Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)
dem Jungen mit diesem Namen antun? Worauf reimt sich Rasmus? - Genau. Sein Liebesleben muss schrecklich sein.
Aber er hat eins, keine Frage, so wie der aussieht! Ich schätze ihn auf Mitte dreißig, ein blonder Schlacks mit Lachgrübchen, geht locker auf die 1,90 zu, die Oberarme unter dem Hemdstoff machen nicht den Eindruck, als könnten sie keinen Kühlschrank in den fünften Stock schleppen. Vor den abschätzigen Blicken eines knappen Dutzends gieriger Augenpaare zu stehen, macht ihn offensichtlich verlegen. Steht ihm gut...
»Herr Borcherts wird im Laufe der nächsten Tage auf die Damen einzeln zukommen«, verspricht Milkers. Wir stellen uns vor, wie Herr Borcherts auf uns zukommt. Einzeln...
»Der sieht nicht schlecht aus«, stellt Ella fest, als wir wieder im Büro sind. Na bravo, da wäre ich nicht von selbst drauf gekommen.
»Einen Ehering trägt er auch nicht«, fährt Ella fort. »Aber für uns ist er leider zu jung.«
Eben. Ich mache »tja« und gehe an meinen Schreibtisch. Rhabarberjoghurt. Darmreinigend und entschlackend.
Den Rest des Vormittags widmete ich wieder der Leserinnenpost, all den kleinen Tragödien um Hüftspeck und faltige Oberschenkel, Doppelkinne und ausladende Hinterteile, den herzzerreißenden Geschichten um verbrecherische Waagen, die einfach nicht zugeben wollen, dass man abgenommen hat, den vielen Erfolgsmeldungen auch, in denen mich Leserinnen für die nächste Heiligsprechung vorschlagen, nur weil sie dank meiner Bananendiät (»Vier Mahlzeiten täglich, meine Damen, und jede besteht aus einer Banane!«) drei Kilo abgenommen haben. Die sie in spätestens zwei Wochen plus Zinsen wieder zurückbekommen. Ich seufze.
Und freue mich auf die Mittagspause! Thea hat heute leider keine Zeit, Versetzungskonferenz. Dabei gibt es heute Lasagne im Café Meier! Schöne, fette Lasagne! Ich darf gar nicht dran denken, eine sabbernde Redakteurin ist einfach nur peinlich.
Kurz nach dreizehn Uhr. Die Kolleginnen laufen allmählich wieder ein, das Café Meier ist journalistinnenfreie Zone. Natürlich muss ich aufpassen, dass mich keine von denen vor meiner Lasagne erwischt. Der Schaden wäre enorm. Constanze Corzelli isst etwas anderes als Salat! Das wäre das Ende für die berühmte Diätpäpstin, das Ende auch des angenehmen Lebens von Paula Pfaff. Wäre das so schlimm? Ich starre auf den Monitor, auf die Rhabarberstange inmitten frischer Erdbeeren. Nein, wäre es nicht. Irgendwie.
»Lasagne?« Elvira fängt mich schon an der Tür ab und zwinkert mir zu. Sie hat sich erstaunlich schnell daran gewöhnt, dass aus der lustlosen Salatgästin eine lustvolle So-fett-wie-möglich-Gästin geworden ist. Ich zwinkere zurück. Wir verstehen uns.
Während ich auf mein Essen warte, stelle ich mir vor, wie es wäre, nicht mehr Constanze Corzelli zu sein. Es wäre schrecklich, das wird mir mit einem Male klar. Kein festes Einkommen mehr. Es sei denn, ich bekomme einen anderen Zuständigkeitsbereich in der Redaktion, das holländische Königshaus zum Beispiel, blonde vollschlanke Wonneproppen, und als Sahnehäubchen noch die deutschen Schlagermädels obendrauf. Das wäre – noch schrecklicher.
Natürlich könnte ich versuchen, bei einer anderen Zeitung oder Zeitschrift unterzukommen. Oder bei einer Online-Redaktion. Oder endlich meinen Traum wahrmachen und ein Buch schreiben. Über was? Keine Ahnung, aber das ergibt sich. Ich könnte vielleicht auch...
»Oh, Frau Pfaff, darf ich mich zu Ihnen setzen?«
Ich habe ihn gar nicht kommen sehen. Rasmus Borcherts, unser neuer Webmaster, er lächelt mich an. Wenn du jetzt rot wirst, Paula, musst du zur Strafe in den VHS-Kurs »Hilfe, ich bin schüchtern! Ein Flirtkurs für Pubertierende von 14 bis 84«.
»Äh...ja, ich meine... ja.« Wenigstens bin ich bei meinem Gestammel nicht rot geworden. Hoffe ich.
»Die Kolleginnen haben mir erzählt, dass man hier gut essen kann.«
»Ja... doch... Haben Sie sich schon ein bisschen eingelebt?«
Och Paula, was fragst du für einen Quatsch! Der Mann ist seit vier Stunden in der Redaktion!
»Ich bemühe mich.« Rasmus lächelt. Mein Gott, wie dieser Mann lächeln kann! Ob ich zurücklächeln soll? Lieber nicht. Sonst fällt ihm plötzlich ein, dass er überhaupt keine Zeit hat und verschwindet.
Verschwinden. Elvira soll verschwinden! Tut sie aber nicht. Sie nähert sich dem Tisch, ein Tablett mit meinem Lasagneteller vor dem bebenden Busen, wie der Dichter sagt.
»Sooooo«, sagt sie und nimmt den Teller vom Tablett,
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