oder andere bei? Zeigst mir, wie man’s macht?“, fragte er, seine Stimme tief und sanft, seine Augen ganz auf ihre gerichtet.
Ihre Finger an seiner Brust verkrampften sich etwas und er hob eine Hand, um sie damit zu bedecken. „Du bist verrückt“, schaffte sie noch zu sagen. Er konnte hören, wie schwer es ihr fiel sich diese Worte herauszupressen.
„Was erwartest du von einem Typen, der vor drei Tagen tot war?“ Er beugte sich leicht vor, hielt ihre Hand an seiner Brust gefangen und wurde belohnt, als ihre Augen weit wurden und ihr Atem erneut stockte. „Ich mag verrückt sein, aber ich will dich immer noch küssen.“ Sie öffnete ihren Mund, um zu sprechen, aber er fuhr fort, „...unter anderem.“
Ihre Augen flatterten und ihr Körper zitterte. Er nahm das mal als ein gutes Zeichen und beugte sich weiter vor.
Sie begegnete seinem Mund mit ihrem, üppig und warm. Ihre Lippen glitten aneinander entlang, fanden sich, ihre Zungen tanzten und glitten, und er nahm Selena näher zu sich. Sein Körper war wie unter Strom, als er sie schmeckte, die warme Feuchtigkeit ihres Mundes und der kleine Seufzer, den sie an seinen Lippen da ausstieß.
Gut. Wirklich ... scheiß ... gut , war alles, wozu sein Gehirn noch fähig war, denn es war alles heiß und drängend und lebendig. Mehr...
Aber bevor er noch weitergehen konnte, sie ganz an sich pressen und endlich zur Sache kommen konnte, ging sie ein klein wenig auf Abstand. Sie zog ihren Mund von seinem drängenden Mund weg, sie drückte beide Hände flach gegen seine Brust. Er war sich sicher, dass sie fühlen konnte, wie ihm das Herz raste.
„Du hättest uns beide da umbringen können, als du diese Kate und Leopold Sache
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