Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)
in den letzten Stunden auch passiert ist, in welchen Universen wir uns herumgetrieben haben – jetzt sind wir wieder auf der guten alten Erde.
»Nicht vor zehn, denke ich«, antwortet Rasmus. »Du weißt doch, wie das ist. Die sind bestimmt nicht vor zwei ins Bett gekommen und bis die im Bad fertig sind... eher so gegen Mittag, nehme ich mal an.«
Das mit dem Bad ist natürlich ein Argument. Wir haben also noch genügend Zeit, die Spuren unserer nächtlichen Vergnügungen zu beseitigen. Eine halbe Stunde später schuften wir wie ein altes Ehepaar. Rasmus versorgt die Bettwäsche, ich beziehe den Ort unserer Leidenschaften neu und widme mich dann dem Abwasch. Ob es sich lohnt, eine Beziehung mit einem Mann einzugehen, der keine Geschirrspülmaschine hat? Doch, könnte sein...
»Und du willst wirklich schon gehen?«
Es ist kurz nach zehn. Nein, will ich nicht, du Dummkopf! Aber ich muss. Hinaus in die Wirklichkeit, die schon an meinen Kopf klopft und hinein will. Noch wehre ich mich, weil ich ahne, was sie mir zu erzählen hat. Ich will es nicht hören, nie mehr!
»Ich muss«, sage ich und mache einen Kussmund. Ein anderer Kussmund ist sofort zur Stelle. Okay, es gibt zwar keine Explosion, aber als wir uns voneinander lösen, ist es halb elf.
Es ist ein wunderbarer Samstagmorgen. Ich schlendere heimwärts, fange die frühen Strahlen der Sonne in meinem Gesicht. Es ist ein wunderbarer Samstagmorgen, ja, gewiss, aber er ist nur der Auftakt zu einem wunderbaren Samstagabend. Wir werden uns wiedersehen, gegen acht, Rasmus holt mich ab. Ich werde ihn Alina vorstellen, meiner Alina. Wir werden zu ihm gehen, er wird mich seiner Alina vorstellen. Wir sind zusammen . Wir gehen miteinander wie zwei Teenager.
Ich komme am Bahnhof vorbei und beschließe, eine Zeitung zu kaufen. Keine Ahnung, warum. Ich weiß auch gar nicht, welche Zeitung ich nehmen soll, es sind viel zu viele.
Dann passiert es. Mir weicht mit einem Schlag alles Blut aus dem Gesicht. Die Schlagzeile. Ich will sie nicht lesen, nein. Dumm nur, dass ich sie schon gelesen habe.
»Aufruhr im Internet! Frauen wehren sich gegen Schlankheitsdiktat! Diätpäpstin unter Beschuss«
Frei sein
Als ich heimkomme, sitzt Alina in der Küche, den Laptop vor sich, daneben liegt die Zeitung, von der ich vor zehn Minuten ein Exemplar zerknüllt und in einen Papierkorb geworfen habe.
Alina sieht auf, nickt mir zu und sagt: »Moin, Ma. So'ne Scheiße.« Ich nehme mir Kaffee und setze mich neben mein Kind. Facebook, natürlich. Constanzes Blog, auch natürlich.
»Die blasen da einen bösen Shitstorm gegen dich«, informiert mich mein Töchterlein. Na ja, weiß ich selber. »Diese Sabine Müller is ne blöde Kuh.«
Ich schüttele den Kopf. »Nein, ist sie nicht.«
»Ist sie doch!« beharrt Alina und schaut mich verwundert an. »Hey, die motzt gegen dich! Ich hasse die Alte!«
»Dann hasst du deine Mutter«, sage ich leise. Und jetzt müssen wir reden, klar.
»Kacke.« Mehr sagt Alina nicht, als ich ihr alles gestanden habe. »Und jetzt?« fügt sie nach einer Weile hinzu.
Das ist die Eine-Million-Frage. Was jetzt? Am Montag wird Milkers jubelnd zur Konferenz erscheinen. Wir sind ein Medienthema! Etwas Besseres kann einer Zeitschrift gar nicht passieren, wenn sie zu dem wird, über das sie eigentlich berichten soll. Die Auflage! Er wird Constanzes Existenz vernichten – und meine dazu.
»Wäre aber blöd«, sagt Alina. »Ich meine... wenn er sagt, dass Constanze Corzelli eigentlich Paula Pfaff heißt und das Foto auch ein anderes ist, dann werden sich die Leserinnen doch verarscht vorkommen. Oder?«
Ich tätschele die Wange meines so logisch denkenden Lieblings.
»Sollte man eigentlich meinen, aber in Wirklichkeit sieht es anders aus. Milkers wird eine tränenreiche und zerknirschte Erklärung abgeben. Zeitschriften sind Traumwelten, mein Schatz, deshalb kaufen sie die Leute. Und sie wissen auch, dass alles nur schöner Schein ist. Aber manchmal haben sie Lust auf die Wahrheit – und genau die bedient Milkers, wenn er mich entlarvt. Ab sofort, wird er schreiben, werden wir wahrhaftig sein, keine Verstellungen mehr wie bei anderen Zeitschriften. Wahrscheinlich wird er behaupten, hinter Constanze Corzelli verberge sich gar keine konkrete Person, sondern eine Idee, verstehst du? Er wird weiter sagen, die Kolumnen seien nie von einer einzigen Person, sondern quasi im Kollektiv entstanden. Doch damit sei jetzt Schluss und Frau Paula Pfaff, die Leiterin des Kollektivs
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