Die Verschollenen
Produzenten wollen, dass eine Minimalbesetzung bei den Kandidaten bleibt.«
Mark zuckte zusammen. »Sie lassen die Castaways hier?«
»Jepp.«
»Ist das überhaupt legal?«
Stuart nickte. »Die Anwälte des Senders sind offenbar der Meinung, dass es so ist. Und ihr müsst zugeben, falls der Sturm zuschlägt, gibt das jede Menge tolles Drama. Irgendjemand muss das aufnehmen - die Reaktionen der Castaways auf das Ganze. Deshalb wollen sie eine Crew vor Ort haben.«
»Wie viele?«, fragte Jesse.
Stuart hob drei Finger. »Regisseur, Kameramann, Tontechniker. Sie schicken sogar die Sanitäter zurück aufs Schiff.«
»Eine Crew für alles«, stellte Jesse fest. »Das ist eine Menge Arbeit.«
Mark seufzte. »Die armen Schweine.«
Stuart schwieg.
»Warte mal.« Jesse stöhnte gequält. »Lass mich raten: Wir sind die Notfallcrew, richtig?«
»Bingo.«
»Aber unsere Schicht ist heute Nachmittag zu Ende, Stuart.«
»Ja, aber sie evakuieren gerade alle, und weil wir sowieso schon beim Lager sind, haben wir die Arschkarte gezogen. Alle anderen lasse ich gehen, aber euch beide brauche ich hier. Ich brauche Profis - Leute, bei denen ich darauf vertrauen kann, dass sie das hinkriegen. Und ihr braucht mir gar nicht mit den Gewerkschaftsvorschriften zu kommen. Ihr kennt die wichtigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen, falls es haarig wird. Außerdem seid ihr beide schon lange genug bei der Show, ihr kennt das Spiel. So läuft das hier nun mal.«
»Scheiß drauf«, meinte Mark. »Es ist eine Sache, ob man von einer Schlange gebissen oder von einem Skorpion gestochen wird. Aber rumzusitzen und darauf zu warten, dass ein Wirbelsturm über einen hereinbricht, ist eine ganz andere Kiste.«
»Uns wird nichts passieren«, versicherte Stuart. »Glaubt mir, mir gefällt das genauso wenig wie euch, Jungs. Aber es ist nun mal so. Ich weiß, dass ich darauf vertrauen kann, dass ihr den Job hinkriegt. Ihr seid die kompetentesten Crewmitglieder, die wir haben. Und ich werde dafür sorgen, dass man euch nicht vergisst - irgendeine Anerkennung für eure Hingabe und euer alles überragendes Pflichtgefühl und den ganzen Mist.«
Jesse ließ sarkastisch einen Finger kreisen. »Juchhu.«
Stirnrunzelnd schob sich Mark einen Zweig in den Mund und starrte auf den Horizont.
»Außerdem«, fuhr Stuart fort, »könnte es sein, dass Pauline heute wieder nackt schläft. Als sie das das letzte Mal gemacht hat, wart ihr ja nicht im Dienst.«
Die beiden grinsten. Sie hatten das ungeschnittene Material von der nackten Pauline gesehen. Es war im Schneideraum auf dem Schiff sehr beliebt.
»Und wann sagen wir es ihnen?« Mark zeigte mit dem Daumen über die Schulter in Richtung der Kandidaten.
»Jetzt. Und stellt sicher, dass ihr alles draufkriegt, denn ihre Reaktionen werden super Material abgeben. Den Rest der Mannschaft schicken wir zur Landezone, damit man sie evakuieren kann. Danach haben wir noch ein paar Sachen auf dem Drehplan stehen, die wir erledigen sollten, solange es noch hell ist und das Wetter hält. Wir müssen Einzelinterviews mit Matthew, Roberta und Stefan führen. Und wir brauchen mehr Material von Matthew und Roberta, denn was wir von denen bisher haben, gibt nicht besonders viel her. Und wenn ich mich nicht irre, entwickelt sich da was zwischen Jerry und Becka.«
»Stimmt«, meinte Jesse, »das ist mir heute während der Challenge schon aufgefallen. Waren ganz schön verschmust, während sie an Land geschwommen sind. Haben sich auch reichlich Zeit gelassen.«
»Vielleicht lohnt es sich, das im Auge zu behalten. Und wir sollten uns natürlich auch auf den Dauerkonflikt
zwischen Troy und Stefan konzentrieren. Da es jetzt noch einen Tag dauert, bis der nächste rausfliegt, könnten sich da ein paar interessante Sachen ergeben. Wir müssen nur sicherstellen, dass wir es aufnehmen können.«
Mark spuckte seinen Zweig aus und griff nach der Ausrüstung. »Und wie zur Hölle sollen wir das alles mit einer einzigen Kamera drehen?«
»Wir werden natürlich sorgfältig auswählen müssen. Ich habe noch eine kleine Handkamera bei meinen Sachen. Irgendwie schaffen wir das schon. Ich werde vorsichtshalber hierbleiben, während ihr die Interviews mit Roberta, Stefan und Matthew macht. Nur für den Fall, dass etwas Sehenswertes passiert.«
Mark zuckte mit den Schultern. »Du bist der Boss.«
Stuart stand auf. »Dann verkünden wir ihnen mal die frohe Botschaft.«
»Was meinst du, wie werden sie es aufnehmen?«
»Alles wird gut werden«,
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