Die verschollene Flotte: Ein halber Sieg: Roman (German Edition)
einlassen?«
»Erpressung.«
»Mit Blick auf Sie?«, fragte Duellos.
»Nein, das ist kein Geheimnis. Die kurze Beziehung zwischen Rione und mir zu einer Zeit, als niemand wusste, dass ihr Ehemann noch lebt, ist auch allenfalls eine Sache, die ihre Ehre beeinträchtigen könnte.«
»Dann vielleicht die Ehre eines anderen? Ich habe von Tanya auch ein paar Dinge über Commander Benan gehört. Es gibt da einige Geheimnisse, die sie nicht mal mir anvertrauen kann.«
»Bedauerlicherweise stimmt das. Worum es mir geht: Jemand wollte Rione zwingen, diese Flotte zu begleiten und bestimmte Maßnahmen zu ergreifen. Ich weiß es nicht sicher, aber ich bin der festen Überzeugung, dass Rione nichts unternommen hat, was dieser Flotte schaden könnte, ohne dabei gegen den Wortlaut dieser Geheimbefehle zu verstoßen.«
Duellos nickte nachdenklich, während er sein Weinglas betrachtete. »Gibt es noch weitere Fakten?«
»Nein, nur Vermutungen.«
»Lassen Sie mich raten.« Duellos’ Blick wanderte zum Sternendisplay. »Aus einer dubiosen Loyalität der Regierung gegenüber wollte jemand erreichen, dass diese Flotte abermals als verschollen bezeichnet werden kann – und es diesmal auch bleibt. Und gleichzeitig wollte man den legendären Helden aus der Vergangenheit loswerden, der sich erdreistet hatte, nach hundert Jahren immer noch quicklebendig zu sein. Da die Syndikatwelten im Zerfall begriffen sind und formal Frieden geschlossen worden ist, hat die Allianz keine Verwendung mehr für diese Flotte und die lebende Legende. Gleichzeitig wird eine neue Flotte gebaut, um sich notfalls wieder verteidigen zu können, wobei die Besatzungen dieser Schiffe aus Männern und Frauen bestehen, die nicht unter Black Jacks Kommando gestanden und deshalb auch keine persönliche Loyalität zu ihm entwickelt haben. Den Oberbefehl über diese neue Flotte wird man einem Offizier übertragen, der der Regierung treu ergeben ist.«
»Nicht so ganz«, schränkte Geary ein. »Rione hat angedeutet, dass das keine völlig in sich geschlossene Verschwörung ist, sondern dass unterschiedliche Gruppen jeweils eigene Ziele zu erreichen versuchen. Eine Ansammlung einzelner Gruppen hat dafür gesorgt, dass diese Flotte jetzt und hier unterwegs ist.«
»Und worin besteht der praktische Unterschied?«
»Einige dieser Gruppen und einige dieser Individuen könnten Absichten verfolgen, bei denen die Loyalität ihnen gegenüber Vorrang vor einer Loyalität gegenüber der Regierung hat.«
Duellos hielt inne, seine Gesichtszüge zeigten keine Regung, nur seine Augen verrieten, dass er intensiv einem Gedankengang folgte. »Als Sie sich mit dem Großen Rat der Allianz getroffen hatten, sprachen Sie anschließend davon, dass einige Senatoren sich Ihnen gegenüber unverhohlen feindselig gaben, während andere nicht so offen zeigten, was sie von Ihnen halten.«
»Und ein paar von ihnen machten einen ehrlichen und engagierten Eindruck«, ergänzte Geary. »Zum Beispiel Senator Navarro. Aber Victoria Rione sagte schon, dass er durch seine vormaligen Aufgaben als Ratsvorsitzender und durch die Anfeindungen seiner politischen Gegner angeschlagen ist. Senatorin Suva traue ich überhaupt nicht über den Weg, und in ihrem Fall weiß ich auch, dass sie etwas mit den Befehlen für diese Mission zu tun hat. Welches Spiel Senator Sakai spielt, habe ich noch nicht herausgefunden. Und das sind gerade mal drei Beispiele von vielen.«
»Hmm«, machte Duellos. »Wissen Sie, diese Dinge, dass man Ihnen die Hilfsschiffe und jeden wegnehmen wollte, der etwas über die Funktionsweise des Hypernets weiß, könnte ebenso gut nichts anderes als bürokratische Dummheit sein. Die Befehle könnten in den unterschiedlichsten Abteilungen ausgegeben worden sein, weil wieder mal jemand mit Tunnelblick nur an die Vorschriften oder an ›die Bedürfnisse der Flotte‹ gedacht hat. Wir reden hier immerhin vom Flottenhauptquartier, einer Organisation, die nicht gerade dafür berühmt ist, dass die linke Hand weiß, was die rechte tut. Es gibt da ein altes Sprichwort, dass man nichts als Boshaftigkeit bezeichnen sollte, was sich auch mit Dummheit erklären lässt. Ich möchte wissen, wer sich diesen Satz ausgedacht hat.«
»Ja, der Gedanke ist mir auch gekommen«, gab Geary zu. »Unter normalen Umständen kann man schon schnell den Eindruck haben, dass die Militärbürokratie es auf einen abgesehen hat. Und das hier sind alles andere als normale Umstände.«
»Richtig. Und Sie haben oft genug
Weitere Kostenlose Bücher