Die verschollene Flotte 04 - Gearys Ehre
menschlich agierte. »Irgendeine Ahnung, was dieses riesige Loch in der Audacious verursacht haben könnte? Sieht aus, als wäre im Schiff etwas explodiert.«
Desjani warf nur einen flüchtigen Blick auf das Display.
• Das war der Null-Feld-Projektor, der sich selbst zerstört hat.
Die Syndiks besitzen diese Technologie nicht, deshalb verfügt das System über eine Selbstzerstörungsautomatik. Im Grunde genommen so wie bei den Hypernet-Schlüsseln der Allianz.
Bei denen wollen wir auch nicht, dass sie dem Feind in die Hände fallen.«
»Ist es schon mal zu einer Selbstzerstörung gekommen, wenn die gar nicht stattfinden sollte?«
»Nicht dass ich wiisste. Die Waffenabteilung hat uns versichert, dass das nicht passieren kann, deshalb machen wir uns da auch keine Sorgen.« Desjani sagte das mit todernster Stimme, konnte sich aber ein Lächeln nicht verkneifen, weil sie wusste, wie absurd ihre Aussage war. Zwar sollten Angaben der Waffenabteilung die Realität wiedergeben, aber jeder Matrose wusste aus Erfahrung, dass er sie besser als Fantastereien behandelte, solange der praktische Umgang mit den Waffen nicht einen Beweis für die Behauptung erbrachte.
Geary konnte nur mit Mühe verhindern, nicht laut zu lachen. »Natürlich nicht.« Auf seinem Display leuchtete die Mitteilung auf, dass Colonel Carabalis Plan eingegangen war.
Er überflog ihn und warf zwischendurch immer wieder einen kurzen prüfenden Blick auf sein Display, damit er nicht irgendetwas Unerwartetes übersah.
Der Plan für die Marines war denkbar einfach gehalten und griff auf Teams von allen vier Schlachtschiffen zurück, die die Hilfsschiffe begleiteten, die wiederum auf direktem Weg zur Verlustflotte waren, in deren Mitte sich die Audacious befand.
Die meisten dieser Marines hatten das Allianz-Schiff zum Ziel und benutzten für ihren Einsatz alle Shuttles, die auf den Schlachtschiffen und auf Captain Cresidas Schlachtkreuzern zur Verfügung standen. Außerdem sollte jedes Enterteam der Hilfsschiffe von einem kleinen Trupp Marines begleitet werden, der nach Sprengfallen suchte und Ausschau hielt, ob sich nicht doch ein fanatischer Syndik an Bord befand, der für seine Überzeugung sterben und möglichst viele Gegner mit in den Tod nehmen wollte.
Plötzlich hielt er inne. »Mir war gar nicht aufgefallen, dass die Syndiks die Audacious evakuiert haben«, sagte er zu Desjani.
Sie überprüfte ihr eigenes Display, um zurückliegende Informationen aufzurufen, dann nickte sie. »Sie haben das Schiff verlassen, als die anderen Syndiks die Reparaturschiffe aufgaben. Darum ist das nicht aufgefallen. Aber wenn Sie sich die Aufzeichnungen ansehen, können Sie es deutlich erkennen. Die Anzeigen der Audacious haben sich aber nicht ver-
ändert, also haben sie zumindest nicht die Atmosphäre entweichen lassen.«
»Wollen wir hoffen, dass dadurch die ganze Sache einfacher wird.« Er kennzeichnete den Plan als genehmigt und schickte ihn zurück. Auch wenn er den Marines gesagt hatte, sie müssten seine ausdrückliche Zustimmung nicht abwarten, waren die Soldaten prinzipiell glücklicher, wenn Entscheidungen Schwarz auf Weiß ergingen.
Zehn Minuten später - Geary hielt nach wie vor Ausschau nach der sie verfolgenden Streitmacht und spürte, wie sich durch die wachsende Anspannung Druck in seinem Kopf auf-baute - ging eine andere Warnung ein, diesmal eine Mitteilung von höchster Priorität. Nur mit Mühe unterdrückte er ein Aufstöhnen, als er die Ident-Markierung des Absenders sah. Captain Casia von der Conqueror, eine der größten Nerven-sägen unter den Senioroffizieren, und ausgerechnet mit ihm sollte er sich jetzt abgeben. Andererseits konnte es sich ja tatsächlich um etwas Wichtiges handeln. Da die Meldung von Casia kam, war das zwar äußerst unwahrscheinlich, dennoch konnte er den Mann nicht einfach ignorieren. Er nahm die Meldung an, und prompt tauchte ein Fenster auf, das Casias irritierte Miene zeigte. »Captain Geary«, begann er mit bedeu-tungsschwangerer Stimme, »ich wurde davon in Kenntnis gesetzt, dass Marines, die meinem Schiff zugeteilt sind, bei einer Rettungsaktion mutmaßlicher Allianz-Gefangener mitmachen sollen, die von den Syndiks auf dem Wrack der Audacious festgehalten werden.«
Geary warf einen Blick auf die Position der Conqueror. Zehn Lichtsekunden entfernt. Keine allzu lästige Verzögerung, auch wenn die Unterhaltung selbst vermutlich dafür umso entnervender sein würde. »Das ist korrekt, Captain Casia«, gab er
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