Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)
Pünktchen, Pünktchen, Pünktchen ist meine Lieblingsbeschäftigung. Ich schreibe kurz »Ja gerne, freu mich« und logge mich aus.
Heute ist einfach nicht mein Tag. Zuerst benehme ich mich wie ein Teenager, dem die Hormone mit Orkanstärke durch den Körper rasen, nur weil ein Typ ihm Komplimente gemacht hat. Dann verliere ich den Appetit und denke an existentielle Dinge. Und nun? Gehe ich in die Küche zurück, setze mich vor mein kalt gewordenes Essen und schaufele es in mich hinein. Lebensmittel wirft man nicht weg, oberster Erziehungsgrundsatz meiner Mutter.
Und dann? Sitze ich still am Küchentisch und höre eine Uhr ticken, die es nicht gibt. Gegen zehn kehrt mein Töchterlein beschwingt von seinem Freundinnenbesuch zurück, legt mir ihre Arme um den Hals und fragt: »Hast du dir einen gemütlichen Mamaabend gemacht? Mal so richtig über die Stränge geschlagen? Viel ferngeguckt?«
Ich nicke. Genau. Ein gemütlicher Mamaabend. Und jetzt brauche ich ein Glas Wein.
»Ich auch!« entscheidet Alina. »Stell dir vor, Charlotta ist verknallt! In einen total heißen Typen! Der ist 24! Also mir wäre der zu alt.«
Ich lächle. »Und mir zu jung.«
Wir sitzen ein Stündchen in der Küche und plaudern, meine Gedanken werden wieder leichter. Ich bete, dass ich nachher sofort einschlafe, traumlos bis zum Morgen, bis der Wecker klingelt, der wirklich nur der Wecker ist und keine imaginäre Uhr. Um Himmelswillen nicht wieder diesen Albtraum! Ich liege mit einem tollen Mann im Bett, wir streicheln uns, wir ziehen uns aus... und dann kommt der Idiot auf den Gedanken, das Licht anzumachen. Schreiend wache ich auf.
Weiberabend, Vorspiel
Zwei Kilo. Die Waage lügt nicht. Der Blick in den Spiegel lügt nicht. Egal. Ich schlüpfe in die Jeans für Notfälle, Größe 40, den Knopf kriege ich bequem zu, ich muss kaum zehn Sekunden die Luft anhalten und den Bauch einziehen. Geht doch.
Gestatten, mein Name ist Paula Pfaff. Nein, nicht Constanze Corzelli, Sie müssen mich verwechseln. Sabine Müller? Nie gehört den Namen. Ja, natürlich, ich nehme immer den Aufzug! Körperliche Anstrengung? Habe ich nicht nötig. Jeden Morgen, wenn der Wecker klingelt, springe ich fröhlich aus dem Bett. Ich packe meine Nachwuchsgazelle ins Auto (nachdem wir ausgiebig gefrühstückt haben, versteht sich!) und fahre sie zur Schule, dann nehme ich die Umgehungsstraße und bin fünf Minuten später in der Redaktion. Doch, ich heiße noch immer Paula Pfaff. Constanze Corzelli ist mein Künstlername. Ich rufe das Textsystem auf und gebe meinen Rhabarberartikel den letzten Schliff, bis er in die Layoutschablone passt. Diesmal gibt es leckeren Rhabarberjoghurt! Er ist der erste Teil meiner Serie »Frühjahrsdiät – Schlank werden, ohne dass es wehtut«, nächstes Mal beschäftige ich mich mit voll leckeren und gesunden Sojakeimen. Ich liebe Sojakeime. Ich weiß nicht, wie das schmeckt, aber ich liebe sie, das weiß ich jetzt schon.
Mein Gott, wie sieht denn Ella heute Morgen aus? Ich mag ihre Beine, ja wirklich, aber muss sie sie unbedingt zeigen ? Und in ihrem BH stecken heute nicht nur ihre Brüste, darauf würde ich wetten. Ich ahne, was dahintersteckt: ein Kerl. Heißt er zufällig Rasmus? Und wenn, was interessiert mich das?
Überhaupt: Alle Frauen im Büro sehen heute irgendwie anders aus. Sorgfältiger geschminkt, die Kleider kurz, die Hosen eng, die Oberweiten wie von Zauberhand um zehn Zentimeter größer. Oder täusche ich mich? Liegt es nur daran, dass ich heute so anders aussehe? Nur oberflächlich geschminkt, in einer Jeans, die ich sonst nicht mal für Gartenarbeit anziehen würde?
Ich rufe bei meinem Friseur an und vereinbare einen Termin für heute Mittag. Wenn schon unsportlich, dann sollte die Frisur wenigstens so aussehen, als würde ich jeden Tag mit einem Zehn-Kilometer-Waldlauf beginnen.
Acht Stunden später: Meine neue Frisur sieht aus, als hätte ich gerade einen Zehn-Kilometer-Waldlauf absolviert, wäre dabei dreimal gestolpert und kopfüber in die Brennnesseln gefallen. Horst – mein Friseur heißt wirklich so! - findet meine Haare natürlich »süß«. Würde ich auch, wenn ich sie verbrochen hätte.
Jetzt habe ich Hunger. Heute Mittag war fasten angesagt – oder sagen wir besser: Ich habe mich nicht ins Café Meier getraut. ER hätte ja dort sein können. Außerdem schäme ich mich vor Elvira nach dem gestrigen Auftritt. Und was hätte ich bestellen sollen? »Also bringen Sie mir bitte von der Lasagne, aber wenn
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