Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)
»Ihre Lasagne! Extra große Portion!«
Hilfe. Bitte, lieber Gott, sag mir, dass ich mich gerade in einem fürchterlichen Albtraum befinde. Gott schweigt. Oder er sagt: Deine Lasagne musst du jetzt schon selber ausgabeln, du gefräßiges Weib.
»Oh«, sage ich schnell und schaue Rasmus an. »Ich glaube, das ist für Sie.«
Rasmus runzelt die Stirn und lächelt gleichzeitig. Der Mann ist ein Genie.
»Ich hab noch gar nichts bestellt!«
»... und ich einen kleinen Salat – ohne Brot!« sage ich schnell. Elvira, noch immer den Teller in der Hand, ist sichtlich verwirrt. »Aber...«
»... aber wenn Sie schon mal da sind – ich nehme die Lasagne gerne!«
Elvira wirft mir einen Blick zu, den ich lieber nicht deute, und stellt den Teller vor Rasmus. Sie wirft mir einen zweiten Blick zu, der nicht freundlicher ist als der erste. »Für Sie also einen Salat? Dann habe ich wohl was falsch verstanden!«
Scheint mir auch so. Ich atme langsam aus und beruhige meinen Puls.
Oh ja, es ist ein romantisches Tete-à-Tete, Rasmus und Paula im Café Meier, er spachtelt mit Appetit eine extragroße Portion Lasagne, sie blättert sich frustriert durch den Salat. Na warte, denke ich, heute Abend. Ich werde in die Metzgerei Wörries gehen, direkt bei mir um die Ecke, sie haben selbstgemachte Lasagne, neben der das Zeug hier popelig aussieht. Möchte gar nicht wissen, was da alles drin ist. Pferd? Wäre noch das Harmloseste. Die machen die doch nicht selbst, kann mir niemand erzählen. Ich tippe auf Tiefkühlkost vom Discounter, Billigware. Rasmus schmeckt es aber. Wenn er bei Frauen keinen besseren Geschmack hat, habe ich ja direkt Chancen bei dem.
Er ist übrigens schon 37, wie er mir zwischen zwei Bissen preisgibt, »eigentlich habe ich Theologie und Philosophie studiert, aber überraschenderweise ist der Arbeitsmarkt da ziemlich überschaubar.«
Er lacht. Oh, warum kann er nicht endlich aufhören zu lachen! Ich hänge an seinen Lippen und lüge mir vor, es wäre nur wegen der Lasagne, die in regelmäßigen Intervallen zwischen diesen Lippen verschwindet.
»Schmeckt's?« frage ich. »Und wie!« antwortet dieser Sadist. »Und Ihr Salat schmeckt nicht? Sie essen ja kaum was.«
Sofort spieße ich zwei grüne Blätter, ein Stück Radieschen und eine Gurkenscheibe auf, schiebe sie in den Mund und kaue genüsslich. Na ja, das mit dem genüsslich versuche ich wenigstens. »Doch, schmeckt prima.«
»Veganerin?«
»Nein, Deutsche.«
»Haha! Sie sind also Constanze Corzelli!«
Jetzt ist es raus! Milkers hat mich schmählich verraten. Ja, ich gestehe, ich bin Constanze Corzelli. Und wenn du nur einen Funken Anstand im Leibe hättest, Rasmus Borcherts, würde dir sofort der Bissen deiner völlig fetten und ungesunden Lasagne im Halse steckenbleiben.
Rasmus Borcherts hat keinen Anstand. Er hat Hunger. Er nickt. »Sie gleichen gar nicht dem Foto«, stellt er fest. »Das bin ich auch nicht«, kläre ich auf. »Das freut mich«, sagt er, »in Natura gefallen Sie mir nämlich viel besser.«
So! Jetzt ist es genug! Zuerst knöpft er mir meine Lasagne ab und verschlingt sie vor meinen Augen und Ohren, jetzt verhöhnt er mich auch noch! Ganz instinktiv ziehe ich den Bauch ein.
»Das war der beste Witz, den ich gehört habe, seit Til Schweiger verkündet hat, er sei Schauspieler.«
Los, Rasmus, lache! Gib zu, dass es nur ein Witz war! Er lacht aber nicht. Er schaut mich plötzlich ganz ernst an.
»Kein Witz, Paula. Wahrheit.«
Ich bin so schockiert, dass ich meinen Salatteller innerhalb von zehn Sekunden leer esse.
Attacke!
Ich bin verwirrt. Die Verwirrung hat einen Namen: Rasmus Borcherts. Er hat mir unverfroren den Hof gemacht und sogar das dunkelgraue Kostüm bewundert, dass ich heute Morgen trug. Das tut kein normaler Mensch, Rasmus Borcherts ist entweder verrückt oder er steht permanent unter Drogen. Ein siebenunddreißigjähriger studierter Theologe und Philosoph, der jetzt an Webseiten herumschraubt, der erste Mann, den ich mir seit einem Vierteljahrhundert nackt vorgestellt habe. Zuletzt ist mir das im Kino passiert, ich glaube mit Richard Gere – und da habe ich ihm wenigstens die Unterhose gelassen.
Unvorstellbar, dass sich Rasmus Borcherts Paula Pfaff oder wahlweise Constanze Corzelli nackt vorgestellt hat. Obwohl... in theologischen Kreisen soll man ja zur Selbstgeißelung neigen, was man so liest. Oder ist das einfach seine Masche? Er nimmt sich eine nach der anderen aus der Redaktion vor, sogar Daniela
Weitere Kostenlose Bücher