Die Verschwoerung der Fuersten
Novizen sein Latein gelernt hatte.
»Dann kann ich wohl davon absehen, die Habe einer gewissen Eminenz nach Eurem Kelch zu durchwühlen?«, konstatierte er.
Verdrossen murmelte der Sakristan etwas von einem Verdacht, der nicht gänzlich außerhalb jeglicher Vorstellung liegen würde, wenn man bedenke, dass …
Bandolf nickte ihm wortlos zu und ging.
Zurück in seiner Halle, stellte ein ausgiebiges Mahl seine gute Laune wieder her. Die Heilerin schien Hildruns Untersuchung beendet zu haben. Doch sie war noch da und half der Burggräfin, getrocknete Kräuter über die Strohlager zu streuen, um sie zu reinigen. Filiberta hockte an Hildruns Bettstatt, die laut quengelte und sich hartnäckig weigerte,
ihre Biersuppe auch nur zu kosten, bis Garsende sich einmischte. Ein so hübsches, junges Ding wie Hildrun wolle doch sicher nicht vorzeitig verschrumpeln wie eine alte Pflaume, und das würde bestimmt geschehen, wenn sie jegliche Nahrung verweigerte, erklärte sie. Hildrun griff hastig nach dem Löffel.
Unterdessen genoss der Burggraf geschmortes, kräftig gewürztes Murmeltierfleisch, gekochte Kastanien und eine dicke braune Soße, in die er sein weißes Brot tunkte. Dabei hörte er sich einen sparsamen Bericht seines Marschalks an, der den mangelhaften Zustand einer Scheune des Burggrafen außerhalb der Stadt zum Inhalt hatte. Bandolf, der aus den kargen Wortbrocken, die Herwald ihm hinwarf, nicht recht schlau wurde, beschloss, sich das selbst anzuschauen.
Als er sein Haus verließ, verdunkelten Regenwolken plötzlich den Himmel, und nachdem er den Marktplatz überquert hatte, fielen die ersten dicken Tropfen. Ein scharfer Wind ließ Bandolfs Umhang flattern, Regen strömte hernieder, als hätte der Himmel seine Schleusen geöffnet, und binnen kurzem stand der Marktplatz unter Wasser. Bäche, übervoll mit Unrat, flossen von der Hohlgasse herunter und verwandelten den Morast des Platzes in einen schlammigen See. Blitze zuckten über die Häuser, und es donnerte so laut, als ließe der Erzengel Gabriel seine Posaune erschallen. Die Menschen flüchteten furchtsam in ihre Häuser, suchten Schutz unter vorspringenden Dächern oder duckten sich unter ihre Karren. Der Donner übertönte das Blöken der Ziegen und das ängstliche Muhen der Kühe, und über den nassen Boden flitzten Mäuse und Ratten in jede Ritze und Spalte, die sich ihnen bot. Auch Bandolf brachte sich in einem überdachten Durchlass vor dem Wolkenbruch in Sicherheit und traf auf den klatschnassen Dekan des Domstifts, der sich ebenfalls dort untergestellt hatte.
»Scheußliches Wetter«, rief der Burggraf.
»Der Himmel straft uns für unsere Hoffart«, gab Folbert dumpf zur Antwort.
»Glaubt Ihr?«, fragte Bandolf unbehaglich und überlegte, ob er sich in letzter Zeit der Sünde des Hochmuts schuldig gemacht hatte. Seine letzte Beichte lag schon ein Weilchen zurück, und wenn ihn jetzt der Blitz träfe, würde er unvorbereitet vor den Thron des Herrn treten müssen. Der Gedanke stimmte ihn düster.
Folbert hüllte sich fröstelnd in seine nasse Robe. »Seht Euch nur um, Burggraf«, sagte er und zeigte auf zwei Mönche, die sturzbetrunken über den Marktplatz torkelten. Sie hatten ihre Kutten bis über die Knie hochgezogen und versuchten, kichernd wie die Kinder, sich gegenseitig in die Pfützen zu stoßen. Bandolf musste dem Dekan im Stillen beipflichten. Viele Klöster und Ordensgemeinschaften hatten sich schon weit von den Lehren und Regeln ihrer Gründer entfernt, und die Brüder genossen ihr leichtsinniges, fettes Leben. Einige der Reformen, die Papst Alexander und seine Anhänger forderten und die so manches Kloster wie Cluny bereits vorlebten, waren sicher nötig.
»Woher sollen sie es auch besser wissen«, fuhr Folbert fort, »wenn sogar Kirchenfürsten wie Adalbert von Bremen ihrer Prunksucht und Habgier ganz ungeniert frönen und sich nicht scheuen, gegen den Papst zu rebellieren?«
Dagegen ließ sich ebenfalls nichts einwenden. Weil Bandolf immer noch schwieg, wandte der Dekan sein Gesicht mit der hohen Stirn dem Burggrafen zu, und ein Lächeln milderte die Strenge seiner Züge. »Ich war gerade auf dem Weg zu Euch, als mich das Unwetter überraschte. Ich habe eine Angelegenheit in der Nähe Eures Hauses zu regeln. Daher bat mich Bruder Goswin, Euch auszurichten, dass er bald mehr über besagte Kette wüsste.« Folbert hob fragend eine wohlgeformte Augenbraue und fügte hinzu: »Ich hätte
nicht vermutet, dass es zu den Aufgaben des
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