Die verschollenen Tagebücher des Adrian Mole
Hattersley, verliebt. Sie verfügt über den umfassendsten Wortschatz, den ich je bei einer Frau erlebt habe – und das schließt Pandora mit ein, die eine Zeit lang in Oxford Semantik gelehrt hat.
Mary-Lou – oder auch ML, wie sie gern genannt wird – behauptet, dass sie und ihr sehr entfernter Verwandter Roy Hattersley dieselben Gene von Isaiah Hattersley geerbt hätten, einem »Abtrittreinigungs-Autodidakten«. Er sei ein Verfechter des »Laizitätsprinzips« gewesen, erzählte sie mir, während sie Williams Namensschild an seinem neuen Shrek-T-Shirt befestigte.
Statt eines wöchentlichen Großeinkaufs zieht es mich nun täglich in den Supermarkt. William beklagt sich, dass ihm das Kinderparadies zum Hals heraushängt, aber ich habe ihn mit dem Versprechen auf einen Ausflug zu McDonald’s bestochen. Ja, so tief bin ich gesunken! Aber ich bin ein Gefangener der Liebe. Ich muss ihr schmutzigblondes Haar sehen. Diese feurigen, intelligenten Augen. Gestern trug sie einen Rock, so dass ich ihre Beine begutachten konnte. Sie sind nicht übel, wenn ich ihr auch, sobald wir unsere Bekanntschaft vertieft haben, raten werde, kurze Hosen und Miniröcke zu meiden.
Montag, 2. Juli
Glenn fragte, ob er heute Schule schwänzen könne, um sich Tim Henmans Niederlage in Wimbledon anzusehen. Aus irgendeinem Grund hasst er ihn; er kann nicht erklären, warum.
Unter gar keinen Umständen darf ich ML sagen, was ich für sie empfinde. Diesen Fehler habe ich schon mal gemacht. Meiner Erfahrung nach mögen Frauen keine Liebesbeteuerungen von Fremden. Dann rufen sie nicht zurück, ignorieren Nachrichten auf dem AB und veranlassen manchmal ihre Brüder dazu, einen von den Stufen vor der Haustür zu werfen.
Mein Vater wurde mit einem einwandfreien Quarantäneattest aus dem Krankenhaus entlassen. Allerdings wurde ihm von seinen Ärzten eingeschärft, dass er sich zu Hause ausruhen und es ein paar Monate lang ruhig angehen lassen muss.
Um Mitternacht rief mich meine Mutter aus Mallorca an, um mir mitzuteilen, dass mein Vater die Nacht auf der Polizeiwache von Palma verbringe. Er hatte in der Taxischlange am Flughafen einen Streit gehabt. Ihrem Bericht zufolge war er vor Durst und Hitze beinahe wahnsinnig gewesen, und als eine französische Familie sich vordrängeln wollte, brüllte er: »Hey, Froschfresser! Verzieh dich!« Der Franzose sagte etwas von Maul- und Klauenseuche, woraufhin mein Vater völlig durchdrehte und das Gepäck des Mannes in den Rinnstein trat.
Für mich war es ein totaler Schock, dass meine Mutter und mein Vater zusammen in Urlaub gefahren sind. Haben ihre jeweiligen Ehegatten ihre Erlaubnis erteilt?
Dienstag, 3. Juli
Glenn wirkt in letzter Zeit sehr bedrückt, er spricht nicht mehr und verweigert seine übliche Nahrung. Ich habe versucht, mit ihm zu reden, aber er scheuchte mich weg wie ein lästiges Insekt.
Ich zog das Handbuch Eltern sind anders, Teenager auch zu Rate. Auf Seite 31 heißt es da: »Halten Sie die Kommunikationskanäle geöffnet, aber lassen Sie Ihren Halbwüchsigen nicht die häusliche Tagesordnung bestimmen. Wenn Ihre Fragen ignoriert werden, so sagen Sie lächelnd: ›Ich höre dein Schweigen. Solltest du den Wunsch verspüren, mich an deinen Gedanken teilhaben zu lassen, dann bin ich immer für dich da, rund um die Uhr.‹«
William hat mit seiner kleinen Faust auf den Tisch gehauen und sich geweigert, zweimal täglich, um 8 und um 16 Uhr, im Kinderparadies von Safeways abgegeben zu werden. Das bedeutet, dass ich keine vernünftige Ausrede mehr habe, Mary-Lou Hattersley zu sehen, die göttliche Betreuerin dieser Einrichtung. Ich werde mir ein Kleinkind ausleihen müssen. Ich muss sie unbedingt sehen.
Prince Philip und Prince Charles waren in den Nachrichten. Sie stapften in kniehohen Stiefeln und mit Zweispitz, Orden und Epauletten durch die Gegend; sie sahen aus wie Komparsen aus dem Film Zulu . Wissen sie denn nicht, dass das Spiel vorbei ist? Das ist doch lächerlich im Zeitalter interaktiven Fernsehens. Vielleicht sollte ich mal an den Kronrat schreiben und vorschlagen, dass die königliche Familie sich künftig aus dem öffentlichen Leben zurückzieht und die Begehrlichkeiten ihrer monarchistischen Anhänger
durch ein Auftreten in einer Art Big Brother -Fernsehsendung befriedigt. Dann könnten sie sich verkleiden und nach Lust und Laune in Kostümen herumstolzieren. In jedem Fall würde das ihre Transportkosten reduzieren, die angeblich beträchtlich sind, wie
Weitere Kostenlose Bücher