Die verschollene Flotte: Die Wächter: Roman (German Edition)
von dem sie eines Tages in Stücke gerissen werden sollte. An dieser Station befand sich das zweite Schiff, ein Frachter, der dort angedockt hatte. Die Station war vor über hundert Jahren von den Syndiks gebaut worden und hatte als Anlaufstelle für Schiffe gedient, die das System benutzten, um von einem Sprungpunkt zum nächsten zu gelangen. Mit dem Aufkommen des Hypernets war die Station überflüssig geworden, also hatte man sie geschlossen und in diesem System zurückgelassen, da ein Abtransport mehr gekostet hätte, als die Station überhaupt noch wert war.
»Was macht der Frachter denn da?«, fragte Geary. Außer dem Frachter und der Station war im System nichts zu entdecken, obwohl die Flottensensoren selbst nach winzigsten Anomalien Ausschau hielten. »Stellen Sie sicher, dass die Geräuschfilter nicht irgendwas Ungewöhnliches schlucken, das von den Sensoren aufgefangen wird. Ich will, dass auch der Schrott gründlich untersucht wird, der nur nach Schrott aussieht.«
»Da ist wirklich gar nichts«, erwiderte Desjani kopfschüttelnd. »Und dieser Frachter ist drei Stunden von uns entfernt, also stellt er keine Bedrohung dar.«
»Captain«, meldete Lieutenant Castries. »Wir beobachten, dass Material in den Frachter geladen wird.«
»Material?«
Im gleichen Moment ging eine Mitteilung von der Tanuki ein, die zwar nicht als dringlich gekennzeichnet war, die Geary dennoch sofort annahm, da er sonst nicht viel zu tun hatte. »Was gibt’s denn, Captain Smythe?«
Der verzog den Mund zu einem flüchtigen Lächeln. »Dieser Frachter da, er plündert die Station.«
»Er plündert sie? Ganz sicher?«
»Es wäre zwar nicht auszuschließen, dass die Syndiks das Schiff gechartert haben, damit das hier Material abholt, das woanders benötigt wird, aber so was ist höchst unwahrscheinlich. Nachdem die Regierung der Syndikatwelten hier nur noch wenig zu sagen hat und sich mit Wichtigerem beschäftigen muss, ist dieser Frachter hergekommen, um die eingemottete Station zu plündern und alles mitzunehmen, was sich irgendwo zu Geld machen lässt, und wenn es nur als Altmetall ist.«
Geary betrachtete einen Moment lang das Bild des Frachters. Sein Instinkt forderte von ihm, irgendwas zu unternehmen – aber was? »Auch wenn man diese Station eingemottet hat, dürften sich immer noch Vorräte und Ausrüstungsgegenstände dort befinden, die für Schiffe überlebenswichtig sein könnten, die mit einem schweren technischen Problem nach Padronis kommen.«
»Richtig«, stimmte Smythe ihm zu. »Aber den Plünderern ist das egal. Denen geht es nur darum, Geld zu machen, auch wenn das für das nächste Schiff eine Tragödie bedeuten kann. So was kommt dabei heraus, wenn eine zentrale Verwaltung zusammenbricht, Admiral. Die Reichen und Mächtigen können immer noch gut auf sich selbst aufpassen. Es sind die Hilfsbedürftigen, die am meisten darunter leiden. So wie fast immer.«
»Danke, Captain Smythe. Das heißt wohl, wir können gar nichts dagegen unternehmen.«
»Nein. Wir könnten zwar diese Plünderer verjagen, aber sobald wir weg sind, werden die nächsten hier aufkreuzen und da weitermachen, wo die anderen aufgehört haben.« Smythe beendete das Gespräch mit einem resignierten Schulterzucken.
»Admiral«, sagte Desjani. »Sehen Sie sich die Tänzer an.«
Er schaute auf sein Display. Bei Sobek hatten die Tänzer versucht, die Flotte vor einer Gefahr zu warnen, bei Simur waren sie dann dicht bei der Invincible geblieben, was wohl mit der Bedrohung durch die Syndiks zu tun gehabt hatte.
Hier dagegen verließen die Tänzer die Enge der Allianz-Formation und zogen auf eine Weise ihre Bahnen durch das System, die Geary an freudige Erleichterung erinnerte. »Sie sehen so aus, als würden sie sich hier sicher fühlen.«
»Ich aber nicht«, gab Desjani zu. »Ich muss immer noch daran denken, was sich hier bei unserem letzten Besuch ereignet hatte.« Der Staub, der alles war, was noch von der Lorica und ihrer Crew übrig war, trieb noch immer um diesen Stern – ein Schicksal, von dem beinahe auch die Dauntless heimgesucht worden wäre. »Können wir nach Hause fliegen?«
»Ja, auf jeden Fall. Nehmen Sie direkten Kurs auf den Sprungpunkt nach Atalia.«
Atalia war ein lebendiges Sternensystem, das aber durch seine Lage in vorderster Front zur Allianz während des langwierigen Kriegs schwer in Mitleidenschaft gezogen worden war. Die Flotte verließ wie üblich auf alles gefasst den Sprungraum, auch wenn Geary eigentlich
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