Die verschollene Flotte: Ein halber Sieg: Roman (German Edition)
Flugticket für die Heimreise in die Hand, und dann wurden sie noch am gleichen Tag nach Hause geschickt. Dann folgten die Instruktoren, die Wachen, die Wartungstechniker und alle anderen, und noch bevor die Sonne untergegangen war, verließ der Befehlshaber der Basis als Letzter das Gelände und schloss hinter sich ab.« Duellos sah zu Geary, sein Gesicht verriet keine Regung. »Hundert Jahre lang haben Zigtausende Männer und Frauen dieses Fort durchlaufen. Es war ein Teil ihres Lebens, ein Teil der Geschichte. Und dann hören sie, dass der Krieg vorüber ist, und sie machen den Laden einfach sofort dicht.«
»Passiert so was mit allen Einrichtungen?«, wollte Geary wissen.
»Größtenteils ja. Überall werden Basen geschlossen, die lokalen Verteidigungsstreitkräfte werden so schnell entlassen, wie man ihnen ihre Papiere ausstellen kann. Verträge mit militärischem Bezug werden gekündigt, Ausrüstungsgegenstände werden eingemottet oder sogar gleich verschrottet. Es ist keine Verkleinerung des Militärs, es ist seine komplette Auflösung.« Duellos lächelte bitter. »Meine Frau und ich sind zu ein paar Treffen gegangen. Die Leute wollten nicht wissen, was ich gemacht habe, sondern ob ich Ihnen begegnet bin. Ansonsten hieß es nur: ›Und was werden Sie jetzt machen?‹ Jetzt, da der Krieg vorbei ist, braucht niemand mehr einen Flottenoffizier.«
Geary musste an die Spezialtruppen denken, denen er auf der Station Umbaru bei Varandal begegnet war. Sie hatten sich auch gefragt, was aus ihnen werden sollte, da Sondereinheiten in der bisherigen personellen Stärke nicht mehr benötigt wurden. Die Situation wäre eine andere gewesen, hätte der Krieg nicht so lange gedauert; fünf oder zehn Jahre vielleicht. Doch im Verlauf von hundert Jahren war er zu einem festen Bestandteil des Alltags geworden. Duellos hatte ganz richtig gesagt, dass sich das ganze Leben dieser Leute um den Krieg gedreht hatte. »Was wollen Sie machen?«
»Ich weiß nicht«, gestand Duellos. »Ich bin ein Flottenoffizier. Von klein auf hat man von mir erwartet, dass ich das werde. Ich habe nie etwas anderes gemacht. Ich bin immer davon ausgegangen, dass ich irgendwann in einem weit entfernten Sternensystem oder auch in einem Grenzsystem der Allianz beim Kampf gegen die Syndiks ums Leben komme. Hätte ich durch irgendein Wunder lange genug überlebt, um in den Ruhestand zu gehen, dann wäre ich nach Hause zurückgekehrt und hätte zugesehen, wie an meiner Stelle andere Männer und Frauen in den Krieg ziehen. So ist das hundert Jahre lang der Fall gewesen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass der Krieg einmal zu Ende sein könnte. Wir alle waren längst der Ansicht, dass die Kämpfe ewig weitergehen würden. Aber dann waren sie auf einmal zu Ende.« Er hob die Hand und hielt die Finger so, als würde er mit einem Glas auf Geary anstoßen. »Und jetzt will niemand mehr einen Flottenoffizier haben.«
»Es werden nicht mehr so viele Flottenoffiziere benötigt, aber es werden …«
»Nein, Admiral. Niemand will einen Flottenoffizier haben. Alle haben genug vom Krieg, genug davon, ihre jungen Leute wegzuschicken, damit sie vom großen Maul des Krieges geschluckt werden. Sie wollen nicht, dass gebrochene Männer und Frauen heimkehren. Und erst recht wollen sie nicht, dass Gefallene nach Hause gebracht werden. Und sie wollen auch nicht, dass das Vermögen ihrer Welt vom Krieg verschlungen wird.« Wieder hob Duellos die Schultern. »Wem kann ich das verübeln? Und trotzdem haben nun sehr viele von uns, die stets eine Aufgabe hatten, mit einem Mal keine Funktion mehr.«
Was sollte er dazu sagen? Eine Weile sah er vor sich hin, während er überlegte, wie er sich äußern konnte. Dann hob er den Kopf und sah Duellos an. »Was sagt Ihre Frau dazu?«
»Sie ist dankbar dafür, dass ich überlebt habe. Und dass nicht noch mehr von unseren Kindern weggeschickt werden, nur um in einem unendlichen Krieg zu sterben. Und sie war verblüfft, mit welcher Melancholie ich einer Welt begegnet bin, die sich so sehr verändert hat, dass ich sie nicht wiedererkenne. Eine Welt, für die ich von einem Moment auf den anderen überflüssig geworden bin.« Duellos schüttelte den Kopf und schaute finster drein. »Es macht mir zu schaffen. Frieden ist eine gute Sache. Krieg fordert einen schrecklich hohen Preis. Aber ich weiß nichts über den Frieden. Ich bin für den Krieg geschaffen. Ich hasse den Krieg und den Tod. Ich hasse es zu wissen, dass noch mehr sterben
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